Europa arbeitet sich aus der Rezession heraus

Europäische Aktien neu übergewichtet - Long-Position im US-Immobilienmarkt

16.08.2013 | 13:20 Uhr

  • Eurozone arbeitet sich aus Rezession heraus
  • Sommerflaute bringt Märkte in ruhiges Fahrwasser
  • Griechenland bereitet wieder Sorgen

MÄRKTE: OHNE KLARE RICHTUNG
Die Aktienmärkte machten seit Ende Juli keine großen Luftsprünge mehr. Dies könnte nicht nur an der Sommerflaute, sondern auch an den gegensätzlichen Kräften liegen, die unserer Ansicht nach momentan am Werk sind. Die japanischen Aktien (neutral gewichtet) legten nach ihrem rasanten Anstieg zwischen November und Mai eine Verschnaufpause ein. Die Anleger werden sich allmählich bewusst, dass fiskal- und geldpolitische Anreize alleine die wirtschaftlichen Probleme Japans nicht lösen werden. Notwendige strukturelle Reformen können nicht mehr ewig auf die lange Bank geschoben werden. Auch die Zeiten, in denen die schwache Währung den Unternehmen Zusatzgewinne bescherte, könnten nun vorbei sein, wie die jüngste Yen-Aufwertung nahelegt. Die japanische Konjunktur zeigte sich zuletzt von ihrer schwachen Seite und dürfte im nächsten Jahr zusätzlich durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer belastet werden.

Schwellenländeraktien (übergewichtet) korrigierten im Mai und Juni bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr sehr deutlich, nachdem enttäuschende Konjunkturdaten abermals Ängste vor einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft geschürt hatten. Auch in anderen Ländern verlangsamte sich das Wachstum. Unserer Meinung nach haben die Märkte die Verlangsamung nun diskontiert. Was die Exporte und die Industrieproduktion betrifft, haben China und andere Schwellenländer die Talsohle durchschritten. Auch das Gewinnwachstum zog wieder an. Die Bewertungen sind vor allem verglichen mit den Industriestaaten günstiger geworden.

US-Aktien (untergewichtet gegenüber Europa) haben sich unterhalb der jüngsten Rekordhochs eingependelt. 2011 und 2012 konnten die Aktienkurse nicht mit dem Gewinnwachstum je Aktie mithalten. In letzter Zeit verhielt es sich genau umgekehrt, sodass sich die Lücke wieder geschlossen hat. Wir halten US-Aktien momentan sogar für überbewertet. Der Grund: Die Märkte scheinen eine Wachstumsbeschleunigung in der zweiten Jahreshälfte einzupreisen, obwohl der Abbau der Anleihenkäufe durch die Fed (QE3) und die Haushaltsprobleme (Schuldengrenze und neue Haushaltsverhandlungen) für Gegenwind sorgen dürften.

An den Anleihenmärkten hat sich die Lage entspannt. Doch obwohl die Volatilität von US-Staatsanleihen zurückgegangen ist, liegt sie immer noch auf Niveaus, die über weite Strecken im Jahr 2012 und in den ersten Monaten dieses Jahres vorherrschten. Ganz aufatmen können Anleihenanleger also noch nicht. Voraussichtlich werden die wichtigsten Zentralbanken die Kapitalmarktzinsen weiterhin niedrig halten. Die EZB und die Bank of England haben jedenfalls unlängst ihre Niedrigzinspolitik bekräftigt. Die japanische Zentralbank setzt ihrerseits weiterhin auf eine massive quantitative Lockerung. Inflationsgefahren sehen wir derzeit keine.

Wir favorisieren Schwellenländeranleihen. Europäische Investment-Grade-(IG)-Unternehmensanleihen entschädigen die Anleger unserer Meinung nach nämlich nicht ausreichend für die jüngsten Rating-Herabstufungen, die strikten Kreditvergabebedingungen der Banken, den nach wie vor trüben europäischen Konjunkturausblick und die relativ hohen Bewertungen. In Europa sind wir in IG-Unternehmensanleihen gegenüber Aktien untergewichtet.

Europäische Aktien (derzeit gegenüber den USA übergewichtet) legten weiter zu. Angesichts der höheren Risiken und dem voraussichtlich niedrigeren BIP-Wachstum in Europa ist ein Bewertungsabschlag gegenüber USAktien gerechtfertigt. Momentan halten wir diesen aber für zu groß, weil Europa die Rezession hinter sich gelassen und die Gefahr einer Auflösung der Eurozone abgenommen hat.

Unsere Long-Position im US-Immobilienmarkt gegenüber US-Aktien haben wir in eine einfache Long-Position im US-Immobilienmarkt umgewandelt. Wir erwarten nämlich, dass die Nachfrage nach gewerblichen Immobilien zunehmen wird. Die Leerstandsraten sind jedenfalls günstig, während sich die Zahl neuer Objekte in Grenzen hält. Andererseits sind die Dividendenrenditen von Immobilienaktien insbesondere im Verhältnis zu den Anleihenrenditen zurückgegangen. Da die Anleger derzeit nach Rendite suchen, hat diese Anlageklassen daher – auch gegenüber Aktien – an Attraktivität eingebüßt.

ERMUTIGENDE WIRTSCHAFTSDATEN
Die Eurozone hat die Rezession im zweiten Quartal überwunden. In Italien, Spanien und den Niederlanden schrumpfte die Wirtschaft zwar immer noch, aber weniger stark als zuvor. Das überraschend gute Wachstum in Frankreich und Deutschland steht zum Teil im Widerspruch zu den Frühindikatoren und könnte daher noch nach unten angepasst werden. Im ersten Quartal erwies sich die Kälte als Hemmschuh für das Wachstum, was nun den sprunghaften Anstieg im zweiten Quartal erklären könnte.

Die Industrieproduktion lag zum ersten Mal seit Oktober 2011 wieder im positiven Bereich. Deutschland verzeichnete ein kräftiges Produktionswachstum, während auch Italien auf dem Weg zur Besserung bleibt. Künftig sollte die Industrieproduktion weiter anziehen. Die meisten Peripherieländer sind mit Blick auf die Produktionskosten wettbewerbsfähiger geworden. Zudem stabilisiert bzw. verbessert sich nun das Weltwirtschaftswachstum. Der ZEW-Index, der die Konjunkturerwartungen für die Eurozone abbildet, verzeichnet den höchsten Stand seit Januar 2010.

Die Eurozone ist allerdings noch nicht über den Berg. Griechenland kämpft mit den Spar- und Reformvorgaben und auch Portugal bekundet Mühe bei der Einhaltung seiner Sparziele. Der IWF sprach sich für einen weitergehende Restrukturierung von Griechenlands Schulden aus, aber vor den Wahlen in Deutschland im September ist nicht damit zu rechnen. Das Thema ist politisch ein heißes Eisen, weil anderen Mitgliedstaaten der Eurozone Verluste drohen. An den Märkten ist hingegen nicht mit grossen Auswirkungen zu rechnen. Sie haben sich an dieses Szenario bereits gewöhnt.

In den USA hat sich das Einzelhandelswachstum verlangsamt. Somit entwickeln sich die Konsumausgaben derzeit im besten Fall stabil.

Das BIP für das zweite Quartal dürfte deutlich nach oben revidiert werden. Die letzten Außenhandelsdaten waren nämlich besser als zunächst angenommen. Andererseits spricht der Importrückgang für eine eher schwache Binnennachfrage.

In den USA hat sich die Stimmung bei Kleinunternehmern etwas weniger stark als erwartet verbessert. Eine weitere Aufhellung wäre möglich, wenn der Haushaltsstreit der letzten beiden Jahre dieses Jahr nicht erneut eskalieren sollte. Die Einstellungsabsichten haben sich verbessert.

Der Marktausblick im pdf-Dokument.

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