Robeco: Chinas neue Wirtschaft schlägt Wurzeln

Volkswirtschaft

Chinas Wirtschaft erlebt einen Abschwung. Victoria Mio, CIO von Robeco China, erwartet, dass die Talsohle im zweiten Quartal erreicht wird. Dank dervon der Regierung ergriffenen Maßnahmen erscheint eine Erholung wahrscheinlich.

16.04.2019 | 11:30 Uhr

Die laufende Neuausrichtung von Chinas Wirtschaft stellt neue Themen in den Vordergrund. Der Trend zu höherwertigem Konsum, Technologie und Innovation sollte zahlreiche neue Anlagechancen für Anleger entstehen lassen. Außerdem bietet die Aufnahme chinesischer A-Aktien in den MSCI EM Index Zugang zu bedeutenden langfristigen Anlagemöglichkeiten.

Zunehmende Anlagechancen mit chinesischen A-Aktien

Die Aufnahme chinesischer A-Aktien in den MSCI Emerging Markets Index im Juni letzten Jahres ist ein entscheidender Schritt, was Chinas Integration in die globalen Märkte angeht. Wir erwarten, dass das Interesse der Anleger an chinesischen Unternehmen dadurch zunimmt und erhebliche Mittel in Chinas inländischen Aktienmarkt fließen. Der Markt für chinesische A-Aktien ist nach dem der USA der zweitgrößte Aktienmarkt der Welt.

Nach der erstmaligen Aufnahme wird MSCI den Inklusionsfaktor für A-Aktien von fünf Prozent auf 20 Prozent anheben, was den Renminbi stützen wird. Darüber hinaus dürfte die Indexaufnahme die Weiterentwicklung von Chinas Kapitalmärkten erleichtern. Bis zur vollständigen Inklusion vergehen sehr wahrscheinlich fünf bis zehn Jahre – je nachdem, welche Fortschritte beim Marktzugang erzielt werden.

Der Markt für A-Aktien öffnet Anlegern die Möglichkeit, sich auf breiter Basis in China zu positionieren, und er korreliert bislang nur wenig mit den globalen Aktienmärkten. Da er sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, bietet dieser Markt aktiven Portfoliomanagern bedeutende Anlagechancen.

Neuausrichtung der Wirtschaft

Der Konsum in China verliert an Geschwindigkeit, verlagert sich aber gleichzeitig in Richtung höherwertiger Waren und Dienstleistungen. Eine Umstrukturierung des Verbrauchs findet statt, da Chinas Mittelschicht weiter wächst und ihre Kaufkraft dank steigender Löhne und Gehälter zunimmt. Junge Erwachsene geben Geld für Unterhaltung und innovative Produkte aus. Immer mehr ältere und wohlhabende Chinesen investieren ihr Geld in Dienstleistungen des Finanz- und Gesundheitsbereichs. Kurz gesagt, erlebt China die Entstehung einer „neuen“ Wirtschaft, die durch diese Sektoren geprägt wird.

Gleichzeitig nimmt der Anteil der produktionsorientierten „alten“ Wirtschaft weiter ab. Die „neue“ Wirtschaft hat derzeit einen Anteil von über 55 Prozent an der Marktkapitalisierung des MSCI China. Die mit dem Trend zu höherwertigem Konsum verbundenen Themen sowie Technologie und Innovation eröffnen Anlagemöglichkeiten.

Der Aufstieg der „neuen“ Wirtschaft bedeutet: China will als Produzent den Schwerpunkt von Quantität zu Qualität verlagern. Zum Beispiel hat China bereits den weltweit größten Markt für Roboter und die Regierung unterstützt die Roboterindustrie aktiv mit Steuersenkungen und Fördermitteln für Forschung und Entwicklung. China ist auch der größte Markt für Elektrofahrzeuge. Innovation wird einer der wichtigsten Wachstumsfaktoren sein; denn China ist das Land mit den zweithöchsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung.

Handelskonflikt: Die Parteien scheinen einer Einigung näher zu kommen

Letztes Jahr hat das Aufeinanderprallen von Präsident Xis „chinesischem Traum“ und Präsident Trumps „Make America Great Again“-Offensive das Verhältnis zwischen den USA und China belastet. Peking und Washington bemühen sich zurzeit um eine Beilegung ihres Handelskonflikts. Sie stehen kurz vor dem Abschluss ihrer Verhandlungen und es könnte bald zu einer Einigung kommen, weil ein Ende des Konflikts im Interesse aller ist.

Zuvor müssen aber noch diese Fragen geklärt werden: der Marktzugang, geistiges Eigentum, der Wechselkurs von Chinas Währung und ein Mechanismus, um gegebene Zusagen durchsetzen zu können. Die USA bestehen auf einem solchen Mechanismus und der Möglichkeit, Strafzölle zu verhängen. Wir rechnen nicht mit einer Verschärfung des Handelskonflikts.

Die Märkte erholen sich dank staatlicher Konjunkturförderung

Nachdem Chinas Aktienmärkte letzten Oktober auf Tiefstände gefallen waren, erholen sie sich jetzt allmählich und bei den Unternehmensgewinnen scheint die Talsohle erreicht zu sein. Letztes Jahr brachte die Regierung mehrere Maßnahmen auf den Weg, um die Wirtschaft an mehreren Fronten zu stimulieren. Auf makroökonomischer Ebene ist China zu einer lockereren Geldpolitik und einer expansiveren Fiskalpolitik übergegangen. Um die laufenden Handelsgespräche mit Washington voranzubringen, hat Peking seine Anstrengungen verstärkt, um durch leichteren Marktzugang und die Öffnung des Finanzsektors ausländisches Kapital anzuziehen.

Ferner hat die Regierung Maßnahmen ergriffen, um Kapitalbeschränkungen für Banken zu lockern, wodurch das Kreditwachstum gestärkt wird. Überdies ist China dabei, Steuern zu senken und hat bereits die Umsatzsteuer für mehrere Industriezweige um drei Prozentpunkte reduziert. Weitere Steuersenkungen sollen folgen. Im Übrigen wird die Regierung weiterhin besondere Anleihen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten begeben.

Wir erwarten, dass die staatlichen Fördermaßnahmen das Verbrauchervertrauen und die Unternehmensgewinne stärken und Chinas Aktienmärkte stützen werden. Eine Lösung des anhaltenden Handelskonflikts zwischen den USA und China ist sehr wahrscheinlich. Und es ist davon auszugehen, dass dieser Konflikt zukünftig weniger Einfluss auf die Märkte haben wird.

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