Morgan Stanley IM: Die Bewertungen sind gesunken, die Risiken aber nicht

Aktien

Könnten sich rückläufige Gewinne und ein Liquiditätsengpass als ernsthafte Gefahr für die Vermögenspreise erweisen? Wo finden Sie Zuflucht? Fragen Sie das International Equity Team.

25.02.2019 | 12:51 Uhr

Das Gute an Aktien ist, dass es lediglich zwei Arten gibt, Geld zu verlieren – fallende Gewinne oder sinkende Bewertungen. Vor einem Jahr waren es die Bewertungen, die uns die größte Sorge bereiteten. Nach dem Aufschwung der Märkte im Jahr 2017 notierte der MSCI World Index zum 17-Fachen der Gewinne für die kommenden zwölf Monate.1 Das deutete darauf hin, dass die Märkte das unwahrscheinliche Positivszenario eines weltweit synchronen Wachstums einpreisten – und gleichzeitig bedeutende Verluste riskierten, falls nicht alles nach Plan verlaufen sollte. Zu Beginn des Jahres 2019 hingegen notiert der MSCI World Index zum 13,4-Fachen der erwarteten Gewinne und liegt somit 14% unter dem durchschnittlichen Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) über 20 Jahre von 15,5 sowie 20% unter dem Vorjahreswert.2 Unsere größten Sorgen sind folglich nicht mehr die Bewertungen, sondern die Gewinne.

„Unsere größten Sorgen sind nicht mehr die Bewertungen, sondern die Gewinne“

Gewinnprognosen lösen in uns weiterhin ein allgemeines Unbehagen aus, da es sich dabei um Vermutungen über Unwahrheiten handelt. Es sind Vermutungen, da sich die Sell-Side stets überoptimistisch zeigt und ihre Ein-Jahres-Prognosen um durchschnittlich 8% von den tatsächlichen Gewinnen abweichen. Dieser Wert liegt leicht über den 7%, auf die das Gewinnwachstum des MSCI World Index für das Jahr 2019 geschätzt wird.3 Die Unwahrheiten sind durch die Kluft begründet, die zwischen den „bereinigten“ Gewinnen, die die Konsenszahlen (und das Gehalt der Manager) antreiben, und den tatsächlichen gemeldeten Gewinnen (GAAP/IFRS),4die auf den Gewinn- und Verlustrechnungen ausgewiesen werden, besteht. Allein in den USA betrug die Differenz zwischen bereinigten und tatsächlichen Gewinnen in den vergangenen drei Jahren 600 Mrd. USD – eine Übertreibung der Gewinne von durchschnittlich 21%.5 Unsere spezifischere Angst rührt daher, dass die Märkte nur auf Basis der fremdfinanzierten Gewinne günstig erscheinen. Betrachtet man anstelle des KGV den Unternehmenswert (EV/EBITDA)6, so verschwindet der Abschlag gegenüber dem historischen Durchschnitt und die Bewertung des Marktes liegt mit 9,2 leicht über dem Wert von 2003 (9,0), als das KGV mit 17,6 einen Spitzenwert erreichte.7 Niedrigere Unternehmenssteuern spielen dabei eine Rolle, aber auch der drastische Anstieg der Verschuldung, auf den wir zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Beitrag genauer eingehen werden. Ein Blick auf das Verhältnis zwischen Unternehmenswert und Umsatz zeigt, dass der MSCI World Index seinen Durchschnitt über 20 Jahre mit einem Wert von 1,8 weiterhin um 16% überschreitet.8 Die Kombination aus einem teuren Markt beim Umsatz und einem „günstigen“ Markt bei den Gewinnen spiegelt die derzeit hohe Rentabilität wieder. Insbesondere in den USA scheinen aktuell sämtliche Antriebsfaktoren für Gewinne ausgereizt – seien es dicke Margen, niedrige Steuern, eine hohe Verschuldung oder niedrige Zinsen.

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