
Aktuelle Einschätzungen von Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, zu den Auswirkungen auf die Konjunktur und auf die Geldpolitik.
24.07.2025 | 12:42 Uhr
Handelsabkommen – Höhere Zölle als erwartet
• Ursprünglich hatte Trump einen Basiszollsatz von 10 % gegenüber allen Ländern
ins Spiel gebracht, zusätzlich zu sektorspezifischen Zöllen (z. B. auf Autos oder Kupfer).
• Im aktuellen Deal mit Japan wurde dieser Basiszollsatz jedoch auf 15 %
erhöht, was laut Edgar Walk auf einen höheren Finanzierungsbedarf Trumps
zurückzuführen sei – mutmaßlich zur Gegenfinanzierung seiner
Steuersenkungspläne.
• Auch für die EU ist nun ein Basiszoll von 15 % im Gespräch, was im Vergleich
zur bisherigen Erwartung eine negative Überraschung darstellt.
Japan-Deal:
• Die USA senken im Gegenzug die Autozölle von 25 % auf 15 %.
• Die Marktöffnung durch Japan für US-Autos symbolisch: Amerikanische Fahrzeuge
passen kaum auf japanische Straßen, wodurch sich faktisch keine
Absatzsteigerung ergeben dürfte.
• Zudem kursiert die Ankündigung, dass Japan 550 Milliarden USD in den USA
investieren will – bisher sind die Details jedoch völlig unklar. Offen ist:
o Wer investiert (Staat oder private Unternehmen?)
o In welche Projekte?
o Welche Rolle spielt Trump bei der Mittelverwendung?
Abkommen mit der EU:
• Walk sieht den Deal mit Japan als mögliche Blaupause für ein ähnliches
Abkommen mit der EU, was sich nun ebenfalls abzeichne.
• Die Hoffnung auf eine Einigung ist laut Walk am Markt deutlich spürbar.
Psychologischer Effekt der Zölle: Erleichterung trotz
Belastung
• Die Märkte reagierten mit großer Erleichterung, da zuvor im Raum stehende
Zölle von 30 % oder 50 % nicht realisiert wurden.
• Die 15 % wirken im Vergleich moderat, sind laut Walk aber ökonomisch hoch
belastend:
o Inflation in den USA wird angeheizt
o Gewinnmargen von Exporteuren können unter Druck geraten
o Für Konsumenten in den USA werde es spürbar teuer.
Laut Walk sei die Erleichterung kurzfristig – mittelfristig werde die Belastung
durch die höheren Zölle überwiegen.
Auswirkungen auf die Konjunktur in Europa und Japan
Trotz der negativen Aspekte für die USA sieht Walk positive Effekte für Europa
und Japan:
• Sollte auch die EU ein Abkommen erzielen, wäre das eine deutliche Reduktion
politischer Unsicherheit.
• Diese sinkende Unsicherheit wäre konjunkturell positiv, vor allem für Europa:
o Erste Effekte zeigten sich z. B.
in stabilen Einkaufsmanagerindizes Japans.
o In der Eurozone sei eine konjunkturelle Aufhellung ab dem nächsten oder
übernächsten Monat zu erwarten.
Auswirkungen auf die Geldpolitik – EZB-Sitzung im Fokus
Durch die abnehmende Unsicherheit und mögliche Konjunkturbelebung müsse die EZB
laut Walk weniger senken.
• Prognosen: Während einige Marktteilnehmer keine weiteren Zinssenkungen
erwarteten, sieht Walk selbst eine 65-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine
letzte Zinssenkung im September um 25 Basispunkte.
• Begründung:
o Walk ist optimistisch beim Inflationsrückgang in der Eurozone.
o Die Konjunktur brauche dennoch etwas Unterstützung – was einen weiteren
Schritt rechtfertigen würde.
USA: Schwäche am Immobilienmarkt und politischer Druck
auf die Fed
Die wirtschaftliche Lage in den USA beurteilt Edgar Walk so:
• Die Immobiliendaten (z. B.
Verkäufe bestehender Wohnimmobilien) seien sehr
schwach.
• Da der Immobilienmarkt ein Frühindikator für die Gesamtwirtschaft ist, sieht
Walk zunehmende Abschwungsrisiken in den USA.
In diesem Kontext besonders brisant ist laut Walk der heutige persönliche
Besuch Donald Trumps bei der US-Notenbank (Fed). Der Besuch der Fed durch einen
US-Präsidenten ist historisch äußerst selten.
• Walk vermutet, dass Trump die Fed unter Druck setzen wird, die Zinsen zu
senken – nicht nur symbolisch, sondern mit klarer Absicht.
• Die Fed-Sitzung nächste Woche (Mittwoch) werde daher spannender als bislang
gedacht:
Prognose von Walk: 45 % Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung, 55 % für
keine. Der Markt preist laut Refinitiv nur eine Zinssenkungswahrscheinlichkeit
von 2,6 %.
• Sollte die Fed tatsächlich senken, erwartet Walk eine deutliche
Dollarschwäche, die Reaktionen an den Aktien- und Anleihemärkten seien weniger
klar vorhersehbar.
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