NN IP: Kein Währungskrieg

"Es erscheint etwas übertrieben, die von der People’s Bank of China (PBoC) ausgelöste Wechselkursabwertung als „dramatisch“ zu bezeichnen – schließlich hat der Yuan lediglich um rund 4 Prozent abgewertet", sagt Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Multi-Asset bei NN Investment Partners.

02.09.2015 | 10:27 Uhr

Die Risikoaversion der Anleger hat zugenommen. Berichterstattungen über einen „Währungskrieg“ verursachten Beunruhigungen, da Zweifel an der Glaubwürdigkeit der politischen Verantwortungsträger in China gehegt werden und weil die Konjunkturverlangsamung in China und deren mögliche Auswirkungen Besorgnis erregten. Aber es erscheint etwas übertrieben, die von der People’s Bank of China (PBoC) ausgelöste Wechselkursabwertung als „dramatisch“ zu bezeichnen – schließlich hat der Yuan lediglich um rund 4 Prozent abgewertet. Zum Vergleich: Als die Schweiz im Januar die Bindung des Franken an den Euro aufhob, wertete der Franken um über 19 Prozent auf. Dennoch haben die Märkte dramatisch reagiert.

Über die möglichen Beweggründe für Chinas Wechselkursabwertung ist viel spekuliert worden. Eine beliebte Theorie lautet, dass dadurch die Konjunktur und die Exporte angekurbelt werden sollten. Aber eine Abwertung des nominalen Yuan-Wechselkurses um 4 Prozent hat kaum Auswirkungen auf den realen effektiven Wechselkurs. Der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr zufolge ist der Yuan gegenüber den Währungen von Chinas Handelspartnern um rund 32 Prozent überbewertet und im Vergleich zu 60 anderen Ländern die teuerste Währung (ohne Venezuela). Die Währungen Indiens und Indonesiens sind dagegen jeweils um rund 10 Prozent unterbewertet. Die geringfügige Abwertung des Yuan trägt kaum zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit der Exporte bei. Außerdem hat die PBoC eine übermäßige Abwertung des Yuan durch Interventionen verhindert, dies deutet daraufhin, dass kein Währungskrieg ansteht. Seither notiert der Kassakurs des Yuan relativ stabil bei rund 6,40 gegenüber dem US-Dollar. Die chinesischen Behörden haben ganz klar ein Interesse an einem moderaten Abwertungstempo. Denn die chinesischen Unternehmen haben sich in großem Umfang in harten Währungen verschuldet, so dass eine rasche Wechselkursabwertung fatal für die Unternehmensbilanzen sein könnte. Wenn sich die Abwertung allmählich vollzieht, können sich die Unternehmen besser darauf einstellen.

Letztendlich will China unseres Erachtens durch die Abwertung des Yuan die monetären Bedingungen in China von denjenigen in den USA abkoppeln. China nutzt seit jeher mit Vorliebe den Wechselkurs, um seine politischen Ziele umzusetzen. Bis 2008 sollte die Aufwertung des Yuan unter Kontrolle gehalten werden, so dass beträchtliche Devisenreserven angehäuft wurden. In gewissem Sinne absorbierten die USA einen beträchtlichen Teil der damit einhergehenden, überschüssigen Ersparnisse Chinas, was zum Entstehen der Blase im US-Immobiliensektor beitrug. Ab 2008 bildete sich dann in China eine umfangreiche Kredit- und Investitionsblase. Solange der damit verbundene Wirtschaftsboom anhielt, waren ein kräftiges Wachstum und eine Wechselkursaufwertung problemlos miteinander zu vereinbaren, denn letztere dämpfte das Risiko einer Überhitzung. Der Boom kann jedoch inzwischen langfristig nicht mehr anhalten, und seit etwa zwei Jahren ist den chinesischen Verantwortungsträgern klar, dass sich das übermäßige, kreditgetragene Investitionswachstum verlangsamen muss.

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