AXA-Monatsbericht: Die europäische Odyssee

Europa bemüht sich, die Staatsschuldenkrise einzudämmen. China und USA stellen Stärke unter Beweis.

13.03.2012 | 10:03 Uhr

Europa: Abnehmende systemische Risiken

Im Februar arbeiteten die europäischen Regierungen weiter an einer Lösung der Staatsschulden- und Bankenkrise.

Ziel der Griechenlandstrategie war, einen Zahlungsausfall noch in diesem Jahr möglichst zu verhindern. Zwar ist das Land nach unseren Analysen schon lange insolvent, doch wurde zuletzt alles nur Denkbare getan, damit Griechenland und seine Banken zahlungsfähig bleiben. Im Gegenzug für neue Austeritätsmaßnahmen wurde ein zweites Rettungspaket mit einem Volumen von 130 Mrd. Euro geschnürt. Die rasche Umsetzung dieses Programms verringert die Gefahr, dass der Staat im Laufe dieses Jahres seine Zahlungen einstellt. Der den privaten Gläubigern angebotene Anleihetausch wurde mit rückwirkenden „Collective Action Clauses“ versehen, um die Investoren zum Umtausch zwingen und so eine möglichst hohe Beteiligung erreichen zu können. Nahezu alle Verluste der privaten Gläubiger fallen dann sofort an.

Nach wie vor halten wir das Ausfallrisiko aber für hoch. Doch in Zukunft müssen die europäischen Steuerzahler und nicht mehr die internationalen Investoren die Kosten tragen. Dies verringert zwar das Risiko von Dominoeffekten, kann aber Wasser auf die Mühlen der nordeuropäischen Euroskeptiker sein.

Unterdessen haben auf einem Gipfeltreffen Anfang März 25 EU-Länder den Fiskalpakt unterzeichnet. Der Vertrag sorgt in der EU für mehr Haushaltsdisziplin und stärkt die Möglichkeiten der europäischen Institutionen, die nationalen Haushalte zu kontrollieren und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen. Der Fiskalpakt ist der nötige Ausgleich dafür, dass Kerneuropa über die Rettungsfonds EFSF und ESM mehr als bisher für die Schulden der Peripherieländer einstehen muss. Durch die Teilnahme aller EU-Länder mit Ausnahme von Großbritannien und Tschechien hat der Fiskalpakt ein großes Gewicht.

Hinzu kommt, dass die EZB ihre mittelfristige Refinanzierungsstrategie für den Bankensektor weiter ausgebaut hat. Im Februar hat sie erneut die Bedingungen gelockert, unter denen sie die Wertpapiere von sieben Ländern als Sicherheiten akzeptiert, und gegen Monatsende wurde der zweite Dreijahrestender der EZB noch stärker nachgefragt als der erste. 800 Banken liehen sich insgesamt 530 Mrd. Euro, nachdem im Dezember bereits 523 Banken insgesamt 490 Mrd. Euro aufgenommen hatten. Da jetzt weitere Arten von Finanzinstrumenten als Sicherheiten akzeptiert werden, haben sich kleinere Banken verstärkt an der Auktion beteiligt.

Der Bankenstatistik zufolge haben die europäischen Banken dank der Großzügigkeit der EZB im Januar für 51 Mrd. Euro Staatsanleihen gekauft. Von Juni bis Dezember 2011 waren sie noch Nettoverkäufer gewesen; sie hatten sich von Papieren im Wert von 60 Mrd. Euro getrennt. Die neuen Maßnahmen verringern nicht nur das Risiko von Liquiditätsengpässen durch die Auflösung von Bankeinlagen (insbesondere wenn ein griechischer Zahlungsausfall auf andere Krisenländer übergreift), sondern dürften auch eine Lockerung der Ende 2011 sehr strengen Kreditbedin­gungen zur Folge haben. Auch dürften sich die europäischen Banken wohl wieder an Staatsanleiheauktionen beteiligen.

Der Eindruck eines geringeren systemischen Risikos hat den Euroraum auch wieder interessanter für ausländische Investoren gemacht. Insbesondere China investiert wieder in den Peripherieländern, und amerikanische Geldmarktfonds haben begonnen, wieder Commercial Paper europäischer Banken zu kaufen.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben die Abwärtsspirale durchbrochen, die den Euroraum in eine systemische Insolvenz zu stürzen drohte. Sie legten den Grundstein für eine Fiskalunion mit einer Kombination aus Haushaltsdisziplin und Transfers.

Damit hat man sich Zeit gekauft, aber es gibt nach wie vor enorme Probleme. Eine Aufstockung von EFSF, ESM und IWF, die ein Übergreifen von Krisen verhindern sollen, ist ebenso wichtig wie die Ratifizierung des Fiskal­pakts. Darüber hinaus müssen die Märkte davon überzeugt werden, dass die Sparmaßnahmen in Italien und Spanien trotz der Rezession und der hohen Arbeitslosigkeit am Ende erfolgreich sein werden. Die Konjunkturindikatoren sprechen dafür, dass das Rezessionsrisiko im Euroraum nachgelassen hat. Die Zahlen verbergen aber, dass es eigentlich zwei Europas gibt: auf der einen Seite Deutschland, dessen Konjunktur zu überhitzen droht, und auf der anderen die Peripherieländer mit ihrer anhaltenden Depression.

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