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Real Assets überzeugen Investoren

Umschlagplatz: Logistikimmobilien sind von Investoren stark gesucht
Anlagestrategie

Die heterogene Anlageklasse bietet auch im Portfoliokontext zahlreiche Vorteile. Im TiAM-Gespräch erklären sechs Experten, wie die Anlageklasse funktioniert und welche Varianten jetzt besonders aussichtsreich sind

13.04.2023 | 07:05 Uhr von «R. Kohl, W. Nordhaus»

TiAM: Real Assets, Private Assets, Private Markets – die Begriffe sind so vielfältig wie die Anlageklassen, die darunter zusammengefasst werden. Vielleicht klären wir zunächst, was alles dazugehört.

Werner Kolitsch: Bei Real Assets haben wir es in der Tat mit einer breiten und vielfältigen Sammlung von Anlageklassen zu tun. Dazu zählen unter anderem Immobilien, Infrastrukturanlagen, Erneuerbare Energien und eine ganze Reihe von Subklassen. In den Bereich der Private Assets gehören beispielsweise die Anlageklassen Private Equity, Private Credit, strukturierte Finanzierungen und Konsumentenkredite. Gemeinsam ist ihnen die Illiquidität und damit das Vereinnahmen der Illiquiditätsprämie, eine hohe Komplexität und ein eingeschränkter Zugang meist in Form Alternativer Investmentfonds.

Ludger Wibbeke: Das mit dem eingeschränkten Zugang hat sich mit dem Fondsstandortgesetz im August 2021 geändert. Offene Spezial- und Publikumsfonds im Bereich Real Assets gab es in der Vergangenheit nur für Immobilien. Mit der neuen Regelung entstand die Anlage­lösung aber auch für Infrastruktur und Erneuerbare Energien, die allesamt auf bereits etablierten Fondsstrukturen aufsetzen können. Jede dieser alternativen Assetklassen hat ihre Berechtigung am Markt – und jede verfügt über Besonderheiten, mit denen wir uns bereits auseinandergesetzt haben, wie etwa das Thema Bewertung der Assets.

TiAM: Was ist für die anderen das ­Besondere an Real Assets?

Gunnar Herm: Das Interessante ist, dass man alle Strategien spielen kann, die man auch mit liquiden Anlageklassen spielen kann. Damit verfüge ich über das komplette Spektrum, allerdings zu einer deutlich niedrigeren Volatilität. Und daher gehören Real Assets in jedes Portfolio – sei es für private oder für institutionelle Kunden.

Robert Massing: Auch bei Real Assets gilt: Wer gut streut, rutscht nicht. Es handelt sich um eine bunte, breit gefächerte Kategorie, deren Vielfalt man nutzen sollte.

TiAM: Real Assets scheinen zudem gut in die gegenwärtige Marktphase zu passen.

Massing: Auf jeden Fall. Schauen Sie sich die aktuellen Entwicklungen an – Inflation, steigende Zinsen, geopolitische Spannungen, Deglobalisierung. Da kommt einiges auf Investoren zu. Mit Real Assets haben Investoren einige ganz traditionelle, teilweise defensive und inflationsgeschützte Werte in ihrer Vermögensstruktur.

Sven Kuhlbrodt: In den Zeiten, in denen wir gerade leben, sind Real Assets für alle Anleger extrem wichtig – nicht zuletzt, um Vermögen zu schützen. Hier sollte man die breite Palette der Möglichkeiten nutzen.

Herm: Schutz ist ein ganz wichtiger Punkt. Es gibt Lösungen für alle Laufzeiten, sogar für Mehrgenerationenvermögen stellen Real Assets die passenden Vehikel bereit. Sie sind hervorragende Instrumente, um Vermögenswachstum und regelmäßige Erträge zu erzielen und sind noch dazu verständlich und greifbar.

TiAM: In dieser Runde sind verschiedene Schwerpunkte und Herangehensweisen in Sachen Real Assets vertreten. Wie sieht die jeweilige Anlagepraxis aus?

Massing: Wir bieten unseren Investoren Private Equity, Private Debt und Infrastrukturinvestments. Je nachdem, ob die Märkte steigen oder fallen, hat jede der Anlageklassen ihre Berechtigung. Bei Private Debt sind das typischerweise Floater, die kein Problem mit steigenden Zinsen und Inflation haben. Im Gegenteil. Die Zinserhöhungen der letzten Zeit haben sie steigen lassen. Für den Kreditnehmer besteht der Zinssatz aus Euribor plus Marge. Etwas zeitverzögert gilt das Gleiche für Infrastruktur und Immobilien. Nach einer vertraglich festgelegten Anzahl von Jahren kann regelmäßig das Nutzungsentgelt oder die zu entrichtende Miete der unterliegenden Assets an die Inflation angepasst werden. Vielleicht nicht vollständig, aber zu 70 oder 80 Prozent. Das bietet einen gewissen Schutz.

Wibbeke: Wenn Sie in eine Immobilie investieren und dafür einen Kredit aufnehmen, dann legen Sie den Kapitaldienst zum Beispiel auf zehn Jahre fest. In dieser Zeit ist der Betrag für Zins und Tilgung jeden Monat identisch hoch. Haben Sie die Möglichkeit, die Mieten inflationsindexiert anzupassen, dann haben Sie jeden Monat einen höheren Ertrag. Dann sind die Kosten fest eingeloggt, aber die Erträge gehen immer mit nach oben.

TiAM: Lässt sich das pauschal für alle ­Immobilienarten sagen?

Herm: Bei Immobilien gibt es schon einen starken Zusammenhang zwischen Inflation und Rendite. Allerdings muss man nach Regionen unterscheiden. In Deutschland funktioniert das nicht ganz so gut. Hier gibt es meist Caps, an die bei Inflation angepasst werden kann. Im angelsächsischen Bereich ist der Link zwischen Inflation und Immobilien stärker. Hier sind im Wohnbereich Indexmieten üblich. Hinzu kommt, dass die Laufzeiten der Mietverträge kürzer sind und man daher schnell anpassen kann. In Europa funktioniert der Inflationsschutz insbesondere im Logistikbereich, ebenso bei Büroimmobilien. Weniger Schutz vor Inflation, etwa zu 60 bis 80 Prozent, bietet dagegen der Handel.

Kolitsch: Bei Zinsanstiegen, aber auch bei anderen Veränderungen ist man mit täglich an der Börse gehandelten Assets natürlich in der Lage, schneller auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und das Portfolio, Laufzeiten und Sektoren anzupassen. Das ist aus meiner Sicht der Hauptunterschied zu nicht liquiden Real Assets.

TiAM: Umgekehrt war einer der Gründe für die Popularität von Real Assets in den letzten Jahren das Niedrigzinsumfeld.

Kolitsch: Genau. Die Investoren mussten auskömmliche Erträge erzielen. Gerade im Bereich Private Equity gab es überdurchschnittlich attraktive Renditen dafür. Insgesamt kann man sagen, dass jenseits der kurzfristigen makroökonomischen Situation zum Beispiel Infrastruktur als langfristiges Thema im Bereich Private Markets bestehen bleibt. Die Energiewende und die Umstellung auf digitale Wirtschaft erfordern technologische Neuerungen, und diese Technologien werden durch Private Equity und Venture Capital unterstützt und zur Marktreife gebracht. Das wird sich fortsetzen.

TiAM: Stimmen die anderen hier zu?

Fritzsche: Eindeutig ja. Allerdings verwenden wir ein etwas liquideres Modell, das die gesamte Wertschöpfungskette abbildet. Wir haben also nicht nur das Windrad im Auge, sondern auch die gesamte Vorstufe mit Produktion, Lieferung und Montage. Unser Ziel ist es, das komplette Betriebssystem unserer Gesellschaft in einem Portfolio abzubilden, nicht den einen Sektor, sondern wir wollen die gesamte Bandbreite der Sektoren abbilden. Das geht bis hin zur Weltrauminfrastruktur, wo zunehmend nicht stationäre Satelliten die Landwirtschaft unterstützen – etwa wenn es darum geht, effizienter zu düngen, was dann Auswirkungen auf die komplette Nahrungsmittelproduktion hat.

TiAM: Noch gar nicht angesprochen haben wir das Thema Rohstoffe. Die gehören ja auch zu den Real Assets.

Kuhlbrodt: Historisch gesehen ist der gesamte Rohstoffbereich immer schon mit Inflationsschutz verbunden gewesen. Wir selbst investieren aber in Rohstoffaktien, nicht in die Rohstoffe selbst. Hier ist es so, dass etwa Gold- und Silberminenaktien etwas volatiler sind als Gold und Silber an sich. Bei den anderen, insbesondere bei Basismetallen ist es eher umgekehrt, etwa bei Lithium. In Boomphasen, die häufig mit Inflation verbunden waren, gingen auch die Rohstoffpreise nach oben – und Anleger haben über die Inflation hinaus gut verdient.

TiAM: Aktuell haben wir aber eine ­andere Art der Inflation.

Kuhlbrodt: Einige der Ursachen sind temporär, andere werden länger anhalten. Wir denken, dass 2023 eine Stagflation stattfinden wird und keine klassische Inflation während eines Booms. In einer solchen Phase ist der Inflationsschutz durch Rohstoffe nicht ganz so hoch, weil die wirtschaftliche Aktivität abgeschwächt wird, was auch Rohstoffe zu spüren bekommen. Unser Ansatz ist aber langfristig, und die große Überschrift heißt „Energiewende“. Sowohl der Green Deal der EU als auch die neuen Subventionen in den USA sind mit dem vielen Kapital, das die Politik hier in die Hand nimmt, langfristig inflationstreibende Programme. Unser Ziel und Anspruch ist es, über die Inflation hinaus­gehende Renditen zu erwirtschaften.

TiAM: Wie werden Real Assets im Asset-Management am besten eingesetzt?

Kolitsch: Wie sie eingesetzt werden können, ob eher als Kern eines Portfolios oder als Beimischung, hängt stark von der regulatorischen Situation des Investors ab. Die Real-Asset-Quote eines Versicherers etwa dürfte kleiner sein als bei anderen institutionellen Anlegern. Grundsätzlich macht eine Beimischung von zehn bis 15 Prozent Sinn. In den letzten Jahren wurden die Quoten oft überschritten, weil mit traditionellen Anlageklassen, insbesondere mit Anleihen, keine Renditen zu erzielen waren. Und auch die niedrigen Korrelationen von Real Assets mit Aktien oder Anleihen waren und sind ein wichtiger Grund.

TiAM: Ziehen Real Assets auch neue Kunden an?

Kolitsch: Das ist Segen und Fluch zugleich. Institutionelle Investoren können mit negativen Renditen in den ersten Jahren umgehen. Wenn aber ein Berater das einem Private-Wealth-Kunden erklären muss, sieht es anders aus. Hier ist Innovation mit neuen Produkten gefragt – und auch ein Wachsen des Sekundärmarktes. Und wer weiß, vielleicht kommen nach der Reform auch European Long Term Investment Funds (ELTIFs) öfter zum Einsatz, in die institutionelle und private Anleger gleichermaßen investieren können.

Herm: Wir setzen Real Assets ganz unterschiedlich ein. Entscheidend ist, welche Struktur das Vermögen der Anleger hat. Abhängig davon können Real Assets eine Beimischung in Höhe von fünf Prozent sein oder ein tragender Pfeiler mit 20 Prozent. Aktuell sind sie bei uns in der Vermögensverwaltung allerdings eher untergewichtet, weil Anleihen eine größere Rolle spielen. Mittelfristig kann ihr Anteil wieder auf neutral hochgefahren werden. Immobilien wiederum bieten im Vergleich zu anderen Real Assets eine hohe Liquidität und können auch kurzfristiger zum Einsatz kommen, im Gegensatz zu Private Equity und Infrastruktur, die wir nur langfristig allokieren.

TiAM: Tendenziell klingt das eher nach Satellite als nach Core.

Fritzsche: Unserer Meinung nach sollten Real Assets in einem Portfolio mit zehn bis 12,5 Prozent vertreten sein, was im Vergleich zu anderen Sektoren durchaus üppig bemessen ist. Im Grundsatz können Real Assets im Rahmen einer Vermögensverwaltung aber ein defensives Fundament bilden. Das gilt für Aktien und Anleihen gleichermaßen.

Kuhlbrodt: Ich würde sagen, es kommt auf den Anlagehorizont an. Weil Rohstoffaktien doch eher eine Nische sind, sehen wir Real Assets als Beimischung. Wer allerdings einen Anlagehorizont von zehn Jahren hat, kann sie auch als Kerninvestment einsetzen. Die Energiewende zum Beispiel ist ein starker Trend, und Real Assets sind neben anderen Anlagelösungen ein Weg, wie man davon profitieren kann.

Massing: Wir sehen Private-Equity- und Private-Debt-Produkte als Kern­invest­ments. Meiner Ansicht nach gehören Private-Markets-Anlagen mit zehn bis 15 Prozent in jedes Portfolio. Und das gilt mittlerweile auch für Privatanleger, nicht nur für Institutionelle. Die Möglichkeiten für Endanleger sind zwar noch überschaubar, aber das Angebot wächst. Wir haben bei einer Auswertung der letzten Finanzkrise festgestellt, dass Private Markets um 18 Prozent eingebrochen sind und elf Monate brauchten, um zu drehen. Liquide Märkte dagegen brachen doppelt so stark ein und benötigten 24 Monate für eine Erholung. Mit anderen Worten, Private-Markets-Investments sind auf jeden Fall ein Schutz in fallenden Märkten.

Wibbeke: In Rahmen der Asset-Allokation sind Real Assets ganz eindeutig ein Stabilitätsanker. Auch das ist ein Grund, warum sie in der Gunst der Anleger so stark gestiegen sind. Trotzdem gilt es, die Politik zu bewegen, Geld in diese Bereiche zu lenken. Wer sonst könnte solche Investitionen anstoßen? Die Frage an die Politik muss lauten: Wie wollt ihr privates Geld von Pensionskassen, Versicherungen, Stiftungen oder anderen Investoren bekommen, wenn ihr nicht für eine bestimmte Zeit das Regulierungsniveau an der einen oder anderen Stelle mal absenkt?

TiAM: Stichwort Steuersenkung?

Wibbeke: Um etwa 400 000 Wohnungen pro Jahr bauen zu können, müsste der Staat eine Weile, vielleicht 36 Monate lang, auf die Grunderwerbsteuer verzichten. Damit haben Sie von jetzt auf gleich einen Renditevorteil von 4,5 bis 6,5 Prozent im Vergleich zu heute. Das würde Investoren in ihren Aktivitäten unterstützen.

TiAM: Einige Gründe für die Popularität von Real Assets haben wir bereits genannt, etwa den Inflationsschutz und die Absicherung in fallenden Märkten. Gibt es weitere?

Massing: Real Assets kommen in der Daseinsvorsorge zum Einsatz und werden immer gebraucht. Bei institutionellen Anlegern wie Versicherern und Pensionskassen kommt hinzu, dass diese keine oder möglichst wenig Volatilität in ihren Portfolios wünschen.

Kuhlbrodt: Man muss sich anschauen, was Real Assets ausschütten können. Anleihen sind angesichts der aktuellen Situa­tion nach wie vor ein Negativgeschäft. Und wir gehen davon aus, dass die Inflation auf absehbare Zeit hoch bleibt. Aus diesem Grund sind Produktivitätsgewinne wie etwa Dividenden weiterhin sehr wichtig. In Europa, speziell in Deutschland, gibt es zudem traditionell eine große Affinität zu Edelmetallen. Und die aktuelle geopolitische Situation macht Gold attraktiv.

Wibbeke: Der Realzins ist immer noch niedriger als vor zwölf Monaten. Das ist der eigentliche Grund, warum Real Assets gewonnen haben und weiter gewinnen werden. In der Vermögensverwaltung sehen wir bei Privatanlegern allerdings eine recht große Zurückhaltung, wenn es darum geht, lange Bindungsdauern zu akzeptieren. Auch die Mindestanlagesummen sind nicht für jeden machbar. In vielen Fällen ist dann immer noch das Eigenheim das beste Real Asset.

Fritzsche: Hinzu kommt, dass diese Art der Anlage schon seit Jahrhunderten eine Rolle spielt. Wir beobachten, dass speziell die Nachfrage nach Infrastruktur weiter gestiegen ist – vor allem während der Corona-Pandemie. Gerade die Nachfrage nach digitaler Infrastruktur. Ein weiterer Vorteil ist die Kapitalstabilität. Aufgrund der demografischen Entwicklung gibt es Menschen, die sagen: Ich will und muss von meinem Kapital die nächsten zehn oder gar 20 Jahre leben – und daher will und kann ich nicht wie beim Neuen Markt ein Minus von 30 Prozent in meinem Depot haben. Genau deswegen gewinnen Real Assets einen immer größeren Anteil im Rahmen eines Gesamtvermögens.

TiAM: Was sind die Wachstumstreiber in den jeweiligen Segmenten?

Herm: Bei Immobilien werden es eher Gewerbe- als Wohnimmobilien sein, weil der Bereich weniger reguliert ist und die bereits angesprochene Deglobalisierung hier stärker durchschlägt. Strukturelle Veränderungen finden daher insbesondere in der Logistik statt, weil Unternehmen ihre Produktion näher zum Endnutzer verlagern, um damit stabilere Lieferketten zu schaffen. Damit wird Logistik zumindest in Europa eine bedeutendere Rolle spielen als E-Commerce. Es entwickelt sich gerade ein neues Equilibrium zwischen physischem Einzelhandel und E-Commerce. Aber gerade die Unternehmenslogistik wird in den nächsten zehn Jahren der Haupttreiber sein.

Fritzsche: Zudem werden sich die Investitionen künftig verstärkt auf lokale Hubs konzentrieren und das „act local“ wird deutlich zunehmen. Wenn ich mir unsere Investments anschaue, dann wird in den nächsten 15 bis 20 Jahren das größte Wachstum in der guten alten Infrastruktur liegen. Wir werden Verkehrswege erneuern müssen, aber auch den Gesundheitssektor sowie die Bildung und Ausbildung. Die Digitalisierung wird damit automatisch mit vorangetrieben.

TiAM: Deglobalisierung und Reshoring heißt aber nicht, dass Investoren ihren Blick verengen sollten.

Fritzsche: Ganz im Gegenteil. All die Veränderungen, die hier angesprochen wurden, laufen global – das macht es so inter­essant. Nehmen Sie nur mal Vietnam, wo man heute nicht mit Entfernungen etwa zum nächsten Hafen arbeitet, sondern mit Zeithorizonten, weil die erforderlichen Straßen noch nicht da sind. Gleiches sieht man in Sri Lanka oder in Thailand, wo dann eben Mautstraßen gebaut werden. Das sind fantastische Möglichkeiten, um laufende Einnahmen zu generieren und unseren Investoren regelmäßige Ausschüttungen zukommen zu lassen. Klar findet eine Deglobalisierung statt, aber das heißt nicht, dass wir Scheuklappen anlegen und nur in Europa investieren.

TiAM: Noch sind die Dimensionen all dessen sehr vage. Nennen Sie doch mal konkrete Zahlen.

Kuhlbrodt: Nehmen wir mal den Ausbau erneuerbarer Energien als Teil von Infrastruktur. Dafür werden Metalle und Rohstoffe in Mengen benötigt, die man sich heute noch gar nicht vorstellen kann. Die Internationale Energieagentur hat berechnet, dass wir in den nächsten 20 Jahren das 42-Fache an Lithium brauchen, das 21-Fache an Graphit, das 20-Ffache an Kobalt und das Siebenfache an seltenen Erden. Mit den Minen, die im Moment in Betrieb sind oder gerade vorbereitet werden, ist das nicht zu schaffen. Diese Lücke wird natürlich zu Preissprüngen führen. Die größte Wachstumsstrategie, mit der wir uns auseinandersetzen, ist der Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft und damit verbunden die Energiewirtschaft.

TiAM: Alles, was mit regenerativen ­Energien zu tun hat, dreht sich auch um Nachhaltigkeit. Wie hängen Real Assets und ESG zusammen?

Massing: Wir sind dabei, unsere Fonds gemäß Artikel 8 zu strukturieren, und fassen für die Zukunft verstärkt Artikel 9 ins Auge. Bei erneuerbaren Energien ist das kein Problem. Sie sind das sozusagen automatisch. Bei Private Equity, Private Debt und klassischen Infrastrukturinvest­ments wird es noch etwas dauern. In diesem Kontext sind Impact Investments im Moment noch eine Beimischung, werden aber künftig fester Bestandteil von Portfolios sein. Aus diesem Grund sind diese Investments zurzeit noch eher ­etwas­ für Venture Capital als klassisches Private Equity.

Fritzsche: Infrastruktur wird niemals komplett nachhaltig und grün sein. Denn am anderen Ende – bei der Produktion von erneuerbaren Energien oder Solaranlagen – braucht man Rohstoffe wie etwa Zement, um beispielsweise ein Fundament zu bauen. Zementherstellung unter der Vorgabe der Dekarbonisierung kriegen Sie nie hin. Wir haben einen Infrastrukturfonds für Asien und Pazifik, wo auch Australien drin ist – und damit auch Minen. Solche Minen, die für erneuerbare Energien benötigt werden, werden wiederum niemals zu 100 Prozent grün und nachhaltig sein.

TiAM: Wie lösen Sie dieses Dilemma?

Fritzsche: Wichtig ist mir in dem Zusammenhang, dass es bei Infrastruktur auch um Recycling geht – und um die Frage, was man aus bereits verarbeiteten Rohstoffen wiedergewinnen und erneut einsetzen kann. Man sollte den Anlegern nichts vormachen und behaupten, man mache nur nachhaltig und lasse die Vorstufe, um dahin zu kommen, weg. Wenn Sie die weglassen, dann kommen sie nicht dahin.

Herm: Dem kann ich nur zustimmen. Hier müssen wir wirklich noch Aufklärungsarbeit leisten. Ein Immobilienfonds nach Artikel 9 funktioniert nur, wenn man komplett neu baut und auf Holztechnologie umstellt. Und auch wenn wir den Bestand nach und nach umbauen, kommen wir nur auf Artikel 8. Aber auch damit kann man Impact erzielen. Diese Diskussion müssen wir zum Anleger bringen.

TiAM: Passen die Vorgaben der Politik und die verfügbaren Daten für Real Assets?

Kuhlbrodt: Nachhaltigkeit ist für die Rohstoffbranche enorm wichtig und ein entscheidendes Merkmal bei den Positionen, die wir im Portfolio haben. Wir sind nach Artikel 8 zertifiziert, mussten aber unseren eigenen, minenspezifischen ESG-Prozess entwickeln, weil Anbieter wie Sustain­alytics oder Refinitiv die Sektoren nicht so genau abdecken können, wie wir es brauchen.

Wibbeke: Bevor ein Investor heute über Volumina diskutiert, hat er die interne Vorgabe, dass er nur noch nach Artikel 8 oder 9 investieren darf. Insbesondere Versicherer stehen unter Druck, in nachhaltige Assets zu investieren. Wir haben darauf reagiert und im September 2022 für den ersten Artikel-9-Immobilienfonds in Deutschland die Vertriebsgenehmigung der Bafin erhalten. Inkludiert waren Neubauten, aber auch Aufstockungen bei Bestandsimmobilien in Holzbauweise. Wichtig ist jetzt, dass Bestandsimmobilien eine entsprechende ökologische Entwicklung vornehmen. Hierum muss sich die Politik mit Fördermaßnahmen und die gesamte Branche mit voller Kraft kümmern, denn damit lassen sich die größten CO₂-Erfolge erzielen. Schließlich ist der Immobilien­bestand der Bereich, in dem man die größten Fortschritte erreichen kann und muss.

Kolitsch: Neben ESG spielt die generelle Regulierung von Private Assets eine immer wichtigere Rolle. Die ist im Moment im Vergleich zu den öffentlichen Märkten noch recht überschaubar und wird künftig mit großer Wahrscheinlichkeit zunehmen. Es ist und bleibt aber eine Gratwanderung. Meiner Meinung zieht mehr Regulierung mehr Kapital von einer breiteren Investorenbasis an, könnte aber andererseits dazu führen, dass bestimmte Investorengruppen auch das Interesse verlieren. Dass mehr Regulatorik kommen wird, ist meines Erachtens aber sicher.

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