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Georg von Wallwitz: „Mittlerweile ist die Inflation im gesamten System zu finden“

Dr. Georg von Wallwitz
Interview

Georg von Wallwitz von der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz über die Parallelen zwischen der Inflation in den 1920er Jahren und heute, die aktuellen wirtschaftliche Aussichten sowie die Investmentchancen mit Aktien, Anleihen und Gold.

20.12.2022 | 07:30 Uhr von «Peter Gewalt»

TiAM Fund Research: In Ihrem Buch „Die große Inflation“ schreiben Sie, dass jede Inflation ihre ganz eigene Geschichte hat. Wo sehen sie dennoch die Parallelen zwischen der heutigen Inflation und der in den 1920er Jahren?

Georg von Wallwitz: Jede Inflation hat politische Ursachen. Meistens ist der Staat zu schwach, seine Ausgaben selbst zu finanzieren. In solchen Fällen wird irgendwann Geld aus der Zentralbank geholt, was am Ende zu Inflation führt. Das war nach 1918 so, als der Staat enorme Sozialausgaben für die heimkehrenden Soldaten mit Jobs versorgen musste und enorme Ausgaben für die Versorgung von Witwen, Waisen und Invaliden hatte. Dazu kamen noch die gewaltigen Verpflichtungen Deutschlands gegenüber den Siegermächten. Auf der anderen Seite konnte man aber die Steuerbasis nicht ausweiten, weil die besitzenden Klassen es sehr gut verstanden, die junge, schwache Weimarer Republik auszutricksen. Wenn sie sich die Situation heute ansehen, ist es praktisch unmöglich, Steuern zu erhöhen - das ist politisch nicht durchzusetzen. Andererseits ist es ebenfalls politisch nicht machbar, die größten Ausgabenblöcke zu kürzen - sprich im Sozialbereich. Versuchen Sie mal die Renten zu kürzen, so eine Partei wird nie wieder gewählt und kann gleich die Insolvenz beantragen. Und dann gibt es noch den Doppelwumms, den Gasdeckel, die Aufrüstung der Bundeswehr. Das ist alles nötig und wichtig und ich gönne auch jedem Rentner seine Rente und jedem Soldaten seinen Panzer. Nur wenn es keiner zahlt, wenn es keine entsprechend höheren Steuereinnahmen gibt, dann wird dies über Schulden finanziert werden müssen, und das führt erfahrungsgemäß zu Inflationsdruck.

TiAM Fund Research: Gibt es noch andere Ähnlichkeiten zu damals?

Georg von Wallwitz: Ja, in der Weimarer Republik hat sich keiner wirklich gegen die Inflation gestellt, denn sie kam vielen Akteuren sogar zupass. Der Politik kam es zupass, weil man dadurch die Finanzen des Reiches gegenüber dem Alliierten verschleiern konnte. Den Unternehmen, weil sie durch Abwertung der Mark ihre Auslandsmärkte zurückerobern und harte Währung verdien konnten. Sie fanden das alle in Ordnung. Nicht falsch verstehen: Es hat auch kein Komitee gegeben, das beschlossen hat, wir schaffen jetzt Inflation. Aber dadurch, dass zunächst alle irgendwie damit zufrieden waren, waren die metaphorischen Schleusen geöffnet. Mir scheinen in Europa auch heute zu viele Akteure zufrieden mit ein wenig Inflation und Abwertung. Und noch eine Parallele zu heute: Damals hat das Deutsche Reich den teuren Krieg über Schulden finanziert, da es sonst kaum Einnahmenquellen hatte. Die Steuern waren Ländersache und das Deutsche Reich lebte vor dem ersten Weltkrieg praktisch nur von Zöllen. Das ist genau dasselbe wie heute in der EU.

TiAM Fund Research: Inwiefern?

Georg von Wallwitz: Die EU hat Zolleinnahmen, aber sie hat keine Steuerhoheit. Die EU nimmt ohne nennenswerte eigene Steuerbasis aber etwa 570 Milliarden Euro Schulden für den Corona-Fonds auf. Das kann am Ende gut gehen, muss es aber nicht, wie wir aus der deutschen Geschichte wissen. Und wenn die Bundesregierung sich heute überlegt, wie finanzieren wir 200 Milliarden Euro für den Gaspreisdeckel, ohne die Steuer zu erhöhen, da kommt so ein Inflationsschub natürlich nicht ganz ungelegen. Denn auf dem Bierdeckel gerechnet, liegt das deutsche BIP bei ungefähr 4000 Milliarden Euro. Wenn es keinerlei Wachstum aber zehn Prozent Inflation gibt, dann liegt das BIP im Jahr darauf schon bei 4400 Milliarden Euro. Der Staat greift nun ungefähr die Hälfte von diesem Plus durch Steuern und Sozialbeiträge ab, also sind schon 200 Milliarden Euro allein durchs Nichtstun wieder finanziert. Der Staat ist daher gegenüber der Inflation nicht superfeindlich eingestellt. Denn Inflation ist immer Umverteilung. Wenn ich die Umverteilung nicht über Steuer- und Sozialsysteme hinbekomme, dann mache ich es eben über die Inflation.

TiAM Fund Research: Der Regierung in Berlin ist es dann wohl auch nicht ganz unangenehm, dass die aktuelle Inflation größtenteils auf externe Faktoren wie dem Energiepreisschock zurückzuführen ist?

Georg von Wallwitz: Sicherlich nicht. Niemand im Finanzministerium denkt sich, jetzt machen wir mal etwas Inflation. Aber der Wille zur Inflationsbekämpfung könnte eiserner sein, indem etwa die Steuern erhöht werden oder die großen Ausgabenblöcke etwas gekürzt werden. Das würde jedoch einen eisernen Kanzler erfordern, aber den sehe ich nicht. Diese Parallele in die Vergangenheit kann man durchaus ziehen. Das war eine meiner Erkenntnisse für mich beim Schreiben dieses Buches: Inflation hat sehr oft politische Ursachen. So war es auch nach der Französischen Revolution und so war es in den 70er Jahren in den USA. Damals wurden in den Vereinigten Staaten gleichzeitig große Ausgaben für den Vietnamkrieg sowie für die Einführung der großen Sozialprogramme wie Medicare und Medicaid fällig. Das Geld hat die Regierung aber nicht gehabt. Sie hätte mit dem Krieg aufhören müssen, was bekanntlich eine sehr zähe Geschichte ist und erst viel zu spät kam. Und Sozialprogramme zurückschneiden ist ja auch nicht ganz einfach.

TiAM Fund Research: Wo sehen sie die größten Unterschiede zwischen der aktuellen und der damaligen Inflationssituation?

Georg von Wallwitz: Große Unterschiede gibt es beim Grad der Verschuldung, da sind wir heute ja noch lange nicht so weit wie damals. Allein die Forderungen aus dem Versailler Vertrag lagen nach dem ersten Weltkrieg bei etwa 230 Prozent der damaligen deutschen Wirtschaftsleistung. Die deutsche Wirtschaft ist heute zudem sehr viel leistungsfähiger. Damals gab es einen Umbruch von der Kriegswirtschaft hin zur Friedenswirtschaft. Da waren viele Unternehmen im Investitionsmodus und konnten keine hohen Steuern zahlen. Heute ist zudem die Steuerbasis viel breiter und die gesamte Finanzverwaltung funktioniert besser. Sie weiß alles über die Steuerzahler und verfügt über einen durchaus klaren Blick, wo sie das Geld im Notfall holen könnte. So hat der Staat, anders als damals, die Möglichkeit auch auf das Vermögen der Bürger durchzugreifen.

TiAM Fund Research: Sie beschreiben in Ihrem Buch auch das mangelnde Inflationsbewusstsein in den 1920erJahren.

Georg von Wallwitz: Unser Verständnis von der Funktionsweise von Geld ist heute auf einem ganz anderen Niveau. Eine der schöneren Anekdoten aus dem Buch ist, dass im Brockhaus von 1910 das Stichwort Inflation nicht einmal enthalten war. Die Leute sind bildlich gesprochen von einem Bus überfahren worden, von dem sie gar nicht wussten, dass es ihn gab. Damals haben die Menschen nicht Ausschau gehalten nach Inflation, heute machte es jeder Deutsche schon beim Aufstehen. Insofern sind wir heute wesentlich besser vorbereitet. Und so gesehen ist die Inflation, die wir heute erleben, sicherlich übel. Aber in der alten Terminologie wäre es eine trabende Inflation, noch keine galoppierende Inflation und in gar keinem Fall eine Hyperinflation. Dahin kommen wir auch nicht, dafür sind die Bedingungen nicht gegeben.

TiAM Fund Research: Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Teuerung?

Georg von Wallwitz: Um wieder auf das Zwei-Prozent-Inflationsziel zu kommen, brauchen wir eine kräftige Rezession. Denn mittlerweile ist die Inflation im gesamten System zu finden. Wenn jetzt ein Arbeitgeber kommt und wie früher 1,5 Prozent Lohnerhöhung bietet, wird er sein Personal kaum halten können. Dazu steigen die Mieten, die Lebensmittel werden teurer und so weiter. Diese Dynamik ist ohne eine echte Rezession mit all ihren schwerwiegenden negativen Folgen wie einer hohen Arbeitslosigkeit kaum zu beenden.

TiAM Fund Research: Welche Lösung sehen Sie dann?

Georg von Wallwitz: Der wahrscheinlichste Weg ist, dass wir uns künftig mit einer höheren Inflation anfreunden müssen, die vielleicht bei vier Prozent liegen wird. Das erspart uns allen eine Menge Rezessionsschmerzen und es hilft bei den gewaltigen Ausgaben die Verteilung der Lasten so zu gestalten, dass die Bevölkerung nicht auf die Barrikaden geht. Denn diese Teuerung wäre ja eine Art Naturgewalt, an der die Regierung nichts ändern kann. Ich würde auch davon ausgehen, dass wir Inflationsraten von zehn Prozent nächstes Jahr nicht mehr sehen werden, das ist allein aufgrund der Basiseffekte scher möglich. Dass der Gaspreis sich noch mal verfünffacht, ist eher unwahrscheinlich. Aber ich glaube auch nicht, dass wir auf die nächsten fünf Jahre wieder auf eine Teuerungsrate von zwei Prozent runterkommen. Man wird sich damit irgendwie arrangieren. Ob die Zentralbank dann offiziell sagt, okay wir verabschieden uns vom Zwei-Prozent-Ziel und wir machen ein neues Vier-Prozent-Ziel, das glaube ich allerdings auch nicht. Da wird es erst einmal Ausreden geben wie „Wir waren ja lange unter der zwei Prozent Inflation, daher ist eine etwas höhere Teuerungsrate eine Zeitlang zu akzeptieren“.

TiAM Fund Research: Wie wirkt sich das veränderte inflationären Umfeld auf die Investmentwelt aus?

Georg von Wallwitz: Was wieder funktionieren könnte, ist das klassische 60/40-Depot mit 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen. Jahrelang gab es den Trend, dass viele Mischfonds zu Aktienfonds mit etwas Cash und Gold mutiert sind. Jetzt sind wir in der Situation, dass Anleihen wieder Sinn machen. Es gibt zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder US-Staatsanleihen mit sieben Jahren Laufzeit und vier Prozent Rendite per anno. Dies Papiere haben wir bei Eyb & Wallwitz uns als Sicherheitskomponente ins Portfolio gelegt. Denn Anleihen können jetzt durchaus Schwankungen abpuffern, wenn die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen wieder negativ wird.

TiAM Fund Research: Wie beurteilen Sie das wirtschaftliche Umfeld?

Georg von Wallwitz: Die Rentenmärkte deuten angesichts einer brutal invertierten Zinskurve ganz eindeutig auf eine Rezession. Sie preisen das mit absoluter Sicherheit ein. Wir werden eine wie auch immer geartete Rezession erleben, aber wie wird sie aussehen? Da sind viele Begriffe im Gespräch wie das „Soft Landing“ oder das „Softish Landing". Schön ist auch die „Rolling Recession“, bei der verschiedene Sektoren zu verschiedenen Zeiten in der Rezession sind. Die Aktienmärkte sind von der Rezession noch nicht so ganz überzeugt.

TiAM Fund Research: Welche Folgen hat dies auf der Aktienseite?

Georg von Wallwitz: Es gibt einen weitergehenden Prozess, die alten Favoriten wie die FANG-Aktien zu verkaufen. Gerade weil kein Fondsmanager zum Jahresende diese Verliererwerte in seinem Portfolio zeigen möchte. Dieser Abverkauf dürfte dann aber bald durch sein und einige Tech-Sektoren sind tatsächlich seit dem Sommer nicht mehr gefallen. Das entscheidende Thema ist die Bewertung: Was zu hoch bewertet war, kommt weiter runter. Zinsen wirken wie die Schwerkraft in der Wirtschaft. Als es keine Schwerkraft gab, konnte man halt einfach auch alles finanzieren. Jede unprofitable Firma hat sich einfach Geld geliehen und konnte ihr Geschäft weiter betreiben. Nun hat Geld wieder einen Preis und die Unternehmen müssen sich immer mehr anstrengen um bestehen zu bleiben. Nicht alle Kreaturen, die bislang sorgenfrei waren, können unter der Bedingung der Schwerkraft überleben. Und so lange nicht klar ist, wie die Rezession ausfällt, meiden wir also hoch bewertete Aktien. Das De-Rating geht daher erst einmal noch eine Weile weiter, auch durch das 1. Quartal 2023. Weniger gefährdet sind all die Unternehmen, die eine saubere Bilanz habenund ein Geschäftsmodell haben, von dem man weiß, dass es auch in der Rezession funktioniert.

TiAM Fund Research: Welche Branchen sehen sie positiv?

Georg von Wallwitz: Man hat natürlich gerne Unternehmen, die unter den Bedingungen einer Inflation gut funktionieren. Dazu zählen etwa Healthcare-Werte, da Medikamente immer gebraucht werden. Aber auch Handelsunternehmen zählen dazu, die die Waren zwar teurer einkaufen, dann aber noch teurer verkaufen. Sollten sie ihre Ware nicht mehr zum teureren Preis verkaufen können, dann ordern sie einfach nicht mehr und gehen so dem Inflationsproblem aus dem Weg. Wir haben mit JPMorgen wieder eine Bank im Portfolio, die von den höheren Zinsen profitiert und derzeit recht gut verdient – anders als die reinen Investment-Banken, die eine kolossale Flaute erleben. Und es gibt auch Profiteure mit Preissetzungsmacht wie etwa Luxusunternehmen. In unserer Nachbarschaft in der Maximilianstraße in München laufen die Geschäfte von Louis Vuitton zum Beispiel weiter prächtig.

TiAM Fund Research: Im Phaidros Funds Balanced-Portfolio befindet sich auch Gold. Ist das Edelmetall als Inflationsschutz gedacht?

Georg von Wallwitz: Wir haben den Goldanteil kürzlich von sechs auf zwei Prozent reduziert. Das frei gewordenen Kapital haben wir in US-Treasuries getauscht. Gold ist ein guter Schutz gegen Krisen aller Art wie Krieg oder Pandemie. Gold funktioniert als Inflationsschutz aber nur sehr langfristig. So hat es auch in diesem Jahr nicht funktioniert, weil es heute wieder interessanter ist, in sichere Staatsanleihen zu investieren. Jetzt gibt es wieder Opportunitätskosten, wenn man in Gold investiert, das keine Zinsen abwirft.

TiAM Fund Research: Schaffen es Anleger in diesem Umfeld, real Gewinne zu erwirtschaften?

Georg von Wallwitz: Ganz ohne Risiken wird es nicht gehen, das war aber schon immer so. Die letzten zehn Jahre haben die Märkte real, also über die Inflationsrate hinaus, immer fünf, sechs oder sieben Prozent abgeworfen. Diese enormen Realrenditen waren historisch gesehen aber die Ausnahme. Ich denke, dass wir durch die ganzen Krisen - so absurd es uns erscheinen mag - wieder in einen Normalzustand im Bezug auf Zinsen und Inflation kommen. Geld hat endlich wieder einen Preis. Ich würde mich daher darauf einstellen, dass es in Zukunft je nach Risikoneigung renditetechnisch dahin zurückgeht, wo man in den 1980er Jahren war. Da waren zwei Prozent Rendite nach Inflation die Norm. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Staats- und Unternehmensanleihen haben wieder einen Platz im Portfolio, wodurch die Ausschläge im Portfolio gedämpft werden. Soll heißen: In einem gemischten Portfolio gibt es zwar geringere Realrenditen, aber im Gegenzug auch eine niedrigere Volatilität.


Zu Dr. Georg von Wallwitz
Dr. Georg von Wallwitz ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Eyb & Wallwitz. Im aktiven Fondsmanagement verantwortet er vorrangig die Alpha-Strategie. Zu den vorherigen Stationen zählen die DWS und die Privatbank Hauck & Aufhäuser.

Dr. Georg von Wallwitz hat Mathematik und Philosophie studiert. Als leidenschaftlicher Publizist kommentiert er in seinen Büchern und Publikationen das Wirtschafts- und Finanzgeschehen mit Sachverstand und einer Prise philosophischen Humors.

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