Robeco stellt sich vorsichtig auf, jetzt ist aktives Fondsmanagement gefordert

Bei der Mittelbeschaffung von Unternehmen ist eine Verschiebung weg von Bankkrediten hin zu den Kapitalmärkten zu beobachten. Mit Blick auf die zunehmend instabilen technischen Faktoren dürften die Notenbanken eine Lücke entstehen lassen, die private Anleger unmöglich schließen können.

16.04.2018 | 15:07 Uhr

Die Fundamentaldaten und insbesondere das Wirtschaftswachstum sind für Unternehmensanleihen nach wie vor günstig. Die Spreads sind niedrig und machen die Papiere teuer. Mit Blick auf den Markt gibt es dennoch keinen Grund zur Panik. Wir sind in einer Situation, in der aktive Manager gefordert sind. Da die US-Notenbank Fed dabei ist, ihre Quantitative-Easing-Maßnahmen rückgängig zu machen und die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors in absehbarer Zeit drosseln wird, dürfte die Volatilität zunehmen. Dies wird in unserem Anlageuniversum zu einer breiteren Streuung führen, sodass sich Gelegenheiten für eine gezielte Emittenten-Auswahl ergeben dürften.

Mehrere Indikatoren weisen darauf hin, dass der Kreditzyklus seinem Höhepunkt entgegengeht. Es ist schwierig, den Wendepunkt genau vorherzusagen. Märkte können eine ganze Weile auf einem „Hochplateau” verweilen. Nach unserer Einschätzung gehen die US-Märkte voran und haben den Gipfelpunkt des Bullenmarktes bereits hinter sich. 

Robecos Einschätzung zu den einzelnen Segmenten des Unternehmensanleihemarkts.

Quelle: Robeco

Fundamentaldaten: anhaltendes Wachstum und Dollarschwäche

Das Weltwirtschaftswachstum wird von drei Konjunkturlokomotiven gezogen: den USA, Europa und China. Eine zentrale Frage lautet, wie lange der US-Konjunkturzyklus andauern wird? Durch die finanzpolitischen Stimulierungsmaßnahmen könnte er etwas verlängert werden. Doch diese verstärken auch die Ungleichgewichte und werden letztlich zu einer tiefer gehenden Rezession führen. Die Inflation ist nach wie vor sehr verhalten, alle Voraussetzungen für eine Zunahme sind in den USA aber bereits gegeben: knappes Arbeitskräfteangebot, schrumpfende Erwerbsbevölkerung sowie die „Zutaten” doppeltes Defizit und zunehmender Protektionismus.Die Verschuldung von US-Unternehmen liegt auf untragbar hohem Niveau. Dagegen erlebt Europa ein solides Wirtschaftswachstum. Die Risiken gehen sicherlich nicht von Europa aus. Wenn sich die US- Konjunktur verlangsamt, wird Europa davor jedoch nicht gefeit sein.Schwellenländer-Investoren sollten den US-Dollar im Auge behalten: Die dortigen Märkte sind sehr entspannt und erwarten eine Fortsetzung der Dollarschwäche. In Anbetracht des weiter anschwellenden doppelten US-Defizits können wir uns eine weitere Abwertung der US-Währung vorstellen – kommt es nicht dazu, könnten Schwellenländeranleihen ernsthaften Risiken ausgesetzt sein. Ausländische Kreditnehmer nutzen den Dollarmarkt zur Beschaffung von Finanzmitteln. Wenn der Dollar abwertet, stärkt dies ihre Bilanzen. Ein stärker werdender Dollar würde genau das Gegenteil bewirken.

Das Bewertungsniveau ist überall hoch

Die Märkte für Unternehmensanleihen sind in allen Rating-Kategorien teuer, sowohl in Europa als auch in den USA. Dennoch haben wir weiter eine Präferenz für Europa. Für europäische High-Yield-Anleihen bekommen Anleger im Vergleich zu den Papieren von US-High-Yield-Emittenten mit ähnlichem Rating immer noch zusätzliche Spreads. Bei Investment-Grade-Emittenten unterscheiden sich die Spreads kaum, wobei europäische Unternehmen aber tendenziell etwas konservativer sind.In Europa sehen wir bei Anleihen aus dem Finanzsektor immer noch ein Wertpotenzial. So sollten Anleihen von Versicherungsgesellschaften eine gewisse Absicherung gegen steigende Zinssätze bieten, denn ihre Ertragskraft nimmt bei steigenden Zinssätzen normalerweise zu. Dasselbe gilt für Banken, die von einem Rückgang Notleidender Kredite und von stärkeren Bilanzen profitieren.

Die technischen Faktoren wirken zunehmend instabil

Der Spread zwischen dem LIBOR und dem Overnight Index Swap (OIS) weitete sich zuletzt aus. Dieser Spread bildet die Differenz zwischen dem risikolosen Leitzinssatz und dem Zinssatz ab, den Kreditinstitute am Interbankenmarkt zahlen. Er gilt als Gradmesser für die Verfassung des Bankensystems. Ein höherer Spread bedeutet, dass es teurer ist, sich Dollar zu leihen. Dies macht es für Anleger außerhalb der USA teurer, das Dollar-Wechselkursrisiko abzusichern, was ihr Interesse an US- Zinspapieren dämpfen oder sie sogar dazu veranlassen könnte, ihre US-Anleihen zu verkaufen.Die Notenbanken der Welt sind nach wie vor ein entscheidender Faktor, den es zu beobachten gilt. Auch wenn die EZB und die japanische Notenbank bisher immer noch mehr Anleihen kaufen, als die Fed verkauft, wird die Ausdehnung bis zum Jahresende 2018 einer Kürzung Platz machen.

Wir sehen zudem eine drastische Zunahme der von Unternehmen an den Kapitalmärkten aufgenommenen Mittel und somit eine Verschiebung weg von Bankkrediten. Da die Kapitalmärkte meist schneller auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren als traditionelle Kreditsachbearbeiter, könnten sich die Kreditbedingungen für Unternehmen viel schneller verschärfen, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Vorsichtige Positionierung

Wir managen Investment-Grade-, High-Yield- und Schwellenländeranleihe-Portfolios. Unsere Präferenz liegt weiterhin bei Euro-Unternehmensanleihen gegenüber US-Dollar-Papieren. Mit unserem Portfolio, das aus Unternehmensanleihen aus Schwellenländern besteht, die in Hartwährung denominiert sind, sind wir vorsichtig positioniert. Denn die Rentenmärkte der Schwellenländer preisen das Tail-Risiko einer unerwarteten Aufwertung des Dollars nicht ein. 


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