Wisdom Tree: Wird der Euro abwerten?

Währungen

Christopher Gannatti, Head of Research Europe bei WisdomTree, bezüglich des Euros und seiner Entwicklung und wie sich diese auf die Anlagemärkte auswirken wird.

10.07.2018 | 13:42 Uhr

Leider erleichtert sie nicht das Treffen von Prognosen. Währungsprognosen gleichen dem Zusammensetzen eines Puzzles – Kunstfertigkeit ist oft genauso wichtig wie Daten. 


Blicken wir zunächst zurück

Bevor wir uns der Entwicklung eines Rahmenwerks zuwenden, um über die Zukunft des Euro im Jahr 2018 nachzudenken, sehen wir uns zunächst dessen relative Wertentwicklung gegenüber dem US-Dollar in den vergangenen zehn Kalenderjahren sowie in der ersten Jahreshälfte 2018 an. 

Abbildung 1: Wertentwicklung des Euro gegenüber dem US-Dollar im Laufe der Jahre

Wisdom Tree Euro Dollar

Quelle: Bloomberg. Die Perioden entsprechen Kalenderjahren ab dem 31. Dezember 2007 bis zum 29. Juni 2018. Ein direktes Investment innerhalb eines Indexes ist nicht möglich. Die historische Performance ist kein Anhaltspunkt für die künftige Performance und jedes Investment kann im Wert sinken.

+ In den Jahren 2014 und 2015 war die Euro-Abwertung (bzw. Dollar-Stärke) am deutlichsten. Ende 2015 befand sich das Währungspaar auf einem Niveau von 1,08 USD. Zum Vergleich: Anfang 2014 waren es noch 1,37 USD.

+ 2017 war ein Ausnahmejahr, in dem es zu einer Aufwertung des Euro kam – in den letzten zehn Jahren war es zu keinen Ereignissen mit einer auch nur ähnlich positiven Entwicklung gekommen. Globale Investoren waren 2017 von der relativ starken Wirtschaftsaktivität in der Eurozone sehr überrascht und viele spekulierten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) dazu gezwungen sein könnte, ihr Lockerungsprogramm vorzeitig zu beenden.

Der Euro beendete die erste Jahreshälfte 2018 auf einem Niveau von 1,17 USD (Stand: 29. Juni 2018). 


Drei wichtige Teile des Währungspuzzles

Es gibt drei Konzepte, die wir in der Regel beim Versuch, Währungen zu prognostizieren, in Betracht ziehen. Zu beachten ist hierbei, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, diese Eigenschaften zu analysieren, und dass keine davon exakte Aussagen über die Entwicklung des Euro treffen kann. 


Konzept 1: Dynamik

Obwohl sich die Dynamik auf vielerlei Weise analysieren lässt, konzentrieren wir uns auf den 10-tägigen gegenüber dem 240-tätigen gleitenden Durchschnitt. 

Abbildung 2: Währungstrends ablesen

Wisdom Tree  Währungstrends

Quelle: Bloomberg. Daten vom 31. Dezember 2007 bis zum 29. Juni 2018. Ein Investment in einen Index ist nicht möglich. Die historische Performance ist kein Anhaltspunkt für die künftige Performance und jedes Investment kann im Wert sinken. 

+ Wenn der 10-tägige gleitende Durchschnitt unterhalb des 240-tägigen gleitenden Durchschnitts liegt, bedeutet dies, dass der Euro eine Abwertungstendenz verzeichnet. Diese Perioden sind in Abbildung 2 grau unterlegt.

+ Umgekehrt gilt, dass wenn der 10-tägige gleitende Durchschnitt oberhalb des 240-tägigen gleitenden Durchschnitts liegt, der Euro eine Aufwertungstendenz verzeichnet. Diese Perioden sind nicht unterlegt.

Währungen verzeichnen historisch gesehen Trends und es ist nützlich, diese Trends zu kennen und über potenzielle Faktoren nachzudenken, die in Zukunft für Veränderungen sorgen könnten. Im Moment deutet dies auf eine weitere Abwertung des Euro hin.


Konzept 2: Kaufkraftparität – ist die Währung günstig oder teuer?

Der „Big-Mac-Index“ des Wirtschaftsmagazins „The Economist“ ist weithin bekannt. Das Prinzip dahinter lautet, dass ein Big Mac von McDonalds – wechselkursbereinigt – auf der ganzen Welt dasselbe kosten müsste. Da dies in der Realität selten der Fall ist, können wir sagen, dass Währungen im Vergleich zueinander entweder „zu günstig“ oder „zu teuer“ sind, weshalb durch sie eine ähnliche Preisbildung von grundsätzlich gleichen Gütern in unterschiedlichen globalen Märkten verhindert wird. 

Der aktuelle Euro-Wechselkurs (rund 1,17 USD; Stand: 31. Mai 2018) ist dem Niveau sehr ähnlich, auf dem er sich nach dem Prinzip der Kaufkraftparität befinden sollte. Dieses Konzept ist etwas komplexer – eine Währung kann über längere Zeiträume hinweg zu günstig oder zu teuer sein. Wir würden dieses Signal heute als prinzipiell neutral bezeichnen.


Konzept 3: Zinsveränderungen

+ 2-jährige Zinssätze unterliegen, da sie sich am kürzeren Ende befinden, einem stärkeren Einfluss durch die Geldpolitik. Die US-Notenbank hat die Zinsen angehoben, während die EZB zu verstehen gegeben hat, dass sie die Zinsen in einem Zeitraum von rund zwölf Monaten nicht anheben wird. Der US-Zins für Anleihen mit 2-jähriger Laufzeit hat seinen Renditevorteil im bisherigen Jahresverlauf 2018 gegenüber dem deutschen 2-Jahres-Zins von rund 2,5 % auf 3,2 % erweitert. 

+ Die 10-jährigen Zinssätze werden, da sie sich am längeren Ende befinden, stärker von Inflations- und Wachstumserwartungen beeinflusst. Der US-Zins für Anleihen mit 10-jähriger Laufzeit hat seinen Renditevorteil im bisherigen Jahresverlauf 2018 gegenüber dem deutschen 10-Jahres-Zins von rund 2 % auf rund 2,5 % erweitert. 

Abbildung 3: Vergleich der 2-jährigen und 10-jährigen Zinsen in den USA und Deutschland

Wisdom Tree 2 und 10

Quelle: Bloomberg. Zeitraum vom 29. Dezember 2017 bis zum 29. Juni 2018. Ein direktes Investment innerhalb eines Indexes ist nicht möglich. Die historische Performance ist kein Anhaltspunkt für die künftige Performance und jedes Investment kann im Wert sinken.

In der Theorie bevorzugen globale Investoren höhere gegenüber niedrigeren Zinsen, was im weiteren Verlauf auf eine potenzielle Dollar-Aufwertung (Euro-Schwäche) hinweisen würde. 

Fazit: 2-0-1 für eine Euro-Abwertung

Zusammenfassend haben wir also aktuell zwei Konzepte (Dynamik und Zinsen), die auf eine Euro-Abwertung hinweisen, kein Konzept, das auf eine Euro-Stärke hindeutet, und ein Konzept (Kaufkraftparität), das sich neutral verhält. 

Unserer Meinung nach ist es wahrscheinlich, dass der Euro in der zweiten Jahreshälfte 2018 an Wert verlieren wird.


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