Janus Henderson: Positionierung und Chancen bei Schwellenländeraktien

Emerging Markets

Aktien aus den globalen Schwellenländern verloren im vierten Quartal an Boden. Zu den Märkten mit der besten Performance gehörten Brasilien, Indonesien und Ungarn.

19.02.2019 | 10:20 Uhr

Die brasilianischen Firmen Duratex – ein Hersteller von Holzverkleidungen,  Sanitäreinrichtungen und Metallbeschlägen – und Bradesco, welches im Banken- und Finanzdienstleistungssektor tätig ist, leisteten im Berichtsquartal einen der größten Beiträge zur Rendite der Strategie. Grund dafür waren keine unternehmensspezifischen Nachrichten, sondern vielmehr, dass nach der Präsidentschaftswahl in Brasilien ein wichtiger Unsicherheitsfaktor wegfiel. Als Sieger aus den Wahlen ging Jair Bolsonaro hervor, ein Politiker, der konservativen Populismus mit einer wirtschaftsliberalen Agenda vereint. Brasiliens Aktienmärkte reagierten positiv auf das Wahlergebnis, da seine Wirtschaftspolitik als unternehmensfreundlicher gilt und darauf abzielt, den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft zu verringern. Die Bewertungen der beiden oben genannten Unternehmen erscheinen zurzeit angemessen.

Newcrest Mining steuerte ebenfalls sehr positiv zum Ergebnis der Strategie bei. Eine Präsentation vor Investorein im Berichtszeitraum stieß auf deren Zustimmung, denn das Unternehmen zeigte sich davon überzeugt, dass es die Förderquoten in seiner Cadia-Mine dank des Einsatzes neuer Minentechnologie deutlich steigern kann. Rückenwind für den Aktienkurs ging auch vom Goldpreis aus, der im Berichtszeitraum stieg. Das gelbe Edelmetall gilt als Wertspeicher in Zeiten erhöhter Risikoaversion.

Uni-President Enterprises (UPE), die taiwanesische Holding-Gesellschaft, zu der neben anderen Tochtergesellschaften auch Uni-President China gehört, war einer der großen Verlustbringer der Strategie. Die Aktie hatte sich Anfang 2018 sehr stark entwickelt, aber die Ergebnisse der zweiten Jahreshälfte blieben etwas hinter denen im ersten Halbjahr zurück. Unterdessen gibt es Anzeichen dafür, dass Tingyi, ein Wettbewerber im Lebensmittel- und Getränkesegment, bereit ist, den Preiswettbewerb aufzunehmen, was sich nachteilig auf die Margen von Uni-President China auswirken würde. Langfristig bleiben wir der festen Überzeugung, dass das Unternehmen seinen Gewinn und Cashflow deutlich steigern kann, da es über ein Portfolio an starken Lebensmittelmarken verfügt.

Portfolioaktivitäten

Wir nahmen mit Raia Drogasil den familiengeführten Betreiber der größten Drogeriemarktkette Brasiliens neu ins Portfolio. Das Unternehmen verfügt nach wie vor über erhebliches Wachstumspotenzial, weil sein Marktanteil von aktuell 2% bei Drogerieketten im Land noch ausbaufähig ist. In Brasilien dürften die Gesundheitsausgaben aufgrund der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung weiter steigen. Kurzfristig leiden die Geschäftszahlen und Margen von Raia Drogasil unter dem schwachen Verbrauchervertrauen und dem Vormarsch preiswerterer Generika. Dadurch ist der Aktienkurs jedoch auf ein attraktives Niveau gefallen, das nach unserer Meinung nicht berücksichtigt, dass Raia Drogasil die Anzahl seiner Filialen verdoppeln und die Rendite des investierten Kapitals steigern kann, wenn sich seine neuen Filialen etabliert haben.

Im Quartal stellten wir die gesamte Position in WEG, einem brasilianischen Hersteller und Vertreiber von Industriemaschinen, glatt. Die Position wurde allein aus Bewertungsgründen verkauft, da sich sowohl die Profitabilität des zugrunde liegenden Geschäfts als auch die Bewertung des Eigenkapitals im Zyklusverlauf deutlich verbessert haben. Zudem lösten wir den gesamten Bestand in China Resources Gas lösten auf. Dies erfolgte unter anderem aus Bewertungsgründen, da der Aktienkurs aufgrund solidem Mengenwachstums kräftig gestiegen war. Zweifel hatten wir zudem daran, ob die Anschlussgebühren langfristig tragfähig sind. Wir beschlossen daher, das Kapital in aussichtsreichere Ideen umzuschichten.

Die Portfolioaktivitäten entsprachen unserem langfristigen Zeithorizont. Über zwölf Monate betrachtet, liegt der Portfolioumschlag bei weniger als 20% für die All-Cap-Strategie.

Anlagestrategie

Im letzten Quartal gab es keine wesentlichen Änderungen an unserem Anlageausblick. Immer noch halten wir die Bewertungen und Wachstumserwartungen vieler asiatischer Qualitätsunternehmen für zu hoch. Allerdings haben sich die Erwartungen in letzter Zeit etwas abgeschwächt. Bei einer kürzlichen Reise nach Indien mussten wir jedoch feststellen, dass die Chancen für Anleger auf der Suche nach absoluter Rendite über Anlagen in Qualitätsunternehmen wegen der hohen Anfangsbewertungen dieser Firmen nicht gut sind. Es gibt jedoch erste Anzeichen, dass das Anlageumfeld schwieriger werden könnte, was langfristig orientierten Anlegern wie uns die Möglichkeit eröffnen könnte, auf vernünftigeren Niveaus einzusteigen. Wichtig ist uns zu betonen, dass es nicht unser Ziel ist, solche Ereignisse vorherzusagen. Wir wollen uns vielmehr so aufstellen, dass wir von etwaigen Verwerfungen profitieren können.

Von der Seitenlinie aus zuschauen

Welche Risiken ein schnell wachsendes Finanzsystem mit sich bringen kann, machen die jüngsten Liquiditätsprobleme indischer Finanzinstitute aus dem Nichtbankensektor deutlich. Für die schwächeren unter ihnen wird die Luft immer dünner, haben sie doch große Bestände minderwertiger Vermögenswerte angehäuft, die Großkunden nicht länger finanzieren wollen. Diverse führende Privatbanken haben mit weniger risikoreiche Finanzierungsmodelle und können die Liquiditätsklemme nun zum Erwerb hochwertiger Vermögenswerte von notleidenden Kreditinstituten nutzen. Leider sind die aktuellen Bewertungen dieser Qualitätsbanken für uns zu hoch.

Chance bei einheimischen indischen Aktien

In Indien stehen in diesem Jahr Wahlen an. Bei einer kürzlichen Reise durch das Land wurde deutlich, dass der amtierende Präsident Modi in der Bevölkerung weniger beliebt ist, als viele Anleger glauben, die bereit sind, die überteuerten Bewertungen zu zahlen.Maßnahmen wie die Demonetisierung und die Einführung der neuen Waren- und Dienstleistungssteuer haben die Menschen gegen die Regierung aufgebracht.Hinzu kommt die schwache Währung, die die Kaufkraft der großen Masse einkommensschwacher Inder untergräbt.Wahlturbulenzen könnten langfristig orientierten Anlegern interessante Chancen eröffnen. Sollte es zu einer signifikanten Marktkorrektur kommen, dürfte sich Indien angesichts seines tiefen und breiten Markts, an dem viele Qualitätsunternehmen gelistet sind, zum Paradies für Stockpicker mausern.Abgesehen von den führenden Privatbanken elektrisiert uns die Möglichkeit, in einem solchen Fall einige große, gut geführte Konsumgüterfirmen des Landes mit Wachstumspotenzial auf Jahre hinaus auf günstigerem Niveau kaufen zu können.Einige multinational gelistete Unternehmen könnten eine gute langfristige Anlage sein, sofern die Bewertung stimmt. Unilever, Heineken, Nestlé und Colgate haben alle börsennotierte, hochkarätige Tochterunternehmen in Indien.Hindustan Unilever beispielsweise wird gegenwärtig mit einem Kurs-Gewinnverhältnis von über 60* basierend auf den Gewinnen per März 2019 gehandelt. Damit wäre schon eine massive Kurskorrektur vonnöten, damit die Aktie dieses Qualitätsunternehmens für uns infrage kommt.

*Quelle: Bloomberg, Stand: 31. Dezember 2018.

Außerhalb Asiens, insbesondere in Afrika, erscheinen die Bewertungen vernünftiger, sofern man bereit ist, langfristig zu denken. Mit nachlassendem Gegenwind dürften viele afrikanische Qualitätsunternehmen zu Wachstum zurückkehren, was sich in ihren aktuellen Bewertungen derzeit offenbar nicht widerspiegelt. Die Anlagechancen bei brasilianischen Aktien sehen wir aufgrund der Rally nach der Präsidentschaftswahl im Oktober als etwas weniger optimistisch. Die Bewertungen erscheinen angemessen, insbesondere angesichts der unvermeidlichen sozialen Herausforderungen, welche die liberale Wirtschaftsagenda des neuen Präsidenten begleiten werden.

Reisenotizen vom Trip nach Taiwan

Eine der letzten Research-Reisen führte uns nach Taiwan, wo wir im Laufe der Jahre immer wieder auf erstklassige Unternehmen gestoßen sind. Taiwans strategisch interessante Lage ergibt sich nicht nur aus der geografischen Nähe zu China, das auf der anderen Seite der Straße von Taiwan liegt, sondern auch aus seinen engen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen mit dem Reich der Mitte. Heute wird Taiwan, eine internationale Drehscheibe der High-Tech-Produktion, von rund 23 Millionen Menschen bevölkert.

Der unter Selbstverwaltung stehende Inselstaat hat jedoch nie offiziell seine Unabhängigkeit von China erklärt. Im Januar 2019 ließ der chinesische Präsident Xi Jinping denn auch verlauten, die Insel müsse und werde wieder mit dem Festland vereint. Diese schwierige Beziehung wirft einen Schatten auf viele taiwanesische Unternehmen, mit denen wir auf unserer Tour gesprochen haben.

Ein risokobewusster Ansatz

Beim Nachdenken über die Risiken der Unternehmen, die wir im Portfolio haben, ist uns bewusst, dass die Spannungen zwischen China und Taiwan erhebliche Störungen verursachen können. Über die Jahre haben wir jedoch erkannt: Durch Anlagen in resiliente Qualitätsunternehmen mit integren Firmenentscheidern und Eigentümern können wir das Risiko für unsere Investments ausgehend von Ereignissen, die wir weder vorhersagen noch kontrollieren können, deutlich reduzieren und damit das Kapital unserer Anleger langfristig mehren.

Aussichten

Nach einer Phase des Optimismus und steigender Bewertungen zu Jahresbeginn hat sich das Interesse der Anleger an lateinamerikanischen Aktien im Berichtszeitraum abgekühlt. Allem Anschein nach tun sich gerade weltweit im Allgemeinen und innerhalb der Regionen im Besonderen diverse Gräben auf. Wir machen daher wie gehabt keine Kompromisse bei der Qualität, nehmen eine langfristige Perspektive ein und halten an unserer strikten Bewertungsdisziplin fest. Als langfristig orientierte Aktieninvestoren bleiben wir zuversichtlich mit Blick auf die Anlagechancen, die sich aus dem strukturellen Trend des steigenden Lebensstandards in einigen Teilen der Entwicklungsländer ergeben.

Zu guter Letzt scheint es uns erwähnenswert, dass mit dem Liquiditätsentzug aus dem globalen Finanzsystem offenbar auch wieder eine gewisse Vernunft bei der Kapitalallokation Einzug hält. Bei einer Reise nach China im vergangenen Jahr waren uns die überall in großen Stapeln am Straßenrand herumliegenden Leihfahrräder von Firmen wie Ofo und Mobike aufgefallen. Ursächlich hierfür war der Streit diverser Unternehmen um ein Stück vom Kuchen der „Sharing Economy“. Unlängst machten Meldungen über Cashflow-Probleme und zu niedrige Kapitalrenditen die Runde, weshalb der Gründer von Ofo offenbar eine Insolvenz in Erwägung zieht. Sollte es in diesem und ähnlichen Bereichen, in denen man Wachstum über Rendite stellt, zu einer Marktkorrektur kommen, könnte eine Rückbesinnung der Anleger auf Unternehmen stattfinden, die ihr Kapital sinnvoller zuteilen und ihre Bilanzen besser managen.​​

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