
Die Aktienportfoliomanager von AB beantworten Fragen zum KI-getriebenen Boom bei Technologieaktien und an den Aktienmärkten.
10.11.2025 | 07:25 Uhr
Technologiewerte profitieren weiterhin von der Begeisterung über das transformative Potenzial der künstlichen Intelligenz (KI). Viele Anleger sind jedoch besorgt, dass die Aktienkurse und -bewertungen allzu überzogene Gewinnerwartungen widerspiegeln könnten. Wir haben mehrere AB-Aktienportfoliomanager gebeten, uns ihre Gedanken und Anlageperspektiven zur Nachhaltigkeit der KI-getriebenen Begeisterung mitzuteilen.
Lei Qiu, Chief Investment Officer – Thematic Innovation Equities: Ich denke, es ist wahrscheinlich zu einfach, die gesamte KI-Revolution als Blase zu bezeichnen. Historisch gesehen neigen wir oft dazu, die langfristigen Auswirkungen transformativer Veränderungen zu unterschätzen, während wir kurzfristige Entwicklungen zu optimistisch bewerten. Disruptive Veränderungen treten meist plötzlich und drastisch auf, doch Anleger erwarten in der Regel, dass sich Veränderungen in einem stetigen, linearen Verlauf vollziehen. Diese Diskrepanz kann heftige Schwankungen in der Marktstimmung und bei Aktienkursen auslösen. Wenn es zu einer Fehlbewertung von Unternehmen mit stark fremdfinanzierten Geschäftsmodellen kommt, werden „Blasen“ platzen.
Die Internetblase platzte, weil damals nur wenige Geschäftsmodelle
monetarisiert werden konnten. Als die stark fremdfinanzierten
Netzwerkunternehmen scheiterten, gab es noch kein Streaming, keine
sozialen Medien und keine mobilen Apps. Mit den ursprünglichen
Infrastrukturinvestitionen – von Unterseekabeln bis hin zu
Glasfasernetzen – wurde jedoch eine viel zu geringe Kapazität
geschaffen, um die Anzahl der Nutzer und das heutige Datenvolumen zu
bewältigen. Ich denke, Anleger sollten sich diese historischen Lehren
vor Augen halten, wenn sie heute über KI nachdenken.
Schließlich sollten wir auch anerkennen, dass es bei einem so knappen
Angebot an Komponenten und Stromversorgung zu überhöhten Preisen und
Doppelbestellungen kommen wird. Langfristig stellt sich die
entscheidende Frage, welche Unternehmen ihre Preissetzungsmacht aufrechterhalten
und Gewinne erzielen können. Irgendwann wird es nicht mehr so sein,
dass „die steigende Flut alle Boote hebt“, nur weil ein Unternehmen das
Wort KI erwähnt. Kurz gesagt: Einige Unternehmen sind echte KI-Gewinner
und verdienen ihre Marktkapitalisierung, viele andere jedoch nicht.
Daher ist dies ein guter Zeitpunkt, ein aktiver Anleger zu sein.
John Fogarty, Co-Chief Investment Officer – US Growth Equities:
Die KI-Story dominierte die Erholung der US-Aktienmärkte in den Jahren
2023–24 nach dem Rückgang im Jahr 2022, insbesondere bei den
Technologieriesen. KI dominiert auch im Jahr 2025 weiterhin die
Wertentwicklung der Aktienmärkte. Über NVIDIA hinaus wurden weitere
Infrastrukturanbieter durch die steigenden Ausgaben für den Ausbau von
Rechenzentren angeregt und belohnt. Das ist jedoch mehr als nur ein
Hype, denn die Enge des Marktes lässt sich teilweise durch den
erheblichen Beitrag dieses Investitionszyklus zum BIP erklären. Doch die
Frage, ob sich diese Trends aufrechterhalten lassen, bleibt
entscheidend.
Die weiterhin exponentiell steigende Investitionsbereitschaft beruht auf
zwei zentralen Annahmen: 1) Das KI-Training wird mit zunehmender
Rechenleistung weiter skalieren, um künstliche allgemeine Intelligenz
(Artificial General Intelligence, AGI) zu erreichen. 2) Die KI-Inferenz
wird ausreichende Einnahmen generieren, um den Kapitalaufbau in den
kommenden Jahren zu stützen. Wird eine dieser Annahmen infrage gestellt
oder auch nur abgeschwächt, könnte dies zu einer „Blasenbildung“ und
anschließenden Korrektur an den Aktienmärkten führen. Das wiederum
könnte angesichts der Fragilität der Marktkonzentration, die sich rund
um die KI-Story gebildet hat, einen negativen Vermögenseffekt auslösen.
Jim Tierney, Chief Investment Officer – Concentrated US Growth:
Ich stimme John zu, was die Anfälligkeit des Marktes betrifft. Denken
Sie an die jüngste Ankündigung, dass NVIDIA 100 Milliarden US-Dollar an
OpenAI – einen Großkunden – geben will, damit OpenAI mehr
Grafikprozessoren (GPUs) kaufen kann. Dieses zirkuläre Geschäft wirft
große Fragen auf. Es erinnert mich an Pets.com und die Internetblase der
späten 1990er-Jahre. Hier ist OpenAI der große Geldgeber, obwohl das
Unternehmen seit Jahren einen negativen freien Cashflow aufweist. Das
Risiko besteht also darin, dass, falls der Markt die Finanzierung
entzieht, der Investitionsrausch im Bereich KI schnell abkühlen könnte.
Alles, was mit dem KI-Sektor zu tun hat, basiert auf der Annahme, dass
die Investitionsausgaben über Jahre hinweg weiter steigen werden. Aber
dieses Szenario kann aus vielen Richtungen gestört werden, z. B. durch
energieeffizientere Chips, geringere inkrementelle Modellzuwächse,
Energiebeschränkungen, Grenzen für KI-Produktivitätssteigerungen und
Überkapazitäten. Wir sind der Ansicht, dass es im Bereich KI derzeit
keine einfachen Gewinne oder risikofreien Chancen gibt.
Thorsten Winkelmann, Chief Investment Officer – European and Global Growth Equities:
Meiner Meinung nach gibt es einige Unterschiede zu früheren Blasen wie
der Dotcom-Blase. Alle großen börsennotierten US-, europäischen und
asiatischen Unternehmen, die an der KI-Story beteiligt sind (denken Sie
an NVIDIA, Microsoft, Meta Platforms, ServiceNow, ASML, Applied
Materials und Taiwan Semiconductor Manufacturing), sind profitabel,
werden zu nachvollziehbaren Bewertungen gehandelt (vielleicht mit
Ausnahme von NVIDIA) und erzielen derzeit eine positive Rendite auf ihre
KI-Investitionen.
Der Blasenfaktor ist eher für einige wichtige nicht börsennotierte
KI-Unternehmen relevant (OpenAI, Anthropic, Thinking Machines Lab, Z.ai
usw.), deren Bewertungen meiner Meinung nach absurd erscheinen. Das
Problem besteht darin, wie Jim oben bereits ausgeführt hat, dass diese
Unternehmen ihre Ausgaben für KI-Infrastruktur massiv ausweiten, was man
als zirkulär bezeichnen kann, wenn diese Ausgaben vom Anbieter selbst
finanziert werden. Das treibt die Auftragsbücher und Umsatzerwartungen
der oben genannten börsennotierten Unternehmen in die Höhe.
Es scheint, als befänden wir uns in einem überhitzten Marktumfeld, doch
ich würde argumentieren, dass die Überbewertung geringer ist als in der
Dotcom-Ära.
Kent Hargis, Chief Investment Officer – Strategic Core Equities:
Ich denke, wir befinden uns wahrscheinlich noch in den frühen Phasen
einer Blase. Wir erleben derzeit eine massive Kursrallye von
KI-Profiteuren am Markt, die sowohl von qualitativ hochwertigen
Mega-Caps als auch von spekulativen, minderwertigen Aktien getrieben
wird. Zudem sehen wir enorme Kapitalzuflüsse in private Unternehmen
(OpenAI mit einer Bewertung von 500 Milliarden US-Dollar; xAI und
Anthropic jeweils mit Bewertungen im Bereich von 150–200 Milliarden
US-Dollar). Diese erste Investitionsphase des KI-Infrastrukturbooms
wurde größtenteils von Hyperskalierern finanziert, die über starke
Cashflows und Bilanzen verfügen, welche enorme Kapitalausgaben tragen
können. Die nächste Phase wird jedoch zunehmend von weniger stabilen
Quellen angetrieben – darunter fremdfinanzierte Expansion, überhöhte
Bewertungen privater Unternehmen, zirkuläre Finanzierungsstrukturen und
riskante Privatkreditmodelle. Diese Dynamik befeuert spekulative Exzesse
und verstärkt systemische Risiken, da Kapital weniger diszipliniert und
stärker renditegetrieben eingesetzt wird. KI ist eine transformative
Technologie, doch nach unseren Prognosen dürften die
Investitionsausgaben für Technologie die Niveaus übersteigen, die
bislang nur während des Dotcom-Booms erreicht wurden. Diese und andere
deutliche Warnsignale deuten darauf hin, dass, auch wenn der Zeitpunkt
ungewiss ist, eine Korrektur irgendwann wahrscheinlich erscheint.
John: KI hat die Computerprogrammierung verändert und die digitale Werbeanalyse von maschinellem Lernen auf ein neues Niveau gehoben. Darüber hinaus gibt es mehr Hoffnungen als eindeutige kommerzielle Erfolge, die bestimmte ROI-getriebene Anwendungen vorantreiben. Als aktive Manager, insbesondere angesichts unserer positiven Einschätzung dieses neuen Rechenparadigmas, freuen wir uns darauf, erfolgreiche KI-Anwendungen zu identifizieren, die die Produktivität verbessern und eine nachhaltige Profitabilität ermöglichen. Diese Erfolgsgeschichten verliefen jedoch nicht linear, was auf eine langsamere Einführung oder die Notwendigkeit schrittweiser Modellverbesserungen hinweisen könnte. Während die Uhr tickt, belohnt der Markt weiterhin die Absicht zu KI-Investitionen, statt die tatsächliche Einführung von KI-Anwendungen.
Jim: Um weiteres Aufwärtspotenzial im Bereich KI zu
erkennen, müssen Anleger das Wachstum der Investitionsausgaben im Jahr
2026, neue Umsatzmodelle sowie konkrete Kosten-Nutzen-Erfahrungen aus
den Managementberichten betrachten.
Lei: Ich würde argumentieren, dass der
„DeepSeek“-Moment Anfang 2025 einen Wendepunkt in der Einführung der
KI-Inferenz markierte und wir nun eine beschleunigte KI-Produktion
erleben. Was NVIDIA mit OpenAI macht, bedeutet im Grunde, einen
Disruptor zu finanzieren, der die Dominanz der sehr gut kapitalisierten
Technologiegiganten in ihren jeweiligen Märkten herausfordert, was
wiederum ein schnelleres Tempo bei der Einführung von beschleunigtem
Rechnen erzwingt.
Kent: Die zugrunde liegende Technologie muss sich
weiterentwickeln, um die zunehmende Intensität der KI-bezogenen
Investitionsausgaben zu rechtfertigen. Große Sprachmodelle haben sich in
bemerkenswertem Tempo verbessert, hauptsächlich durch die Skalierung
der Rechenleistung während des Trainings. In jüngerer Zeit haben sich
insbesondere Nachtrainingsverfahren und sogenannte Reasoning-Modelle als
vielversprechend erwiesen. Langfristig werden nachhaltige Erträge
jedoch eine breitere Einführung von KI in Anwendungsbereichen erfordern,
die menschliche Arbeit in bedeutendem Umfang ersetzen. Wir sehen
bereits erste Fortschritte in Bereichen wie Programmierung,
Schreibunterstützung, Inhaltserstellung und Kundenservice. Wir verfolgen
diese Entwicklungen genau als Frühindikatoren für einen potenziellen
Return on Investment auf das umfangreich eingesetzte Kapital. Sollte
sich das Innovationstempo verlangsamen, wird der KI-Handel unweigerlich
eine Korrektur erfahren.
Derzeit befindet sich der Markt in einem KI-„FOMO-Wettrüsten“, was durch
Aussagen von Mark Zuckerberg und anderen führenden Technologie-Managern
veranschaulicht wird, dass die Kosten einer Unterinvestition höher
seien als die einer Überinvestition. Um sich in diesem Umfeld
zurechtzufinden, haben wir branchenspezifische Modelle entwickelt, um zu
bewerten, wie Unternehmen entlang des Spektrums „KI-Gewinner versus
KI-Verlierer“ positioniert sind. Auch wenn das Timing von Zyklen
naturgemäß schwierig bleibt, sind wir überzeugt, dass ein fundamentaler
Ansatz, der sich auf die Identifizierung echter KI-Gewinner
konzentriert, erhebliches Alpha-Potenzial bietet.
Kent: In jeder Blase übertreffen spekulative und
qualitativ schwächere Unternehmen kurzfristig häufig den Markt. Doch da
sich spekulative Exzesse in Teilen des KI-Ökosystems weiter aufbauen,
ist es umso wichtiger, diszipliniert zu bleiben und sich auf Qualität zu
konzentrieren. Ich halte den effektivsten langfristigen Ansatz für den,
Unternehmen zu identifizieren, die sowohl ein erhebliches Aufwärtspotenzial durch ihre KI-Exponierung als auch eine Risikominderung durch starke Fundamentaldaten
in ihren Kerngeschäften bieten. Bei jeder Investition besteht ein
Risiko – insbesondere bei einer sich so rasant entwickelnden
Wachstumsstory wie KI – doch das Ziel unserer Strategie besteht darin,
attraktive risikobereinigte Erträge zu erzielen und gleichzeitig das
Abwärtsrisiko zu minimieren. Das bedeutet, in widerstandsfähige,
qualitativ hochwertige Unternehmen zu investieren, die in der Lage sind,
ihren Wert über die Zeit zu steigern, anstatt den kurzfristigen
Gewinnen spekulativer KI-Geschichten nachzujagen.
Lei: Historisch gesehen wird eine Blase meist durch den
Anleihenmarkt „zum Platzen gebracht“, wenn ein Unternehmen seine
fälligen Zinsen nicht mehr zahlen kann, weil ihm die Liquidität fehlt.
Angesichts der beteiligten Akteure halte ich es für verfrüht, bereits
jetzt von einer Blase zu sprechen, die kurz vor dem Platzen steht. In
der Zwischenzeit sollten wir jedoch die Entwicklungen am Markt für
Privatkredite genau beobachten. Falls es eine Blase gibt, wird sie
meiner Ansicht nach dort zuerst sichtbar werden.
John: Es gibt deutliche Unterschiede zwischen diesem
Infrastrukturaufbau und dem Ausbau des Telekommunikationsinternets um
das Jahr 2000, insbesondere eine bislang geringere Fremdfinanzierung
sowie die Tatsache, dass derzeit eine unmittelbare Nachfrage bedient
wird, im Gegensatz zum damaligen Ausbau der „Dark Fiber“. Dennoch hat
sich die Investitionsintensität im Verhältnis zum aktuellen Umsatz bei
den Hyperscalern, ähnlich wie beim Internetboom, verdoppelt.
Investitionszyklen erreichen ihren Höhepunkt, ebenso wie die
entsprechenden Bewertungen, unabhängig davon, ob die Ausgaben
anschließend langsam oder stark zurückgehen. Blickt man über das Ende
dieser frühen Infrastrukturphase hinaus, ähnlich wie in der späteren
Dotcom-Ära, halte ich es für wahrscheinlich, dass die Unternehmen, die
von der praktischen Anwendung der KI profitieren, noch nicht als
Marktführer hervorgetreten sind. Die Identifizierung dieser Anwender
wird Alpha generieren, unabhängig von Dauer und Rendite des Ausbaus.
Thorsten: Das sind alles berechtigte Beobachtungen.
Unsere Strategie konzentriert KI-bezogene Investitionen jedoch eher auf
die Anbieter der zugrunde liegenden Infrastruktur als auf die
eigentlichen Nutznießer. Beim Investieren in diese KI-Ertüchtiger achten
wir stets darauf, welcher Anteil der zukünftigen Umsätze durch das
„reguläre“ Geschäft erklärt wird und wie viel auf KI-Hype entfällt, der
möglicherweise morgen schon aufgehoben oder verschoben wird.
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