AB: Sollten europäische Anleihenanleger mehr US-Dollar-Risiko eingehen?

Anleihen

Angesichts neuer Renditetiefs im Euro-Raum sehen die höheren Auszahlungen in den USA zunehmend verlockend aus.

30.09.2019 | 07:30 Uhr

Hohe Absicherungskosten und ein schwacher Euro verleiten die Anleger jedoch dazu, das US-Dollar-Engagement ungesichert zu belassen. Im aktuellen Umfeld halten wir das für ein gewagtes Spiel.

Infolge schwächerer Wachstumsprognosen in der gesamten Eurozone sind die Renditen europäischer Anleihen gesunken. Die Zinsstrukturkurve der AAA-Euro-Staatsanleihen ist bis zur 30-jährigen Laufzeit vollständig negativ, während die Rendite des Bloomberg Barclays Euro Aggregate Bond Index nahe Null* liegt. In diesem herausfordernden sind einkommensorientierte Anleger quasi gezwungen, anderswo nach lohnenden Renditen zu suchen.

Zwar mögen die Renditen für US-Anleihen attraktiv erscheinen, aber die Kosten (nahezu drei Prozent) für die Absicherung des US-Währungsrisikos fressen die Zusatzrendite auf. Euro-basierte Anleger erzielen daher aktuell nach Abzug der Absicherungskosten negative Renditen für praktisch alle US-Investment-Grade-Anleihen.**

Unterdessen zeigt der Euro keine Anzeichen einer möglichen Aufwertung. Das schwache Wachstum in der Eurozone, kombiniert mit einer neuen Runde von Anleihenkäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem steigenden Risiko eines No-Deal-Brexits halten den Euro zurück. Warum also ein Währungsrisiko absichern, das gering zu sein scheint, wenn die Chancen aus dem ungesicherten US-Anleihenengagement so verlockend aussehen? Wie wahrscheinlich ist es, dass Währungsschwankungen eine Rendite von drei Prozent bei hochwertigen US-Anleihen auslöschen könnten?

Ungesichertes Engagement ist weit volatiler

Fremdwährungsinvestments ohne Absicherung erhöhen die Volatilität. So sind beispielsweise die nicht abgesicherten Erträge des US Aggregate Bond Index mehr als dreimal riskanter als die abgesicherten Erträge (Abbildung). Tatsächlich verhält sich das Ertragsmuster des nicht abgesicherten Index eher wie ein Aktieninvestment als wie eine festverzinsliche Anlage. Aus Sicht der Portfoliokonstruktion untergräbt die erhöhte Volatilität des nicht abgesicherten Ertragsstroms die stabilisierende Funktion von Anleihen im Portfoliokontext.

Risikoprofil

Konjunkturumfeld verstärkt Risiken

Und es gibt aktuell zusätzliche Risiken im Zusammenhang mit ungesichertem Währungsengagement. Insbesondere könnte das US-Dollar-Risiko durch politische Unsicherheit, Handelskriege und Geldpolitik wachsen.

"Präsident Trump strebt unserer Meinung nach sowohl niedrigere Zinsen als auch einen schwächeren Dollar an."

Der Dollarkurs ist ein heißes politisches Eisen I Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen im November 2020. Die amerikanische Regierung sorgt sich negative Auswirkungen des starken Dollarkurses. Tatsächlich ist der produktivitätsbereinigte effektive Wechselkurs (Real Effective Exchange Rate, REER) * nahe einem 30-Jahres-Höchst, und fast 40 % höher als beim Tiefstand Anfang der 1990er Jahre (Abbildung). Weil die Wirtschaft im Wahlkampf sicher ein Schlüsselthema sein wird, strebt Präsident Trump unserer Meinung nach sowohl niedrigere Zinsen als auch einen schwächeren Dollar an.

US-Dollar

Der große Handelsüberschuss Europas und insbesondere Deutschlands ist seit langem ein Streitpunkt mit den USA. Nachdem die EZB eine Erneuerung der geldpolitischen Impulse signalisiert hat und die Renditen europäischer Staatsanleihen weiter gesunken sind, haben die USA den höchsten Leitzins unter den Industrieländern. Das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der USA weiter.

Vor diesem Hintergrund könnten sich die Handelsspannungen zwischen den USA und Europa wieder verstärken. Seit einiger Zeit wird die Einführung von US-Zöllen auf europäische Waren diskutiert. Jetzt liegt aus unserer Sicht sogar eine Währungsintervention der USA im Bereich des Möglichen. Präsidentenberater haben öffentlich darauf hingewiesen, dass dies im Weißen Haus Thema ist. Währungsinterventionen sind selten, da sie in der Regel nicht sehr effektiv sind. Aber diese Entscheidung liegt im unberechenbaren Ermessen des Präsidenten.

Macht es unter Berücksichtigung all dieser Faktoren wirklich Sinn, das US-Dollar-Engagement ungesichert zu lassen? Anleger, die das in Erwägung ziehen sollten sich auf einen wilden Ritt gefasst machen.

*Bloomberg Barclays Euro Aggregate Bond Index-Rendite war –0.08 % per 9. September 2019.

**Basierend auf EURUSD-Absicherungskosten von 2,71 % per 9. September 2019.

Markus Peters ist Senior Investment Strategist—Fixed Income bei AllianceBernstein

Flavio Carpenzano ist Senior Investment Strategist—Fixed Income bei AllianceBernstein

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden. AllianceBernstein Limited ist von der Financial Conduct Authority in Großbritannien zugelassen und wird durch diese Behörde reguliert.

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