
Aktien aus Schwellenländern (EM) erscheinen besorgten Anlegern während eines Handelskriegs möglicherweise nicht als naheliegende Wahl. Die Historie zeigt jedoch, dass frühere Volatilitätsspitzen günstige Zeitpunkte für Investitionen in EM-Aktien geschaffen haben.
02.06.2025 | 08:00 Uhr

US-Präsident Donald Trumps Zollagenda hat zu außergewöhnlicher Marktvolatilität geführt. Angesichts der Tatsache, dass viele Schwellenländer erhebliche Exporte in die USA tätigen, könnte man meinen, dass EM-Aktien relativ schwach sein müssten. Doch in diesem Jahr legte der MSCI Emerging Market Index bis zum 16. Mai in US-Dollar gerechnet um 10,0 % zu, während der S&P nur um 1,8 % stieg. Unserer Ansicht nach deutet dies darauf hin, dass ein Großteil der schlechten Nachrichten über die Zölle bereits in den EM-Anlagen eingepreist war, während US-Aktien eine größere Anpassung vornehmen mussten.
Tatsächlich hat der EM-Index seit dem Tiefpunkt am 9. April um 18,4 %
zugelegt, nachdem Trumps umfassende Zollankündigungen eine Woche zuvor
zu starker Volatilität geführt hatten. Dies ist aus unserer Sicht nicht
völlig überraschend, da die Vergangenheit zeigt, dass sich EM-Aktien
nach Marktturbulenzen relativ gut entwickelt haben.
Der VIX-Index, ein Index für die Volatilität der US-Aktienmärkte, ist
weithin als Angstbarometer bekannt. Wir haben die Markterträge nach
verschiedenen VIX-Standen zum Monatsende seit Dezember 2000 untersucht.
Extreme VIX-Werte sind selten; der Index überschritt im oben
betrachteten 24-Jahres-Zeitraum nur neunmal zum Monatsende die 40-Marke.
Als der VIX den Monat zwischen 40 und 50 beendete – ein Hinweis auf
erhöhte Angst – erzielten EM-Aktien in den darauffolgenden 12 Monaten
durchschnittlich mehr als 64 % Ertrag und lagen damit deutlich vor
Industrieländeraktien. In noch volatileren Momenten, als der VIX die
50-Marke durchbrach, entwickelten sich EM-Aktien in den folgenden 12
Monaten sogar noch besser und erzielten durchschnittlich einen Ertrag
von 69,2 %. Damit vergrößerte sich der Abstand zu ihren Pendants aus den
Industrieländern, die einen Ertrag von 34,7 % erzielten.
Das klingt kontraintuitiv, insbesondere da Schwellenländeraktien
allgemein als risikoreicher gelten als ihre Pendants aus
Industrieländern. Wie lässt sich diese Beobachtung also erklären?
Unserer Ansicht nach liegt es an der Marktpsychologie. Märkte
überreagieren oft auf negative Nachrichten, und schlechte Nachrichten
werden eingepreist. Wenn der VIX extrem hohe Werte erreicht, deutet dies
unserer Ansicht nach darauf hin, dass Anleger das Schlimmste
befürchten. Doch oft sieht die Zukunft besser aus als die
Worst-Case-Szenarien.
In diesem Jahr wird der Angstfaktor durch reale Unsicherheiten
getrieben, da Anleger Schwierigkeiten haben, die makro- und
mikroökonomischen Auswirkungen der Zölle auf Volkswirtschaften und
Unternehmen einzupreisen. Fast täglich ändern sich Trumps politische
Entscheidungen, was es Unternehmen und Aktieninvestoren besonders schwer
macht, Gewinne vorherzusagen. Eine Rezession ist möglich, und die Zölle
könnten steigen.
In den letzten Wochen hat das extreme Risikoniveau angesichts der
Deeskalation im Handelskrieg abgenommen. Der Volatilitätsanstieg im
April unterstreicht jedoch unserer Meinung nach, wie wichtig es ist, an
einem langfristigen Plan festzuhalten und zu wissen, wann man sich gegen
den Wind stemmen muss. Aus denselben Gründen, aus denen es sich
auszahlte, die Unsicherheit im April zu akzeptieren, glauben wir, dass
die Aussichten für EM-Aktien – die immer noch unterbewertet sind – heute unterschätzt werden.
Niemand kann vorhersagen, wie sich der Handelskrieg entwickeln wird.
Sollte er sich ausweiten, könnte er Auswirkungen haben, die wir als
professionelle Anleger in unserem Leben noch nie erlebt haben. Wir
wissen jedoch, dass es nahezu unmöglich ist, Wendepunkte am Markt zu
timen, und dass ein Verbleib im Markt die Chancen auf langfristigen
Erfolg erhöht. Anleger in EM-Strategien, die auf Unternehmen mit starken
Fundamentaldaten und der Fähigkeit, dem Zolldruck standzuhalten,
setzen, könnten für ihre Geduld und ihr Durchhaltevermögen belohnt
werden, sobald sich die Aufregung gelegt hat.
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