WisdomTree: Vier defensive Strategien für 2019

Christopher Gannatti, Head of Research bei WisdomTree Europe
Anlagestrategie

Was ist im Fall einer Rezession zu tun? Christopher Gannatti, Head of Research bei WisdomTree, stellt vier defensive Strategien zur Risikominimierung vor.

25.01.2019 | 10:51 Uhr

Weitgehend angeführt von US-Aktien, haben die globalen Märkte seit der weltweiten Finanzkrise von 2008–09 eine ziemlich robuste Phase durchlaufen. Die USA bewegen sich auf die nun fast längste wirtschaftliche Wachstumsperiode seit dem 2. Weltkrieg zu. Dies veranlasst die Investoren zu Beginn des Jahres 2019, sich darüber Gedanken zu machen, was im Fall einer Rezession tatsächlich passieren könnte. Wichtig ist hierbei, dass die Volatilitätskennzahlen gegenüber dem Jahresbeginn 2017 bzw. 2018 auf ein insgesamt erhöhtes Risikoniveau schließen lassen.

Unter solchen Bedingungen machen sich die Investoren unseres Erachtens Gedanken darüber, wie sie ihre Investmentstrategien defensiver ausrichten könnten. Es könnte aber immer noch gute Gründe für das Halten riskanter Anlagen geben, da es auch zu spätzyklischen Rallys kommen kann. Die Abmilderung des Abwärtsrisikos könnte nun jedoch in den Vordergrund rücken.

Hierbei berufen wir uns auf eine uralte Investmentweisheit: Wenn ein Portfolio mehr als 50 Prozent seines Werts verliert, wie hoch ist dann die erforderliche Rendite, um diesen Verlust wettzumachen? Obwohl viele diese Frage zunächst mit 50 Prozent beantworten, lautet die korrekte Antwort 100 Prozent. Deshalb können Strategien mit dem Potenzial, in schwierigeren Märkten weniger negative Renditen zu erwirtschaften, recht wertvoll sein.

Wir denken hierbei an vier wichtige Methoden, um das Risiko abzumildern, dass eine bestimmte Strategie bei einem Abschwung starke Verluste erleiden könnte. Leider funktionieren diese nicht immer alle gleich gut und es gibt keine Garantie dafür, dass sie im Fall jedes Marktabschwungs funktionieren, trotzdem sollte man sie im Hinterkopf behalten.

Strategie 1: Historisch niedrige Bewertungen aufspüren

Wenn Investoren auf sehr niedrig bewerteten, teilweise sogar auf historischen Tiefständen stehende Titel stoßen, kann es sich dabei um ein wichtiges Signal handeln, dass ein Großteil des die Schlagzeilen dominierenden Risikos bereits eingepreist wurde. Anders gesagt: Alle Gründe zur Sorge haben bereits einen Abschwung auf dem jeweiligen Markt verursacht. In Abwesenheit weiterer, neuer und überraschender negativer Entwicklungen würde es diesem Markt deshalb schwerfallen, noch weiter nachzugeben. Diese Art von Strategie wird in der Regel mit antizyklischem Investieren (Contrarian-Strategie) in Verbindung gebracht.

Mögliche Märkte für diesen Ansatz: Schwellenmärkte, italienische Aktien – insbesondere aus dem italienischen Finanzsektor – und japanische Aktien.

Strategie 2: Aktien mit hoher Dividendenrendite aufspüren

Ein Aspekt dieser Strategie besteht darin, dass bei Aktien immer ein Dividendenanteil und ein Preisanteil in die Berechnung der Gesamtrendite einfließen. Der Dividendenanteil ist im schlechtesten Fall Null, wenn keine Dividende ausgeschüttet wird, wohingegen der Preisanteil positiv, Null oder negativ sein kann. Bei einer auf Aktien mit hohen Dividenden fokussierten Strategie verschiebt sich die Generierung der Gesamtrendite hin zu Dividenden und weg von den Kursen. Da der Dividendenanteil an der Rendite weniger volatil ist, bietet dies im Rahmen einer Aktienstrategie eine Möglichkeit zur Senkung des Risikos.

Der andere Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, bezieht sich auf die Tatsache, dass Aktien mit höheren Renditen tendenziell in eher defensiv aufgestellten Sektoren, z. B. im Bereich der Versorgungsbetriebe, zu finden sind. Eine Orientierung des Engagements in Richtung dieser Sektoren bietet eine weitere potenzielle Möglichkeit, um das Gesamtrisiko einer Aktienstrategie zu senken.

Mögliche Märkte für diesen Ansatz: Schwellenmarktaktien,
europäische Aktien und US-Aktien.

Strategie 3: Anlagen verkaufen, bei denen Preis und Volatilität positiv korreliert sind

Wenn wir uns von der Geschichte leiten lassen, stellen wir fest, dass Kennzahlen wie der Cboe Volatility Index (VIX) typischerweise steil nach oben gehen, wenn sich die Aktienmärkte in stark negative Phasen begeben. Der VIX erfüllt eine wichtige Signalfunktion, da er die zukunftsbezogenen Erwartungen an die künftige Volatilität des S&P 500 angibt. Ist der VIX erhöht, können die zukunftsbezogenen Erwartungen an die Volatilität ebenfalls höher ausfallen. Die Kurse von bestimmten Anlagen wie Put-Optionen, denen der S&P 500 als Index zugrunde liegt, steigen in der Regel entsprechend eines steigenden VIX an.

Es gibt eine bekannte Strategie, bei der man Put-Optionen auf den S&P 500 verkaufen und dadurch die Prämien einnehmen kann. Der Einsatz einer Strategie zur Schreibung von Put-Optionen ist natürlich direkt mit dem zugrunde liegenden Index verbunden, auf den die Optionen selbst geschrieben werden. Wenn die Prämien die Tendenz aufweisen, mit einem steigenden VIX ebenfalls zu steigen, ergibt sich daraus das Potenzial zur Abmilderung des Abwärtsrisikos unter schwierigeren Marktbedingungen.

In den USA erreichten Aktien Anfang Oktober 2018 Rekordhochs und die Bewertungen lagen gegenüber anderen weltweiten Märkten relativ hoch. Rekordkurse und hohe relative Bewertungen geben den Investoren tendenziell mehr Grund, sich um ein Abwärtsrisiko Sorgen zu machen. Diese Sorge ist unseres Erachtens ein kritischer Faktor, um eine Strategie zur Schreibung von Put-Optionen in Betracht zu ziehen.

 Mögliche Märkte für diesen Ansatz: US-Aktien.

Strategie 4: Traditionelle „sichere“ Anlagen

Bei jeder der drei erstgenannten Strategien wird ein Ansatz zur Senkung des Risikos eines bestimmten Engagements verfolgt – entweder direkt gegenüber Aktien oder gegenüber einer Anlage, die stark mit Aktien korreliert ist. Wir stimmen zu, dass das Halten von Aktien bei zunehmender Volatilität zu einem weniger erstrebenswerten Ansatz werden kann, unabhängig davon, ob das Risiko bei diesem Ansatz in irgendeiner Form abgemildert wird oder nicht.

Wenn die Volatilität steigt, weil ein erhöhtes geopolitisches Risiko wahrgenommen wird, könnte Gold eine Überlegung wert sein. Wenn Investoren in der Vergangenheit unerwartete Ereignisse beunruhigten oder sie vom politischen Kurs eines wichtigen Landes überrascht wurden, wurde Gold mit einem im Vergleich zu Aktien differenzierten Renditestrom assoziiert.

Einen anderen Weg könnten bestimmte Währungen wie der US-Dollar oder der japanische Yen aufzeigen. Beide Währungen haben gezeigt, dass sie bei steigender Volatilität ebenfalls im Wert steigen können.

Mögliche Märkte für diesen Ansatz: Gold, US-Dollar, japanischer Yen.


Aufgrund der aktuellen Ereignisse, haben wir uns hier auf einen eher defensiv orientierten Blickwinkel konzentriert. Falls sich Investoren bei ihrer Positionierung für 2019 noch nicht festgelegt haben, könnten diese Ansätze das allgemeine Portfoliorisiko senken. Weitere Informationen finden Sie auf WisdomTree.com.

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