Schroders: Gibt Deutschlands Wirtschaft Anlass zur Sorge?

Wirtschaftswachstum

Neue Emissionsstandards für Autos haben in einem wichtigen Teil der deutschen Wirtschaft für eine rückläufige Produktion gesorgt.

14.12.2018 | 10:06 Uhr

Die Industrieproduktion in Deutschland ging im dritten Quartal um 1,2 % zurück und schwächte sich somit deutlicher ab als das verarbeitende Gewerbe allgemein in der Eurozone. Welche Gründe gibt es dafür, und wie sehr sollte dies Anlegern Anlass zur Sorge geben?

Es liegt am Auto

Eine genauere Analyse der Produktionsdaten in Deutschland zeigt, dass die meisten Teilsektoren des verarbeitenden Gewerbes gut abschneiden. Einzige Ausnahme ist der Automobilsektor. Hier fällt die Produktion für Nutz- und Personenkraftfahrzeuge schwach aus. Es gibt auch noch andere Hinweise darauf, dass innerhalb des Sektors einiges im Argen liegt: Die Zahl der Neuzulassungen fiel im September laut Kraftfahrt-Bundesamt verglichen zum Vorjahr um 30,5 %.

Autos für Schwäche im verarbeitenden Gewerbe verantwortlich

Autos für Schwäche im verarbeitenden Gewerbe verantwortlich

Quelle: Thomson Reuters Datastream, IFO, Schroders Economics Group. 29. Oktober 2018.

Neue Emissionsstandards

Wir können einen Großteil dieses Rückgangs innerhalb des Sektors auf die Einführung des neuen weltweit harmonisierten Prüfzyklus für Fahrzeuge für den Leichtverkehr (WLTP) zurückführen.

Dabei handelt es sich um einen neuen, 2017 eingeführten Test, mit dem Treibstoffverbrauch und Kohlenstoffausstoß von Personenkraftwagen gemessen werden sollen. Er wurde eingeführt, als bei einigen Herstellern Betrug im Zusammenhang mit Emissionstests festgestellt wurde. Diese sollten niedrigere Schadstoffemissionen ausweisen, als es im Realbetrieb der Fall war.

Die neuen strengeren Standards wurden für alle neuen Modelle ab dem 1. September 2017 eingeführt. Seit dem 1. September 2018 gelten sie aber auch für sämtliche Neuzulassungen. Angesichts dessen haben die Autohändler die Preise für Modelle, die diese Standards nicht erfüllen, deutlich heruntergesetzt, um ihre Bestände vor der Frist zu reduzieren. Dies führte zu einem sprunghaften Anstieg der Neuzulassungen im August, worauf dann im September der bereits erwähnte unweigerliche Kollaps folgte.

Der WLTP-Standard hat sich auf ganz Europa ausgewirkt. Deutschland steht also nicht alleine da. Allerdings ist in Deutschland die Automobilproduktion einer der größten Teilsektoren der Wirtschaft. Dessen Größe bedeutet, dass sich das Problem rund um den WLTP-Standard im Vergleich zu den meisten anderen Ländern unverhältnismäßig stark auf die Industrieproduktion und das BIP in Deutschland niederschlägt.

Ein vorübergehender Effekt?

Da sich der Rückgang an Zulassungen und produzierten Autos als vorübergehend erweisen sollte und die Konjunktur in Deutschland ansonsten robust bleibt, besteht hier unseres Erachtens für Anleger kein Grund zur Sorge.

Das verarbeitende Gewerbe dürfte sich wieder erholen, da sich die Autoproduzenten auf den neuen Prüfzyklus einstellen. Ferner können die Anleger Mut daraus schöpfen, dass der Einbruch in dem Sektor von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, anlässlich seiner Pressekonferenz am 25. Oktober als „isolierter“ Faktor beschrieben wurde.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 13.12.18 auch auf schroders.com veröffentlicht.

Diesen Beitrag teilen: