ODDO BHF METROPOLE Gestion - Fund Insight

Die spektakuläre Insolvenz der Silicon Valley Bank und die Notrettung der Credit Suisse lösten an den Märkten eine Welle der Panik aus. Manche befürchteten eine Wiederholung der großen Finanzkrise von 2008/2009, die durch den Zusammenbruch von Lehman Brothers ausgelöst worden war. Diese Befürchtung teilen wir nicht.

19.05.2023 | 08:00 Uhr

Wir sehen im Scheitern dieser Institute Einzelereignisse, die nicht auf den gesamten europäischen Bankensektor übertragbar sind.

Der Niedergang der SVB ist aus unserer Sicht ein sehr spezieller Fall ohne direkte Auswirkungen auf die in unseren Portfolios vertretenen Banken, da keine Bank in Europa ein vergleichbares Profil aufweist. Kennzeichnend für die SVB war ein ausgeprägtes Ungleichgewicht zwischen Krediten und Einlagen (Kredit-Einlagen-Verhältnis von 43%) und eine sehr konzentrierte, wenig stabile Einlagenbasis, da die Bank sehr stark im Start-up- und Risikokapitalsektor engagiert war. Die europäischen Banken sind in dieser Hinsicht deutlich ausgewogener aufgestellt und verfügen über eine stabile, breit gefächerte Einlagenbasis, die im Durchschnitt zu 63% abgesichert ist. Zum Vergleich: Bei der SVB waren es gerade einmal 7%3. Auch bei der Regulierung bestehen große Unterschiede. Im Gegensatz zu US-Regionalbanken wie der SVB unterliegen alle europäischen Banken aufsichtsrechtlichen Liquiditätsanforderungen, und ihre Aktiva werden zum Marktwert bewertet. Dementsprechend könnte die Banco Santander einen Abfluss von 27% ihrer Einlagen verkraften, da sie über ausreichend hochwertige liquide Aktiva verfügt4.

Die Schwierigkeiten der Credit Suisse hatten ihre Ursache vor allem in einer mangelhaften Corporate Governance, die sich in zahlreichen Kontroversen manifestierte: Geldwäschevorwürfe im Zusammenhang mit Drogenhandel in Bulgarien, Korruption in Mosambik, ein Spionageskandal, in den die Geschäftsleitung verwickelt war, riskante Geschäftsbeziehungen mit Lex Greensill und Archegos Capital sowie die Veröffentlichung unrichtiger Bilanzen. Diese Serie von Skandalen hat die Reputation der Bank nachhaltig beschädigt. Die Folge waren massive Kundenabflüsse (138 Milliarden Franken im 4. Quartal 2022). Angesichts dieser Vertrauenskrise blieb dem neuen Management nicht genügend Zeit, um die Bank, die seit mehreren Jahren Verluste schreibt, zu sanieren. Zwischen der aktuellen Situation und der globalen Finanzkrise von 2008 besteht ein klarer Unterschied: Das Problem ist nicht die Qualität der Vermögenswerte. Das globale Finanzsystem hat nicht überall „toxische“ Aktiva in seinen Büchern. Es handelt sich hierbei lediglich um eine Vertrauenskrise, die schwache Akteure betrifft. Zudem hat sich das Risikoprofil der europäischen Banken erheblich verbessert. Die problematischen Aktiva, die 2008 über das gesamte Bankensystem verteilt zu finden waren, hatten die Behörden damals dazu veranlasst, die Regulierung des europäischen Bankensektors drastisch zu verschärfen, der mittlerweile umfassend restrukturiert und besser gegen Krisen gewappnet ist. In den letzten 10 Jahren hat sich das Kapital der europäischen Banken verdoppelt. Gleichzeitig sanken ihre Verbindlichkeiten (risikogewichtete Aktiva) um rund 25% 5.

Bei den europäischen Banken, die wir in unseren verschiedenen Portfolios halten, handelt es sich überwiegend um Retail-Banken mit bewährtem Geschäftsmodell, deren Eigenkapitalrendite häufig über 10% liegt und sich mit der Zinsnormalisierung stark verbessert. So konnte beispielsweise die Unicredit Bank ihre Zinserträge im vierten Quartal 2022 um 43% steigern. Darüber hinaus liegen ihre aufsichtsrechtlichen Kennzahlen weit über den regulatorischen Anforderungen, was ihnen großzügige Ausschüttungen an ihre Aktionäre ermöglicht. Trotz der Verunsicherung durch den Zusammenbruch von SVB und Credit Suisse hat die EZB kürzlich ein Zeichen des Vertrauens gesetzt. Sie genehmigte Unicredit und BNP Paribas die Durchführung der ersten Tranche ihres Aktienrückkaufprogramms in Höhe von 3,3 Mrd. EUR bzw. 2,5 Mrd. EUR.

Bislang spiegeln sich diese Stärken – sprich die nach einem Jahrzehnt forcierter Restrukturierungen deutlich solidere finanzielle Basis und die durch das Zinsumfeld begünstigte strukturell verbesserte Profitabilität – nicht in der Bewertung wider, die nach wie vor nahe an den historischen Tiefstständen liegt.

Den vollständigen Fund Insight finden Sie hier

Quelle:

3 Bank of America Merrill Lynch "European Banks Strategy" 13. März 2023,

4 Barclays European Banks Equity Research,

5 Bank of International Settlement / Bank of America Merrill Lynch "European Banks Strategy" 10. April 2023

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