
Ein dynamischer Researchansatz hilft Analysten beim Umgang mit komplexen Bedingungen, die sich sehr schnell verändern.
07.07.2025 | 06:10 Uhr
Zölle stehen weiterhin im Mittelpunkt des Anlegerinteresses – und das
aus gutem Grund. Sie dürften die Lieferketten umgestalten,
Kostenstrukturen verändern und die Fundamentalbewertung von Unternehmen
komplexer machen. Aber es kommt nicht nur auf die Zölle selbst an, denn
auch das Tempo des Wandels spielt eine große Rolle: Neue Zölle werden
erhoben, ausgesetzt, angepasst und neu verhandelt. Das Umfeld befindet
sich in einem stetigen Wandel und dasselbe gilt somit auch für die
Risiken, denen die Unternehmen ausgesetzt sind.
Anleger am Markt für Unternehmensanleihen müssen sich daher eine
dringende Frage stellen: Wie ist es möglich, konsistente und aktuelle
Analysen für ein globales Anlageuniversum zu erstellen, wenn sich
wichtige Inputs ständig ändern?
Das ist keine leichte Aufgabe. Die Auswirkungen politischer Maßnahmen
auf die Bilanzen sind nur selten ganz geradlinig. Steuern auf Rohstoffe
können nachgelagerte Hersteller belasten. Kostenänderungen können sich
auf das Kaufverhalten der Konsumenten auswirken, wobei die Folgen nicht
immer vorhersehbar oder über alle Regionen hinweg gleich sind.
Unternehmen, die in keiner handelspolitischen Ankündigung je auch nur
erwähnt wurden, können also durch die indirekten Folgen dennoch stark
betroffen sein.
Nachstehend stellen wir Ihnen unseren Leitfaden für die Durchführung von Kreditanalysen
in einem solch volatilen Umfeld vor, das durch schnelle
Risikoverlagerungen geprägt ist und in dem nur wenige Unternehmen vor
dem Dominoeffekt geschützt sind. Das vorgestellte System hat sich
bereits im Umgang mit vergangenen Herausforderungen bewährt, z. B.
während der Coronapandemie und des anschließenden Inflationsanstiegs.
Ein starkes Kreditresearch-System zielt nicht darauf ab, eine
einzelne, perfekte Prognose aufzustellen. Stattdessen ermöglicht es
Analysten, ein Spektrum von wahrscheinlichkeitsgewichteten Folgen auf
Basis von Mikro- und Makroszenarien zu entwickeln und Annahmen erneut zu
überprüfen, während sich das Umfeld wandelt. Dank dieser Flexibilität
kann schnell auf Veränderungen reagiert werden, ohne jedes Mal eine
komplett neue Beurteilung zu treffen. Dies ist ein kritischer Vorteil in
einem Markt, der von wandelnden Erwartungen geprägt ist.
Als US-Präsident Donald Trump am 2. April erstmals seine weitreichenden
Zollmaßnahmen ankündigte, identifizierten wir rasch die am stärksten
betroffenen Branchen. Mit einem gemeinsamen wahrscheinlichkeitsbasierten
Makroausblick einschließlich verschiedener Wachstums-, Inflations- und
Zollsatz-Szenarien hat unser globales Team ermittelt, welche Branchen am
wahrscheinlichsten unter Druck geraten werden und warum.
Bei den Automobilherstellern führten die hohen Zollsätze zu einer
breiten Neubewertung. Bei Konsumgütern und im Einzelhandel kam es zu
Warnsignalen aufgrund der regionalen Konzentration der Hersteller.
Dieser Top-Down-Filter diente den Analysten als Ausgangspunkt für ein
tiefgreifenderes Research.
Ein solches flexibles und szenariobasiertes System erlaubt Anpassungen
in Echtzeit, während sich die Zollpolitik und das Makroumfeld
weiterentwickeln. Fundamentalanalysten arbeiten über verschiedene
Anlageklassen hinweg zusammen und ziehen Ökonomen hinzu, um diese
Probleme auszuwerten, Annahmen zu hinterfragen, Überzeugungen anzupassen
und im Zuge neuer Informationen potenzielle Ratingveränderungen zu
kommunizieren. Das Ergebnis ist ein Live-Überblick, der sich den Daten
flexibel anpasst.
Da das System von Beginn an eine Reihe potenzieller Folgen umfasst,
kann es auch bei der Unterscheidung verschiedener Veränderungen im
Ausblick helfen. In manchen Sektoren hat sich die Verteilung möglicher
Folgen für Unternehmensanleihen verbreitert, was größere Extremrisiken
mit sich bringt. In anderen Sektoren haben sich die Ratingerwartungen
insgesamt stärker in Richtung Stress verlagert. Die Fähigkeit zur
Unterscheidung zwischen Risikoprofilen, die zunehmend unsicher werden,
und solchen, die einfach nur schlechter werden, ist entscheidend, wenn
die Volatilität systemisch aber ungleichmäßig ist.
Auch geografische Abstufungen müssen berücksichtigt werden. Zölle können
sich in einer Region inflationär, in einer anderen deflationär und auf
den Exporteur wiederum neutral auswirken.
Wenn die chinesischen Exporte in die USA beispielsweise aufgrund hoher
Zölle zurückgehen, können diese Waren in andere Märkte umgeleitet werden
und dort für Abwärtsdruck auf die Preise sorgen. Obwohl sie nicht im
Visier der Zollpolitik stehen, erhöht sich dann möglicherweise der
Margendruck auf die Unternehmen in diesen Regionen, während die
chinesischen Hersteller stabiler bleiben als erwartet.
Analysten müssen all diese Punkte berücksichtigen, und ein flexibles System macht dies möglich.
Seit dem 2. April kam es zu bedeutenden Veränderungen mit Blick auf die vorstellbaren Zollszenarien. Die Unternehmen haben derweil Stellung dazu bezogen, welche Risiken ihnen drohen und inwieweit sie die Auswirkungen der Zölle abfedern können. Diese Informationen haben wir in unserem globalen Anlageuniversum berücksichtigt. Manche Branchen haben moderate bis beträchtliche Neubewertungen erfahren, andere haben von den Entwicklungen profitiert und wieder andere sind weniger von den Zöllen als von deren makroökonomischen Auswirkungen betroffen.
Die genannten Trends verdeutlichen eine umfassendere Erkenntnis: Die
Auswirkungen der Zölle können uneinheitlich sein und die Folgen
variieren stark je nach Unternehmen und Region. Mit einem flexiblen,
wahrscheinlichkeitsbasierten System können Analysten diese Komplexität
durchdringen, um jeden Emittenten anhand seiner eigenen Fundamentaldaten
schnell zu bewerten und zugleich auf die fortwährenden Veränderungen
des Umfelds zu reagieren.
Im heutigen Umfeld müssen Manager in der Lage sein, mit komplexen und
unbeständigen Marktbedingungen Schritt zu halten. Unsere Empfehlung
dafür: ein gut strukturiertes und reaktionsfähiges Research-System, das
ein umfassendes Bild erstellt und die notwendigen Einsichten für
gezielte Maßnahmen liefert.
Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Recherchen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider. Die Einschätzungen können sich im Laufe der Zeit ändern.
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