Interview

Homeoffice Story: Thomas Justen, Eaton Vance

FundResearch TV dokumentiert im Rahmen der Web-Konferenz „Fonds im Fokus“ den in diesen Zeiten nicht alltäglichen Alltag von Finanzprofis. Heute: Thomas Justen, Business Development Director für Deutschland und Österreich bei Eaton Vance.

27.11.2020 | 07:30 Uhr

Herr Justen, wie sieht Ihr Tag aus?

Thomas Justen: Ich gehe Brötchen holen, frühstücke mit den Kindern, bevor sie zur Schule gehen, dann drehe ich eine kleine Runde mit den Hunden. Gegen acht Uhr bin ich am Schreibtisch. Der Arbeitstag selbst ist geprägt von vielen Telefon – und Videokonferenzen mit Kollegen und Kunden. Der ganz normale Wahnsinn eben. Meine Frau arbeitet ebenfalls viel von zu Hause aus, so dass wir bei der Planung unseres Hauses – bereits vor Corona - zwei Büros berücksichtigt haben. Wir wohnen auf dem Land, einem 3.000-Seelenort. Da hält man einen Lockdown ganz gut aus. Wir haben einen Garten. Im Sommer arbeite ich auch gerne schon mal auf der Terrasse. Das ist angenehm. Uns geht es damit vergleichsweise gut. Es gibt ja auch Kollegen in Frankfurt oder Boston mit vier Leuten in einer kleinen Wohnung. Das kann sehr schnell stressig und zu einer seelischen Belastung werden.

Was hat sich in den vergangenen Wochen für Sie verändert?

Thomas Justen: Ich bin es gewohnt, regelmäßig im Homeoffice zu arbeiten. Eaton Vance hat jedoch ein kleines Büro in Frankfurt. Mein Kollege Thomas Body oder ich schauen dort regelmäßig vorbei, um die Post zu prüfen. Aber das ist in diesem Umfeld irgendwie komisch. Früher habe ich mich in der Mittagspause mit Kunden zum Essen getroffen. Jetzt mache ich mittags meine Runde mit meinen zwei Hunden, einem Riesenschnautzer und einem Pudel, durch die Weinberge. Die Hunde freut es sichtlich. Aber mir fehlt der persönliche Kontakt zu Kunden und Kollegen. Ich empfinde es schon als soziale Abkapselung. Der Kaffee, der Handschlag am Rande, das kann man nicht durch einen Flachbildschirm ersetzen. Davon abgesehen hat sich nicht nur in den vergangenen Wochen, sondern insgesamt in diesem Jahr viel verändert für mich. Ich bin ja erst seit 1. Juni bei Eaton Vance.

Ein neuer Job mitten in der Corona-Krise, und dann auch noch mit einem Arbeitgeber in den USA. Wie ging es Ihnen damit in den vergangenen Monaten?

Thomas Justen: Was soll ich sagen? Das Leben hält viele Überraschungen bereit. Mein Einstieg bei Eaton Vance war schon eine einmalige Erfahrung. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Boston. Eigentlich sollte ich dort eine Einführung bekommen. Das ist aufgrund der Coronakrise natürlich nicht geschehen. Stattdessen habe ich bisher nur digital mit meinen neuen Kollegen dort kommunizieren können. Das allerdings war faszinierend, weil man ja sehr private Einblicke bekommt. Ins Wohnzimmer, in die Küche, ins Kinderzimmer. Nicht Jeder hat ein voll ausgestattetes Homeoffice. Was ich auch beeindruckend finde: Die amerikanischen Kollegen, die uns beim Geschäftssaufbau in Deutschland 

Thomas Justen, Business Development Director für Deutschland und Österreich bei Eaton Vance.

unterstützen, sind zum Teil bereits ab 5 Uhr morgens Bostoner Zeit auf den Beinen und beantworten Mails. Die stellen sich also voll auf uns in Übersee ein. Das ist nicht für jedes US-amerikanische Unternehmen selbstverständlich.

Selbstverständlich ist es ja auch nicht, dass der neue Arbeitgeber kurz nach dem eigenen Jobwechsel von einem anderen Unternehmen übernommen wird.

Thomas Justen: Ja, so ist das mit den Überraschungen. Vor rund zwei Monaten haben wir die Nachricht bekommen, dass wir von Morgan Stanley übernommen wurden. Die externe und interne Kommunikation war aufgrund der Börsenregeln nahezu simultan. Wir haben es also auch nicht viel früher erfahren als die Öffentlichkeit. Ich bin eigentlich sehr zuversichtlich, dass das neue Unternehmen weiter an Stärke gewinnt. Eaton Vance ist stark auf dem US-Markt vertreten, Morgan Stanley global eine große Hausnummer. Während es bei vielen Mergern darum geht, Kosten einzusparen, wachsen hier zwei der wachstumsstärksten Marken der vergangenen Jahre zusammen und ergänzen sich sowohl auf Produkt wie auch Vertriebsseite sehr gut.

Sie waren zuletzt dreieinhalb Jahre bei Jyske Capital. Was hat Sie denn bewogen, zu Eaton Vance zu wechseln?

Thomas Justen: Mir gefällt die grundsätzliche Philosophie des Unternehmens. Eaton Vance ist für ein US-amerikanisches Unternehmen außergewöhnlich sozial engagiert. Die Firma legt großen Wert auf ein ordentliches Diversity Management und äußert sich auch schon mal kritisch zur US-amerikanischen Politik. Auch nach innen sorgt sich das Unternehmen um seine Mitarbeiter. Das sind manchmal nur Kleinigkeiten, aber die zeigen, welcher Geist hier herrscht.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Thomas Justen: Unser Internationaler Vertriebschef hat gesagt: Als Vertriebler seid Ihr nicht dafür gemacht, den ganzen Tag vor dem Bildschirm zu sitzen. Macht Pausen, geht raus an die frische Luft. Zudem gab es für jeden Mitarbeiter eine kleine Einmalzahlung für Fitnessgeräte oder Fitnessclubmitgliedschaften. Ich habe mir für das Geld eine neue Fitnessuhr gekauft und sorge tatsächlich für mehr Bewegung in meinem Tagesablauf. Und wo wir schon beim Thema Gesundheit sind: Eaton Vance bietet uns verschiedene Schulungen an, eine davon heißt Staying Healthy. Da berät uns ein externer Consultant zu gesunder Ernährung. Das zeigt, wie sehr die Firma bemüht ist, das schwierige Umfeld für uns positiv zu gestalten und uns dabei zu unterstützen, fit und gesund zu bleiben.

Fit bleiben bei der Arbeit: Thomas Justen mit Laufband unterm Schreibtisch.

Hat nicht jedes Unternehmen Interesse an der Gesundheit seiner Mitarbeiter?

Thomas Justen: Bei Eaton Vance geht es spürbar über das Übliche hinaus, auch die Mitarbeiter sind initiativ und arbeiten gegen soziale Isolation. Es gibt zum Beispiel eine Video-Konferenz, die eher privat ist: der Virtual Wine Drink zum Wochenende. Während des ersten Lockdowns haben wir uns regelmäßig per Zoom getroffen. Nach den ersten Lockerungen haben die Londoner Kollegen das Event in einen Park verlegt. Freitags mit Pizza auf dem Schoß, das muss nett gewesen sein. Letzte Woche gab es dann (leider) wieder ein virtuelles Treffen. Alle geben sich Mühe, die interne Kommunikation auf hohem Level zu halten. Mir gefällt das.

Meinen Sie, dass sich nach der Übernahme durch Morgan Stanley die Ausrichtung und die Philosophie von Eaton Vance ändert?

Thomas Justen: Morgan Stanley hat einen deutlichen Aufschlag auf den Börsenkurs von Eaton Vance gezahlt. Das ist schon eine Hausnummer. Der Kaufpreis ist ein Kompliment für uns. Deshalb glaube ich auch, dass Morgan Stanley wohl auch auf unsere Qualitäten setzen wird und die funktionierenden Strukturen so lässt, wie sie sind. Insbesondere unser Portfoliomanagement hat seine ganz eine eigene Qualität.

Was genau meinen Sie?

Thomas Justen: Eaton Vance bringt Nachhaltigkeit, Einzigartigkeit und Rendite unter einen Hut. Beim Thema Nachhaltigkeit hat unsere 1976 gegründete Tochtergesellschaft Calvert Research & Management mit dem ersten US-Social Responsible Investment Fonds Maßstäbe gesetzt. Mit dieser Erfahrung agiert Calvert als der Researchpool zum Thema ESG/SRI innerhalb der Eaton Vance Gruppe. Darüber hinaus verfügen wir in den Emerging Markets mit direktem Zugang zu mehr als 80 Ländern über das wahrscheinlich breiteste Netzwerk aller Wettbewerber. Wenn wir in Anleihen investieren, wie wir das beispielsweise mit dem Eaton Vance Emerging Markets Debt Opportunities Fund tun, dann bedeutet dies, dass sich das Fondsmanagement nicht nur die Finanzdaten der Länder ansieht, sondern auch den politischen Zyklus betrachtet, in dem sich das jeweilige Land aktuell befindet. Die Analysten suchen gezielt nach Ländern, die vielleicht noch nicht so viel ökonomische und gesellschaftliche Freiheit bieten, in denen ein Demokratisierungsprozess aber sichtbar voranschreitet. Dort investieren wir und bauen Netzwerke auf. So waren wir vor mehr als 10 Jahren die ersten Investoren in Serbien. Kürzlich haben wir uns in Usbekistan an einer Lokalwährungsanleihe beteiligt.

Fehlt noch der Aspekt der Rendite…

Thomas Justen: Wir können für die Anleger, die in diesen Fonds investieren, einen Mehrwert generieren. Wir investieren in Lokalwährung und erzielen überdurchschnittliche Renditen. Da wir oft sehr frühzeitig im Markt sind, profitieren unsere Anleger davon, wenn die jeweiligen Länder sich öffnen und mehr Kapital ins Land locken. Wir versuchen aber auch, Rückschläge zu vermeiden und unser technisches Know-How hierfür gezielt einzusetzen: Nigeria ist so ein Beispiel. Als das Land in die Emerging Markets Benchmark von MSCI aufgenommen wurde, ist plötzlich viel Geld ins Land geflossen. Die plötzlich höhere Liquidität hat für steigende Kurse gesorgt. Im Rahmen des Ölpreisverfalls ist Nigeria wirtschaftlich zusammengebrochen und wieder aus der Benchmark gefallen. Viele internationale Investoren konnten ihre Positionen nicht verkaufen, da sie sich im Vorfeld nicht mit den lokalen Regeln auseinandergesetzt haben. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und konnten problemlos aus dem Markt aussteigen und somit die Kundengelder schützen.

Trotzdem sind Schwellenländeranleihen ein heißes Pflaster, oder?

Thomas Justen: Wenn man so investiert, wie die meisten traditionellen Anbieter es tun, ja. Emerging Market-Fonds haben in der Vergangenheit oft eine starke Performance geliefert. In der Krise waren die Rückschläge umso härter. Wir haben uns die Frage gestellt, wie wir mit dem Dilemma umgehen können. Damit ein Emerging Markts Debt Fonds stabile Erträge liefert, ist ein sehr kluges Risikomanagement notwendig. Deshalb verteilt der Fonds die Risiken für Hart- und Lokalwährung. In Hartwährung investieren wir jeweils zur Hälfte in Staats- und Unternehmensanleihen, auf Lokalwährungsseite nur in Staatsanleihen. Knapp 60% der Erträge von Hartwährungsanleihen in den letzten 20 Jahren sind auf die Duration von US Treasuries zurückzuführen, die von konstanten Zinssenkungen profitierten. Sollten die Zinsen in den USA wieder steigen, kommen Investoren, die in den Schwellenländern auf traditionelle Art nur in Hartwährung investieren, ins Schleudern. Wir hedgen daher die US-Treasury Duration aus dem Portfolio, um dem Investor die Exposure zum Markt zu geben, aber nicht am Tropf der Fed zu hängen. So reduzieren wir eines der wesentlichen Risiken deutlich.

Anleihe-Investitionen in Lokalwährungen sind ein sicheres Investment?

Thomas Justen: Sicherheit gibt es natürlich nicht. Aber Sie können Risiken reduzieren. In der Benchmark für Lokalwährungen sind 19 Länder vertreten. Die großen sechs darin sind Polen, Thailand, Mexiko, Brasilien, Südafrika und Russland. Diese stehen für 60 Prozent der Volatilität der Benchmark. Der mexikanische Peso ist die einzige Emerging Markets Währung, die 24 Stunden am Tage gehandelt wird. Der gerät deshalb immer als erster unter Druck, wenn was passiert. Unser direkter Zugang zu über 80 Lokalwährungen gibt uns die Möglichkeit, auch jenseits der großen Benchmarkpositionen in sehr attraktive Märkte zu investieren, darunter auch etliche Frontier-Märkte. Das beschert dem Fonds eine niedrigere Volatilität, eine höhere Rendite und nebenbei auch noch eine niedrigere Korrelation zum Gesamtmarkt. Dadurch bekommt der Fonds ein sehr defensives Profil. Wenn die Märkte nach oben gehen, sind wir mit 85 Prozent dabei, nach unten nur mit bis zu 60 Prozent. Deshalb ist der Eaton Vance Emerging Markets Debt Opportunities Fund in seiner Vergleichsgruppe immer ziemlich weit oben.

Der Preis dafür dürfte sein, dass die Liquidität in den kleineren Märkten sehr niedrig ist.

Thomas Justen: Ganz im Gegenteil. Die Liquidität von Anleihen in Lokalwährungen ist oftmals größer als bei Hartwährungsanleihen. Es gibt deutlich mehr lokale Marktteilnehmer wie etwa Pensionskassen oder Versicherungen, die im Zweifel als Handelspartner auftreten können. Unser Netzwerk in diesen Ländern hilft uns dabei, hier zur richtigen Zeit das Richtige zu tun.

Wie pflegen Sie Ihre Netzwerke in diesen Ländern?

Thomas Justen: Unser Länder-Researchteam reist regelmäßig und besucht jedes Jahr mehr als 30 Länder. Hierbei sprechen wir nicht nur mit Zentralbanken, sondern auch mit politischen Vertretern aus Regierung und Opposition sowie lokalen Wirtschaftswissenschaftlern und Investoren, zum Beispiel Versicherungen, um ein umfassendes Bild zum Investitionsklima im Land zu erhalten.

Werden Sie in absehbarer Zeit auch mal wieder reisen?

Thomas Justen: Ich freue mich sehr darauf, meine neuen Kollegen in London und Boston endlich persönlich zu treffen.

Herr Justen, vielen Dank für dieses Gespräch. Und bleiben Sie gesund.

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