Wie die steigenden US-Zinsen das Umfeld für Fixed-Income-Anleger verändern, und warum es sich auszahlen könnte, in den kommenden Monaten flexibel zu sein.
03.08.2018 | 09:34 Uhr
Eines der bemerkenswertesten Merkmale des globalen Fixed-Income-Marktes im bisherigen Jahresverlauf 2018 war der starke Anstieg der USD-Libor-Sätze – die Marktzinsen, zu denen sich Banken in London über verschiedene kurzfristige Horizonte gegenseitig US-Dollar leihen. Die Libor-Sätze – und die Differenz zwischen dem Libor und den Markterwartungen an die Federal Funds Rate – sind viel beachtete Vergleichsmassstäbe, die von vielen als Gradmesser der allgemeinen Kreditmarktbedingungen angesehen werden. Der Anstieg des USD-Libor um 60 Basispunkte seit Anfang des Jahres auf Niveaus, die zuletzt während der Finanzkrise 2008 zu beobachten waren (siehe Abbildung 1), rief deshalb grosse Bestürzung und zahlreiche Kommentare hervor. Er ging jedoch nicht mit einem gleich starken Anstieg des EUR-Libor oder des GBP-Libor einher. Dies deutet stark darauf hin, dass der Anstieg nicht auf Bedenken der Anleger hinsichtlich der allgemeinen Kreditwürdigkeit von Banken zurückzuführen ist, sondern spezifische technische Faktoren am US-Markt widerspiegelt.
Unserer Meinung nach wurde der USD-Libor durch eine Kombination verschiedener Faktoren in die Höhe getrieben. Die Steuerreform in den USA führte zur beschleunigten Rückführung von im Ausland gehaltenen USD-Guthaben von US-Unternehmen. Diese im Ausland gehaltenen liquiden Mittel waren zu einer wichtigen Finanzierungsquelle für die globalen Märkte geworden. Die Eigentümer dieser Gelder lassen sie aber nach der Rückführung nicht einfach auf dem Bankkonto liegen. Ein Teil dieser Mittel wurde für Fusionen und Übernahmen sowie Investitionen verwendet. Infolgedessen geht die Nachfrage nach Commercial Paper und anderen Geldmarktinstrumenten von Unternehmen zurück. Dies geschieht zu einer Zeit, in der die Ausweitung des US-Haushaltsdefizits durch höhere Emissionen von US-Treasuries finanziert wird. Angesichts dieses Emissionsvolumens verwundert es nicht, dass das US-Finanzministerium die Anleger mit höheren Renditen entschädigen muss. Durch den Verdrängungseffekt an den Märkten für Commercial Paper übt dies wiederum Aufwärtsdruck auf die Geldmarktsätze aus. Trotz der höheren Zinsen am kurzen Ende ist die Volatilität an den globalen Märkten für festverzinsliche Anlagen relativ verhalten geblieben. Da die US-Notenbank ihre geldpolitische Normalisierung fortsetzt, während zugleich erhebliche Mengen an US-Treasuries ausgegeben werden, dürfte mit einer Zunahme der Volatilität zu rechnen sein.
Variabel verzinsliche Anleihen
Der Coupon variabel verzinslicher Anleihen besteht aus zwei Komponenten – die eine beruht auf einem variablen Referenzzins, wie dem Libor, die andere ist eine Risikoprämie auf Basis der Kreditqualität des Emittenten. Je nach den individuellen Konditionen der Anleihe wird der Coupon periodisch angepasst, in der Regel einmal pro Vierteljahr. Damit schlägt sich ein Anstieg der Zinssätze recht bald in der Rendite der Anleihe nieder. Aus diesem Grund nimmt der Cashflow in einem Umfeld mit steigenden Zinsen zu. Da sich in den Couponzinsen die Marktzinsen widerspiegeln, reagieren die Kurse variabel verzinslicher Anleihen nur sehr geringfügig auf Zinsänderungen.
Kurzfristige Unternehmensanleihen
Für Anleger, die sich Sorgen über einen nachhaltigen Anstieg der Zinssätze machen, könnte ein Engagement in Unternehmensanleihen am kurzen Ende der Renditekurve attraktiv sein. Nach der enormen Verflachung der US-Renditekurve (Abbildung 2), erscheinen kurzfristige Engagements in Unternehmensanleihen auf risikobereinigter Basis besonders interessant. Unserer Meinung nach bietet der Carry (die erzielte Couponrendite) einen soliden Ertragsstrom mit begrenztem Verlustrisiko, da die Fundamentaldaten von Unternehmensanleihen nach wie vor solide erscheinen. In einigen Segmenten ist die Verschuldungsquote zwar gestiegen. Mit einem Fokus auf kurzfristigere Papiere lässt sich die finanzielle Verfassung der Emittenten jedoch besser einschätzen.
Verbriefte Wertpapiere
Verbriefte Wertpapiere, wie Mortgage-Backed Securities (MBS), Asset-Backed Securities (ABS) und Commercial Mort- gage-Backed Securities (CMBS) haben viele positive Eigenschaften, unter anderem höhere Renditen und die Besicherung der Anleihen. Die Diversifikation, die diese Wertpapiere bieten können, wird häufig unterschätzt, ist aber im aktuellen Marktumfeld möglicherweise eine der wichtigsten Eigenschaften. Verbriefte Anleihen weisen geringe historische Korrelationen zu Investment-Grade- und Hochzins-Unternehmensanleihen auf. Abbildung 3 zeigt zum Beispiel die moderate Korrelation von Agency MBS zu Investment-Grade-Unternehmensanleihen (IG) sowie die Korrelation von nahezu Null zu Hochzinsanleihen (HY).
Inhaber von Anleihen, die in den letzten Jahren von traditionellen Unternehmenspapieren profitiert haben, könnten durch die Einbeziehung von verbrieften Wertpapieren in ein breiteres Portfoliokonstrukt die Volatilität reduzieren und die risikobereinigten Erträge verbessern. Darüber hinaus weisen viele dieser Wertpapiere, insbesondere CMBS, variabel verzinsliche Merkmale auf.
Charlotte Baenninger, Head of Fixed Income
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