Bellevue: Blockbuster-Potenzial bei Medtec

In Krankheitsfeldern wie Krebs erzielt die personalisierte Medizin gewaltige Fortschritte. Das schafft Wachstumspotenziale für Biotech- und Medtechunternehmen.

20.05.2015 | 08:57 Uhr

Krebstherapien, die bei bestimmten Patientengruppen ansprechen und Medikamente, mit denen sich erblich bedingte Krankheiten dauerhaft heilen lassen – was lange Zeit eine Zukunftsvision schien, schickt sich an, in den kommenden Jahren Realität zu werden. Neue Verfahren in der molekularen Diagnostik sind der Schlüssel für diese Entwicklung. Nutzniesser dieser medizinischen Fortschritte sind vorallem die Entwicklungspipelines der Biotechunternehmen. Die teilweise kräftigen Kursgewinne von Firmen, die in diesem Bereich klinische Erfolge feierten, untermauern das Renditepotenzial.

Die neuen Erkenntnisse erlauben neue Ansätze in zahlreichen Krankheitsfeldern. Dazu zählen antibakterielle Wirkstoffe und antivirale Therapien zur Behandlung von Hepatitis C. Ein weiteres Feld sind Gentherapien gegen erblich bedingte Stoffwechselerkrankungen wie Hämophilie. Haben diese klinischen Kandidaten ihr besseres Wirkprofil bewiesen, stehen die Chancen gut, dass sie wegen des hohen medizinischen Bedarfs den Breakthrough Status und damit den Vorteil eines beschleunigten Zulassungsverfahrens erhalten.

Körpereigene Krebskiller

Das weiteste Feld für die personalisierte Medizin findet sich jedoch in der Onkologie, die inzwischen mehr als 200 Krebsarten unterscheidet. Bis auf die sechs häufigsten Krebsarten haben alle diese Tumorerkrankungen den Orphan-Status. Medikamente, die klinische Tests in diesen Indikationen durchlaufen, können somit den Status eines bevorzugten Zulassungsverfahrens erhalten.

Die grössten klinischen Fortschritte verzeichnete zuletzt die Immunonkologie. Dabei wird das körpereigene Immunsystem mobilisiert, Tumorzellen zu erkennen und auszuschalten. Angriffspunkt sind genau die Moleküle, die es Krebszellen ermöglichen, sich der Erkennung und dem Angriff durch das Immunsystem zu entziehen. Checkpoint-Inhibitoren lösen die sogenannte Tumorbremse, mit der die Tumorzellen den Angriff der Killerzellen blockieren. Pionier in diesem Feld war die Biotechfirma Medarex – und verhalf nach ihrer Übernahme dem Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb zu einem neuen Höhenflug und einer führenden Position auf diesem Gebiet.

Ebenfalls in der Entwicklung befindet sich ein neuer Gentherapie-Ansatz auf der Grundlage der sogenannten Chimärischen Antigenrezeptoren-T-Zellen (CAR-T). Vereinfacht gesprochen werden dabei den Patienten T-Zellen entnommen und in Kombination mit Gentherapie auf geeignete Angriffspunkte – sprich: Antigene – programmiert. Danach werden sie im Labor vermehrt und den Patienten per Infusion verabreicht. Die „aufgeladenen“ T-Zellen erkennen dann die Tumorzellen und greifen diese an. Darüber hinaus stehen neue Ansätze zur therapeutischen Impfung bereit, die eine körpereigene Immunantwort verstärken sollen.

Auf mehrere Unternehmen setzen

Diese Newcomer sollen vor allem in Kombination mit herkömmlichen Behandlungsmethoden ihre Wirkung entfalten. Das sind Strahlen- und Chemotherapien, aber auch die erste Generation von biotechnologisch entwickelten Krebsmitteln wie Antikörper oder Kinase-Inhibitoren. Ziel ist es, je nach Patient eine individuelle beliebige Kombinationstherapie mit einem angepassten Zeitablauf für die Behandlung zu bestimmen. Die Unternehmen verfolgen dabei das Ziel, Medikamente mit der besten Wirksamkeit auf den Markt zu bringen – oder Heilmittel, die bei zumindest vergleichbarer Wirksamkeit aufgrund der niedrigeren Produktionskosten höhere Gewinnmargen versprechen. Investoren dürfen hier ihre Anlageentscheidung nicht nur isoliert auf die klinischen Daten abstützen, sondern müssen die Vermarktung und das Wettbewerbsumfeld genau im Auge behalten.

Als Faustregel gilt es daher, mehrere Firmen zu berücksichtigen. So setzen Bluebird, Kite und Intrexon verschiedene Technologien ein. Wer am Ende das Rennen machen wird, ist noch völlig offen. Funktionieren alle, werden andere Faktoren für den Markterfolg entscheidend sein. Das Marktpotenzial hängt nicht nur von der Wirksamkeit ab, sondern auch von der Verträglichkeit der Substanzen sowie den technischen Anforderungen für ihre Produktion. Im besten Fall entsteht schnell ein Milliardenmarkt. Anleger können noch mit stärkeren Engagements abwarten, bis klar wird, wie gross der Markt wird und wer eine führende Rolle spielen wird.

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