ETF Securities: Nach den Wahlen Aufwärtspotenzial beim Pfund Sterling

Das Pfund hat den schlimmstmöglichen Ausgang der Brexit-Verhandlungen bereits eingepreist und wird sich konsolidieren. Nachlassendes politische Risiko, höhere Realzinsen und robuste Wirtschaft werden dafür sorgen, dass es im zweiten Halbjahr 2016 graduell steigt und gegenüber dem US-Dollar eventuell sogar die Marke von 1,35 ins Visier nimmt.

07.06.2017 | 09:25 Uhr

Konsolidierung vor den Wahlen

Wir rechnen damit, dass das Pfund Sterling vor den britischen Wahlen Anfang Juni auf dem aktuellen Niveau konsolidieren wird. Laut den jüngsten Umfragen hat sich der Vorsprung von Premierministerin May verringert, sodass die Lokalwährung moderat nachgab. Unseren Erwartungen zufolge könnte sie in den nächsten Wochen noch tiefer fallen, da die Konservativen in der Wählergunst schwanken. Andererseits dürfte sie sich jedoch über der 200-Tages-Linie halten, die derzeit bei 1,2595 verläuft.Sollte Mays Beliebtheit weiter schwinden und der Wahlausgang ungewisser werden, könnte die Volatilität des Pfunds zunehmen. In der Vergangenheit hat das Pfund stets negativ auf Volatilität reagiert. Zwischen beiden besteht eine starke inverse Beziehung, wobei das Pfund in Phasen erhöhter Volatilität nachgibt. 

Da die politische Unsicherheit nachlässt, sinkt auf den globalen Devisenmärkten auch die Volatilität. Obwohl sie jetzt schon graduelle Zugewinne des Pfunds erlaubt, dürfte dies unseres Erachtens erst nach den Wahlen am 8. Juni sichtbarer werden.

Anleger wieder optimistischer

Die Positionierung der Anleger erholt sich gerade erst von ihrem tiefsten Stand seit Bestehen des Terminmarkts. Dort ist erkennbar, dass der wirtschaftliche Ausblick Großbritanniens erst wieder mit größerer Zuversicht beurteilt wird, wenn die Brexit-Verhandlungen begonnen haben. Die GBP-Shorts befinden sich zwar immer noch in negativem Terrain, haben sich aber seit dem Höhepunkt des Pessimismus Ende März 2017 netto mehr als halbiert.

Auch was den Ausblick des Pfunds anbelangt, werden die Anleger positiver, da die heimische Wirtschaft ihre Robustheit unter Beweis stellen konnte.

Finanzen: Schlüsselsektor des Pfunds

Wir gehen davon aus, dass das Pfund den schlimmst-möglichen Ausgang der Brexit-Verhandlungen bereits eingepreist hat, auch dessen Auswirkungen auf die Konjunktur und insbesondere den Finanzsektor. Die steigenden Zinsen sowie die klareren Beziehungen zur EU dürften sich in den kommenden Jahren in stei¬gen-den Bewertungen im Bankensektor niederschlagen. 

Laut einem Hintergrundpapier des Unterhauses von 2017 trägt der Finanz- und Versicherungssektor über 7 Prozent zur britischen Bruttowertschöpfung bei, das heißt, zum Wert der im Inland produzierten Waren und Leistungen. Noch wichtiger aber ist, dass der Finanz- und Versicherungssektor die Lokalwährung stützt, indem er einen Außenhandelsüberschuss in Höhe von 3 Prozent des britischen BIP erwirtschaftet. Dennoch rechnet die Bank of England mit schwächeren Zahlen bei den Haushalten, da das Lohn¬wachstum abwärts korrigiert wurde und die Inflation steigt.

Preisdruck spürbar, aber nachlassend

Die Inflation hat die Zielmarke der Bank of England überschritten und befindet sich nun auf dem höchsten Stand seit Juli 2013. Im April stieg die Verbraucherpreisinflation auf 2,7 Prozent zum Vorjahr, zugleich nahm die Kerninflation von 1,8 Prozent auf 2,4 Prozent zu. Die Inflation wurde 2017 hauptsächlich importiert, da sich ausländische Lebensmittel und Kraftstoffe infolge des schwächeren Pfunds verteuerten. Der Einfluss der Währungsschwäche lässt jedoch allmählich nach. Die Bank of England wies darauf hin, dass das Pfund seit dem vorherigen Inflationsbericht im Februar aufge¬wertet und zum flacheren Anstieg der Importpreise beigetragen habe. Das um 4 Prozent höhere Pfund befindet sich allerdings immer noch 12 Prozent unter dem Stand nach dem EU-Referendum (1,48). 

Da die Gesamtinflation voraussichtlich auf dem jetzigen Niveau ihr Hoch erreichen wird, dürften die Realzinsen derzeit einen Boden ausbilden. Folglich hat das Pfund auf die moderate Erholung der Realzinsen reagiert. Wir rechnen ferner damit, dass die Renditen ihre graduelle Aufwärtsbewegung fortsetzen. Nicht nur erwarten wir, dass die Bank of England die brexit-bedingte Zinssenkung aus dem letzten Jahr zurücknehmen wird, sondern auch, dass sich der Inflationsdruck ermäßigt, da der Einfluss des Währungsverfalls auf die Preise nachlässt. 

Wenn der jüngste Aufwärtsdruck der Kerninflation an Dynamik gewinnt, wird die Notenbank schneller handeln müssen, um den Inflationserwartungen entgegenzutreten. Derzeit spricht sich nur ein Mitglied des geldpolitischen Ausschusses für eine Zinsanhebung aus, aber das kann sich nach den Wahlen schnell ändern.

Fazit

Wenn die Volatilität auf dem Devisenmarkt nach den Wahlen weiter sinkt, könnte das Pfund noch einmal die Marke von 1,30 testen und vielleicht überwinden, da die heimische Wirtschaft robust bleibt, und später eventuell sogar die 1,35 ins Visier nehmen. 
  

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