Natixis: Energieschub für den Green Bonds-Markt

Nachfolgend erläutert der Green Bond-Spezialist Christopher Wigley, Portfoliomanager bei der auf nachhaltige Investments spezialisierten Anlagegesellschaft Mirova, warum immer mehr Unternehmen und Regierungen grüne Bonds ausgeben, welche Felder am stärksten wachsen und was genau eine Anleihe zu einem Green Bond macht.

03.04.2017 | 10:46 Uhr

Ein Vorwort von Jörg Knaf, Executive Managing Director, DACH CountriesNatixis Global Asset Management

„Mit dem Diesel-Skandal müsste man glauben, dass Anleger ESG-Kriterien mittlerweile konsequent in ihren Investment-Prozess einbinden. Leider hat unsere aktuelle Umfrage unter institutionellen  Anlegern gezeigt: Egal in welcher Assetklasse, ob Aktien, Renten,  Rohstoffe oder Alternative Werte, mehrheitlich werden ESG-Kriterien noch unterschätzt. Und das, obwohl die Anwendung von ESG-Kriterien positiv zur Diversifikation beiträgt. Hier cgibt es noch viel Nachholbedarf bei Investoren.“
Christopher Wigley Portfolio Manager Miroval

Zunächst  einmal: Was ist der Unterschied zwischen einem Green Bond und einer normalenAnleihe?

Green Bonds sind strukturiert wie herkömmliche Anleihen. Sie werden gegenüber Staatsanleihen mit einem Aufschlag (Spread) gehandelt, während die Liquidität identisch  ist. Das Besondere an einem Green Bond ist, dass damit ökologische Projekte finanziert werden, etwa in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Wasserwirtschaft. Außerdem verpflichtet sich der Emittent, regelmäßig – meist jährlich – über die Umweltleistungen dieser Projekte zu berichten. Die Zielsetzung ist bei einem Green Bond also nicht nur finanzieller, sondern auch ökologischer Natur.

Wie ist dieser neue Markt entstanden?

Der erste Green Bond wurde 2007 von der Europäischen Investitionsbank ausgegeben. In den ersten Jahren waren die Emittenten ausschließlich  große multinationale  Entwicklungsbanken, wie eben die Europäische Investitionsbank oder die Weltbank. Doch ab 2012 kam es im Zuge der weltweiten Finanzkrise zu einem exponentiellen Wachstum. Denn die Emittenten  wollten ihre Anlegerbasis diversifizieren. Seither wächst der Green Bond-Markt jedes Jahr deutlich, abzulesen am stetig steigenden Emissionsvolumen. Auch 2016 war ein starkes Jahr, mit einem Volumen für Neuemissionen von über 49 Mrd. US-Dollar. Der Gesamtmarkt hat mittlerweile ein Volumen von 112 Mrd. US-Dollar erreicht.

Eine weitere interessante Entwicklung besteht darin, dass nicht mehr nur multinationale Entwicklungsbanken, sondern auch Unternehmen Green Bonds ausgeben. Und obwohl alle Bereiche  wachsen, übertrifft der Corporate-Bereich – mit einem Anteil von etwa  28%  am Volumen aller Neuemissionen – die anderen Bereiche inzwischen deutlich.

Insbesondere die Versorger möchten sich zu nachhaltigen Unternehmen entwickeln und ihre Abhängigkeit von fossilen  Brennstoffen reduzieren. Deshalb setzen sie verstärkt auf erneuerbare Energien. Auf dieser Grundlage haben in Europa zuletzt Versorger aus Spanien, Österreich, Italien und den Niederlanden neue Green Bonds ausgegeben. In den USA ist ein ähnlicher Trend zu beobachten. So hat etwa der Stromversorger Southern Power, der dabei ist, sich zu einem der größten Anbieter von erneuerbarer Energie zu entwickeln, im November 2016 einen Green Bond mit einem Volumen von 900 Mio. US-Dollar aufgelegt – den siebten Green Bond des Unternehmens insgesamt.

Weshalb das Wachstum im Vorjahr 2016 besonders stark war

Ein wesentlicher Grund für den starken Anstieg bei den Neuemissionen 2016 waren sicherlich die Impulse durch das Pariser Klimaabkommen. Über 100 Länder, darunter mit China, den USA und Indien die drei größten Verursacher von Treibhausgasemissionen, haben sich auf das Ziel geeinigt, die globale Erwärmung  auf 2°C gegenüber  vorindustriellen Werten zu begrenzen. Damit verbunden sind umfassende politische Zusagen durch die Regierungen.

Die Europäische Union verpflichtet sich, ihre CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 40% zu reduzieren, während die USA eine Reduzierung um 26 bis 28% bis zum Jahr 2025 zugesagt haben. Natürlich sind dies im Moment erst einmal Ankündigungen.

Doch die dahinterstehenden Bemühungen werden jetzt als notwendig anerkannt und von Bürgern, Regierungen und Unternehmen akzeptiert. 

Woher wird in Zukunft das größte Wachstum kommen?

Wir befinden uns, wie schon erwähnt, mitten in einem Wandel, weil viele Unternehmen nachhaltiger werden wollen.

Viel Aufmerksamkeit rief Apple 2016 hervor, als das nach der Marktkapitalisierung größteUnternehmen der Welt eine grüne Anleihe mit einem Volumen von 1,5 Mrd. US-Dollar platzierte– den bislang größten von einem US-Unternehmen platzierten Green Bond. Das Geld soll für fünf nachhaltige Zwecke verwendet werden, etwa für Projekte, die den Einsatz erneuerbarer Energien, die Energieeffizienz und die nachhaltige Wassernutzung in den Werken des Unternehmens fördern. Außerdem sollen nachhaltige Materialien und das Recycling von Smartphones erforscht werden.

Dass die Energiewende im Fokus steht, ist meiner Ansicht nach sinnvoll, weil in dieser schnelllebigen Welt ein Unternehmen, das sich nicht an die neuen Paradigmen anpasst, binnen Kurzem den Anschluss verlieren kann. Während Green Bonds bislang hauptsächlich für Energieeffizienz- und Verkehrsprojekte  eingesetzt wurden, werden in Zukunft vermehrt Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel eine Rolle spielen.

Welche Rolle spielen die USA im weltweiten Vergleich auf dem Green Bond-Markt?

Hier müssen wir uns die Zahlen anschauen. Anleihen in US-Dollar machen 40% des weltweiten Green Bond-Marktes aus.2  Die USA sind also ein sehr wichtiger Teil dieses globalen Marktes, und meiner Ansicht nach ist hier das Potenzial momentan am größten. Ich sehe für US- Unternehmen, die dem Beispiel von Apple folgen und Green Bonds begeben, ein enormes Potenzial.

Auch die Schwellenländer haben sich vom Green Bond-Fieber anstecken lassen. Chinesische Banken haben bereits grüne Anleihen in Yuan und US-Dollar platziert. Inzwischen sehen wir auch erste Emissionen aus Indien. In Mexiko hat die Börse im März 2016 eine Konferenz zum Thema Green Bonds veranstaltet, die bei Anlegern wie bei Unternehmen auf unerwartet große Resonanz  stieß. In Brasilien  hat der nationale  Bankenverband  Richtlinien  für die Platzierung von Green Bonds durch Unternehmen entwickelt.

Sind die Laufzeiten ähnlich wie bei herkömmlichen Bonds?

Anfangs waren die Laufzeiten eher kurz. Doch in dem Maße, wie die Anleger Vertrauen in dieseArt  von  Anleihen  gewinnen, werden die Laufzeiten länger. Kürzlich  begab  die  Europäische Investitionsbank einen Green Bond  mit der Rekordlaufzeit  von 21 Jahren.  Kurz  zuvor, Mitte 2016, hatte der niederländische Versorger TenneT eine 20-jährige grüne Anleihe platziert.

Woher wissen die Anleger, dass eine Anleihe wirklich „grün“ ist?

Führende Akteure der Branche haben in Form der „Green Bond Principles“ Richtlinien eine Checkliste für die  Emission von Green Bonds geschaffen. Diese  Checkliste definiert die wichtigsten Phasen für einen Green Bond-Emittenten und kann Anlegern helfen, die Umweltleistung ihrer Investitionen zu bewerten. Das GBP-Konsortium hat ungefähr 120 Mitglieder, darunter Banken, Emittenten und Anleger. Die Mitglieder versuchen, die Standards von Jahr zu Jahr zu stärken, ohne sie zu restriktiv zu machen, damit der Markt wachsen kann.

Die „freiwilligen Verfahrensrichtlinien für die Emission von Green Bonds“ umfassen folgende Punkte: Verwendung der Erlöse, Prozess für die Projektbewertung und -auswahl, Management der Erlöse und Reporting. Ein Mangel an Transparenz kann dazu führen, dass eine Anleihe aus dem nachhaltigen Anlageuniversum herausfällt.

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