Metzler: Aktienmarktkorrektur signalisiert keine Rezession

Aktienmarkt

Die Konjunkturdaten haben sich seit Jahresanfang abgeschwächt, und die Aktienmärkte durchlaufen derzeit eine Korrektur – auf den ersten Blick ein enger Zusammenhang. Die Wirtschaftsdaten aus den USA signalisieren allerdings, dass die Unternehmensgewinne weltweit steigen werden, so Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management

15.10.2018 | 14:04 Uhr

Die Entwicklung der Aktienkurse lässt sich in zwei Einflussfaktoren zerlegen: Unternehmensgewinne und Bewertung. Mathematisch gilt demnach: Aktienkurs = Unternehmensgewinn * Kurs-Gewinn-Verhältnis. Das heißt, fallende Aktienkurse können durch fallende Unternehmensgewinne und/oder eine fallende Bewertung bedingt sein. Die Zerlegung ist insofern hilfreich, als die Entwicklung der Unternehmensgewinne anhand von Konjunkturdaten gut erklärt werden kann, während die Entwicklung der Bewertung dagegen abhängig von der Inflations- und Zinsentwicklung ist. Interessanterweise sind die Zusammenhänge mit den Fundamentaldaten sowohl für die Unternehmensgewinne als auch für die Bewertung seit den 1970er-Jahren bis heute für die Aktienmärkte in Europa, USA und Japan erstaunlich stabil. 

Die Konjunkturdaten weltweit schwächen sich zwar schon seit Jahresanfang kontinuierlich ab, sie sind aber immer noch solide, und es gibt derzeit keine Anzeichen für eine bevorstehende Rezession. In den USA dürfte der vielfach beachtete Frühindikator des Conference Boards (Donnerstag) im September sogar um 0,5 % zum Vormonat gestiegen sein – nach einem Anstieg von 0,4 % im August. Auch stehen die Geschäftsklimaindizes wie der Empire State Index (Montag) und der Philadelphia Fed Index (Donnerstag) im Einklang mit einem soliden Wachstum der US-Wirtschaft. Darüber hinaus werden noch die Einzelhandelsumsätze (Montag) und die Industrieproduktion (Donnerstag) veröffentlicht.

Dementsprechend ist in den kommenden Quartalen mit steigenden Unternehmensgewinnen weltweit zu rechnen, da die US-Wirtschaft erfahrungsgemäß der Konjunkturmotor der Weltwirtschaft ist. Allenfalls signalisieren die zuletzt schwachen Daten vom US-Immobilien-markt wie NAHB-Index (Dienstag), Wohnungsbaubeginne und -genehmigungen (Mittwoch) sowie Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Freitag) eine mögliche mittelfristige Konjunkturschwäche der US-Wirtschaft ab Herbst 2019.

Die Korrektur an den Aktienmärkten ist daher Folge einer merklich fallenden Bewertung. Die weltweit steigenden Löhne und tendenziell steigenden Inflationsraten sowie die wieder anziehenden Zinsen dürften daher maßgeblich für die Korrektur verantwortlich sein. Tendenziell steigende Inflationsraten sind sogar in Japan (Freitag) zu beobachten. Im vierten Quartal dürfte der Lohn- und Inflationsdruck wahrscheinlich kaum nachlassen, und die wichtigsten Zentralbanken dürften an ihrer Zinspolitik festhalten. Es wird daher vermutlich
ein schwieriges Quartal für die internationalen Aktien-märkte.

Unsere ersten Schätzungen zeigen jedoch, dass schon ab dem ersten Quartal 2019 das Gewinnwachstum wieder zum dominierenden Einflussfaktor für die internationalen Aktienmärkte werden könnte. Es darf dabei jedoch nicht vergessen werden, dass zwar die Konjunktur die Finanzmärkte beeinflusst, aber auch der umgekehrte Zusammenhang gilt – dass nämlich eine merkliche Korrektur an den internationalen Aktienmärkten die Konjunktur beeinflussen kann. Wir bleiben daher wachsam, was etwaige Konjunkturrisiken angeht.

China: Ordentliches Wachstum

Traditionell veröffentlicht China als erste große Volkswirtschaft die Daten zum Wirtschaftswachstum (Freitag) des vergangenen Quartals. Das Wachstum dürfte noch bei 6,6 % gelegen haben – unter anderem auch, weil chinesische Unternehmen noch vor dem Inkrafttreten der Strafzölle ihre Ausfuhren in die USA merklich erhöht haben. In den kommenden Monaten dürfte sich jedoch der temporäre Exportschub umkehren und zu einem merklich schwächeren Wachstum beitragen. Im vierten Quartal ist durchaus ein Wachstum von „nur“ noch 6 % oder weniger möglich. Erste Anzeichen dafür dürften von der Industrieproduktion (Freitag) und den Einzelhandelsumsätzen (Freitag) kommen. Damit würde auch China zunehmend zu der abnehmenden globalen Wachstumsdynamik beitragen – bei gleichzeitig steigenden Inflationsraten (Dienstag). Die chinesische Regierung beschloss jedoch im Jahresverlauf 2018 antizyklische wirtschaftspolitische Maßnahmen, um einen größeren Wachstumseinbruch zu verhindern. Die globale Wachstumsdynamik wird sich damit im Jahr 2019 voraussichtlich weiter abschwächen. Das Wachstumsniveau wird jedoch immer noch solide sein und zu einem weiteren Rückgang der globalen Arbeitslosenquote beitragen.


Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht

Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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