Das Liquiditätsrisiko hat in letzter Zeit für Schlagzeilen gesorgt, nachdem mehrere bekannte Fonds implodiert waren.
10.09.2019 | 07:30 Uhr
Nun wird nach Wegen gesucht, wie man das Liquiditätsrisiko managen und die Portfolios vor weiteren Rückschlägen schützen kann. Jedoch werden längst nicht alle Anleger dieser Aufgabe gewachsen sein.
Die Liquiditätsengpässe tauchen verstärkt seit der Globalen Finanzkrise (GFK) auf, weil eine verschärfte Regulierung die Banken gezwungen hat, ihre Bilanzen zu stärken und ihr Eigenkapitalengagement im Wertpapiergeschäft zu verringern. Das Ergebnis: Der Primärhandel der Banken stellt den Märkten keine ausreichende Liquidität mehr zur Verfügung, sodass das Liquiditätsrisiko von den Banken auf die Aktien- und Anleiheneigner übergegangen ist. Wir sind der Meinung, dass Anleger angesichts dessen über rigorose Governance, modernste Technologie und risikobewusste Portfoliokonstruktion verfügen müssen.
Der erste Schutzwall vor Risiken ist eine bessere Governance. Für das Liquiditätsrisiko bedeutet das, dass die Portfoliomanager die Wertpapierkurse und die Zuordnung zu verschiedenen Wertpapierarten ständig überwachen müssen. Kurse, die stark von vergleichbaren Wertpapieren abweichen, oder „alte“ Preise, die über einen längeren Zeitraum konstant bleiben, können Anzeichen von Risiken sein, einschließlich Liquiditätsrisiken.
Ein effektiver Governance-Prozess sollte tägliche interne Kursabweichungsprüfungen und die Überprüfung von Ausnahmeberichten beinhalten. Auf einer etwas weniger häufigen (etwa fünftägigen) Basis sollten diese Kursüberprüfungen mit externen Anbietern verglichen werden. Und mindestens monatlich sollte das Governance-Team die Kurs- und Liquiditätsdaten analysieren und mit dem Portfoliomanagement-Team diskutieren. Im Rahmen dieser Überprüfungen sollte die Portfolioliquidität anhand von Stresstests mit verschiedenen Szenarien überprüft werden.
"Vorausschauende Anleihenmanager haben Research und Handel bereits transformiert."
Vorausschauende Anleihenmanager haben Research und Handel bereits transformiert und sind von hochgradig manuellen Ansätzen zu digitalisierten, automatisierten Prozessen übergegangen. Researchergebnisse können nun automatisch abgerufen und gefiltert werden, und Aufträge zum Kauf oder Verkauf, deren Vorbereitung zuvor oft viele Stunden in Anspruch nahm, können mithilfe von digitalen Assistenten zusammengestellt werden – Chatbots auf der Grundlage von Computeralgorithmen. In schnelllebigen Anleihenmärkten, die in viele kleine Liquiditätsinseln zersplittert sind, schafft dieser Technologiesprung bereits einen deutlichen Vorteil, der noch wichtiger wird, wenn die Liquidität weiter sinkt.
In den aktuellen Märkten ist die Vermeidung von Konzentrationsrisiken, die zu Liquiditätsengpässen führen können, von größter Bedeutung. In weniger liquiden Segmenten des Anleihenmarkts können die Handelskosten hoch sein und bei größeren Handelsgeschäften stark ansteigen. Durch einen breiter diversifizierten Wertpapierkorb können Anleger flexibler und kostengünstiger handeln. Ein risikobewusster Portfoliokonstruktionsprozess sollte einen rigorosen Ansatz zur Kosten- und Risikokontrolle durch Minimierung einzelner Engagements und Diversifizierung über mehrere Emittenten hinweg beinhalten. Gute Management-Kontrollsysteme sollten auf einen Blick Zugang zu diesen Informationen bieten (Abbildung).
Ausgefeilte Techniken zur Portfoliokonstruktion zielen darauf ab, sowohl Risiken als auch Kosten zu reduzieren. Zum Beispiel:
Anleger mit begrenzter Risikobereitschaft können von dynamisch verwalteten, risikobewussten Portfoliomanagementansätzen profitieren. So können beispielsweise Strategien, die die Stabilität von Staatsanleihen mit den renditegenerierenden Eigenschaften von Unternehmensanleihen kombinieren, attraktive Renditen erzielen und gleichzeitig Liquiditätsrisiken reduzieren. Zwar bieten Staatsanleihen nur wenig Einkommen, können jedoch die Liquidität der Gesamtstrategie verbessern.
Im Gegensatz dazu sind wir der Meinung, dass risikobewusste Anleger mit Vorsicht an Anleihen-ETFs herangehen sollten. Tatsächlich hat die britische Financial Conduct Authority kürzlich eine Untersuchung der Widerstandsfähigkeit von ETFs und ihrer Fähigkeit angekündigt, in Zeiten von Marktstress die erwartete Liquidität anzubieten – nach Hinweisen von AB und anderen führenden Vermögensverwaltern.
Die Anleihenmärkte sind zu groß und vielfältig, um sie präzise zu replizieren. ETFs verwenden daher typischerweise Stichprobenmethoden, um ein repräsentatives Engagement gegenüber den von ihnen ausgewählten Basismärkten zu schaffen. Das kann sie anfällig machen, wenn große Rücknahmen Verkaufsaufträge auslösen, bei denen keine Liquidität vorhanden ist – insbesondere in risikoreicheren Märkten wie Hochzins- oder Schwellenländer-Unternehmensanleihen. Häufiges Rebalancing kann auch den Ertrag des ETF beeinträchtigen, insbesondere in Zeiten mit hohen Handelskosten.
Die Umsetzung und Verfeinerung der drei oben beschriebenen Ansätze erfordert Zeit, Geld und umfangreiche Ressourcen. Nicht jede Fondsgesellschaft ist dieser Aufgabe gewachsen. Wir sind der Meinung, dass Anleger das Liquiditätsrisiko sehr ernst nehmen und sicherstellen sollten, dass sie über alle notwendigen Ressourcen verfügen, um es zu managen.
Markus Peters ist Senior Investment Strategist of Fixed Income bei AllianceBernstein
Flavio Carpenzano ist Senior Investment Strategist of Fixed Income bei AllianceBernstein
In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden. AllianceBernstein Limited ist von der Financial Conduct Authority (FCA) in Großbritannienzugelassen und wird von dieser Behörde beaufsichtigt.
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