Interview

Homeoffice Story: Stefan Becker, Neuberger Berman

FundResearch TV dokumentiert im Rahmen der Web-Konferenz „Fonds im Fokus“ den derzeit nicht alltäglichen Alltag von Finanzprofis. Heute: Stefan Becker, Leiter Intermediär-Geschäft für Deutschland & Österreich bei Neuberger Berman.

10.06.2020 | 08:45 Uhr

Herr Becker, wie sieht Ihr Tag aus?

Stefan Becker: Ich arbeite von zu Hause aus, regelmäßig kommt meine neunjährige Tochter herein und hat Fragen zu ihren Hausaufgaben. Zwischendurch will auch meine vierjährige Tochter mit „Schule“ spielen, wenn sie sieht, dass wir beschäftigt sind. Dass Job und Privatleben miteinander verschmelzen, hat sich erstaunlicherweise schnell eingespielt.

Stefan Becker, Neuberger Berman

Was hat sich in den vergangenen Wochen für Sie verändert?

Stefan Becker: Ich bin normalerweise viel unterwegs. Das war in den vergangenen Wochen natürlich nicht der Fall. Aber abgesehen davon, hat sich die Struktur des Tages glücklicherweise für mich kaum verändert. Es war auch keine besonders große Umstellung. Ich habe schon vor Corona tageweise Homeoffice gemacht. Neuberger Berman ist hier sehr innovativ und hatte die komplette Infrastruktur schon geschaffen. So kann ich außerhalb des Büros einfach auf meinen Arbeitsserver und unser Telefonsystem zuzugreifen. Das einzige, was ich zu Hause nicht habe, ist ein großer Bildschirm. Ich arbeite am Laptop. Was natürlich schon fehlt, sind persönliche Treffen mit Kollegen und vor allem mit Geschäftspartnern.

Wie gehen Ihre Kunden damit um?

Stefan Becker: Wir sitzen irgendwie alle in einem Boot. So fühlt es sich jedenfalls an. Ich spüre einen gewissen Zusammenhalt auf allen Ebenen. Meine Kunden kommen sehr offen auf mich zu und fragen nach neuen Lösungen für bestimmte Konstellationen. Darauf haben wir uns bei Neuberger Berman sehr schnell eingestellt. Daher sehe ich mich oft eher in der Rolle des Beraters und weniger als Vertriebsmitarbeiter. Das geht über den reinen Fondsvertrieb hinaus. Gerade in den vergangenen Wochen war das wichtig. Wir bieten nicht einfach Fonds aus unserem Sortiment an, sondern wir versuchen, Investmentlösungen zu erarbeiten, die unseren Kunden Antworten auf ihre Fragen liefern. 

Können Sie das etwas konkretisieren?

Stefan Becker: Zuerst einmal versuche ich zu verstehen, was mein Geschäftspartner braucht? Besonders in Zeiten wie diesen ist es wichtig, zu fragen, was der Kunde erreichen will. Was sind seine Anforderungen? Wie können wir ihm dabei helfen? Wenn wir Lösungen anbieten, meine ich damit nicht nur, Fonds vorzuschlagen, sondern auch mit Infos, Marktanalysen und auch weitergehenden Gesprächen da zu sein. So haben unsere CIOs auf dem Höhepunkt der Corona-Krise etwa ihre Köpfe zusammengesteckt und für unterschiedliche Regionen und Anlageklassen ein sogenanntes Playbook entwickelt, in dem sie aufzeigen, wie es für wen jetzt wie weitergehen könnte. Was die Perspektiven sind. Wo die Herausforderungen und wo die Chancen liegen. Dieses Playbook haben wir unseren Kunden als Ratgeber zur Verfügung gestellt. 

Sie nannten auch persönliche Gespräche als Hilfe…

Stefan Becker: Richtig. Unsere CIOs haben sich nicht damit begnügt, diese Szenario-Analyse zu betreiben, sondern sie haben sich angeboten, die Kunden persönlich durch die Playbooks hindurchzuführen und Hintergrundwissen ganz konkret im Gespräch zu teilen. Das ist super gut angekommen. 

Wer sind Ihre Kunden? Und wie gehen diese mit den Informationen um, die Sie ihnen zukommen lassen?

Stefan Becker: Unsere Kunden sind vor allem Dachfondsmanager, Multi Asset -Portfolio-Manager oder auch Vermögensverwalter und Family Offices. Die Infos, die sie für sich herausziehen, wenn sie mit unseren CIOs sprechen, öffnen ihnen zuweilen die Augen für bestimmte Szenarien. Oft ist schon der Perspektivenwechsel hilfreich. Wenn ein CIO in New York, Tokio oder in Hongkong sitzt, hat der natürlich besondere Einblicke in den Markt vor Ort. Dasselbe gilt für Experten eines bestimmten Marktsegments. Man kann als Portfoliomanager nicht alle Märkte gleich gut analysieren. Dafür sind die Gespräche mit unseren Experten hilfreich, um neue Ideen zu entwickeln.

Können Sie ein Beispiel dafür nennen?

Stefan Becker: Eine Investmentlösung, die derzeit zunehmend großes Interesse erfährt, ist alles, was mit Digitalisierung zu tun hat. Wir haben hier ein Investmentteam, das sich mit diesem Thema sehr eingehend beschäftigt. Sie identifizieren zum Beispiel Entwicklungen, die zwar nicht neu sind, sich aber jetzt deutlich beschleunigen. Dazu zählen etwa 5G-Netze. Das ist die vielleicht wichtigste Schlüsseltechnologie für die nächsten digitalen Innovationsschritte. Es geht in Zukunft nicht mehr ohne solche Hochgeschwindigkeitsnetze. Wenn Entscheidungen in Echtzeit getroffen werden und umgesetzt werden müssen, benötigen Sie zwingend schnelle Netze mit hohen Übertragungsraten und hoher Stabilität. Und da gibt es noch viel zu tun. Wer, wie ich, mitbekommen hat, mit welch ruckeligen Bildern und häufigen Tonausfällen in Deutschland derzeit digitaler Schulunterricht stattfinden muss, weiß, was wir da noch vor uns haben. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Die Arbeitswelt wird noch viel intensiver davon betroffen sein. 

Sie sprechen die schlechte digitale Infrastruktur hierzulande an. Wird Deutschland international beim Wettrennen um die Entwicklung von Spitzentechnologien gerade abgehängt?

Stefan Becker: In Deutschland sind wir zwar nicht ganz weit vorne im Moment. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir aufholen können. Wir sind weiter, als mancher meinen mag. Ein Beispiel ist das Thema Autonomes Fahren. Viele deutsche Autobauer haben bereits die Technik, um autonom fahrende Autos auf den Markt zu bringen. Ich traue Deutschland zu, den Rückstand aufzuholen. Auch 5G-Netze entstehen hierzulande schon. Huawei und Ericsson beherrschen zwar aktuell den Markt bei Netzwerktechnologien. Doch die Deutsche Telekom ist eines der führenden Unternehmen, um die Netze anzubieten, auch international. Der Markt ist sehr dynamisch. Es gibt eine Menge Unternehmen, die in ihrer Nische Marktführer sind, die aber kaum jemand kennt. Da sind auch deutsche Unternehmen dabei.

Wie findet man solche Innovationstreiber?

Stefan Becker: Für Privatanleger ist das sehr schwer. Bei Neuberger Berman haben wir bereits vor mehr als zwei Jahren eine Strategie aufgelegt, die sich speziell auf dieses Thema fokussiert. Darin verwalten wir bereits Aktien im Wert von mehr als fünf Milliarden US-Dollar. Jüngst wurde basierend auf dieser Strategie auch ein UCITS Fonds aufgelegt, um die Strategie auch europäischen Investoren zugänglich zu machen. Der Fonds investiert in alle Sektoren und Unternehmen, die bei der Entwicklung der 5G-basierten Technologien ganz vorne dabei sind. KI, autonomes Fahren, Internet of Things, Robotics. Alles, was uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird, ist in dem Portfolio zu finden. 

Der Kühlschrank, der selbst die Milch nachordert, geistert ja schon seit Jahren durch die Welt. Doch anstatt nutzbringende Anwendungen zu entwickeln, haben die erfolgreichsten Unternehmen der vergangenen Jahre vor allem Apps entwickelt, die Nutzern Zeit klauen. Facebook ist das prominenteste Beispiel. Was macht Sie zuversichtlich, dass die nächsten Innovationsschritte tatsächlich zu einer industriellen Revolution führen werden und nicht nur für ruckelfreie Bilder bei Netflix sorgen? 

Stefan Becker: Die 5G-Technologie ist die Basis für eine Reihe von Anwendungen, die heute noch nicht möglich sind. Sie eröffnet eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die derzeit noch undenkbar scheinen und für völlig neue Geschäftsmodelle sorgen werden. Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Krankheit und benötigen eine dringende OP. In den USA gibt es einen Chirurgen, der darauf spezialisiert ist. In fünf Jahren könnten Sie vielleicht in Deutschland in ein Krankenhaus gehen, und der Chirurg in den USA macht die OP von dort aus. Damit das möglich ist, benötigt man stabile und übertragungsstarke Netze. Bei einer Herz-OP etwa darf man sich schließlich keine Netz- oder Serverprobleme leisten. Wenn solche Fernoperationen möglich sind, müssten sich Chirurgen nicht ins Flugzeug setzen, um weltweit zu operieren. Hätte man heute schon vergleichbar starke Netze und passende Anwendungen, hätten während der Corona-Shutdowns Menschen „virtuell“ zum Arzt gehen können. 

Das wirft allerdings auch neue Fragestellungen auf. Juristisch und rechtlich. Wer ist schuld, wenn etwas schief geht? Wenn die OP misslingt, ist dann der Netzbetreiber oder der Chirurg schuld? Wenn ein autonom fahrendes Auto in einen Unfall verwickelt wird: Ist der Fahrer verantwortlich oder die Herstellerfirma?

Stefan Becker: Diese Fragen müssen beantwortet und gesetzliche Grundlagen geschaffen werden. Da kommen wir nicht drum herum... Jetzt wird erstmal die Infrastruktur aufgebaut, in der nächsten Phase kommen die ersten Anwendungen, neue Apps mit neuen Services. Unsere Investmentspezialisten schätzen, dass sich die 5G-Entwicklung über die kommenden zehn bis fünfzehn Jahre hinziehen wird. Ob da der selbst denkende Kühlschrank, der selbst Milch nachbestellt, mit dabei ist, wird sich zeigen. Das Investitionsvolumen ist auf jeden Fall gigantisch. Unsere Experten schätzen es auf 13 bis 14 Billionen Dollar. Auf dem Weg, den die Wirtschaft hier eingeschlagen hat, werden unterschiedlichste Unternehmen noch ganz groß werden. Da sind auch die Apples von morgen dabei. 

Wo sind die Marktführer von morgen? In China? In den USA?

Stefan Becker: Im Fonds haben wir derzeit überwiegend Firmen aus den USA und aus Asien. Die Entwicklung ist aber eine globale. Japan zum Beispiel ist weit fortgeschritten. Und das Land, das derzeit mit am weitesten vorne ist, was 5G betrifft, ist Südkorea. 

Waren Sie schon einmal in Asien?

Stefan Becker: Ich war vor einiger Zeit für sechs Wochen in Japan, um einen Freund zu besuchen. Was ich gesehen habe, hat mich sehr beeindruckt. Zum einen ist da der Spagat zwischen sehr traditionell und sehr, sehr modern. Teilweise sieht man Leute auf der Straße in traditioneller Kleidung. Gleichzeitig ist das Land hoch modern. Wie selbstverständlich die Japaner mit neuer Technik umgehen, ist bemerkenswert. 

Was hat Sie besonders beeindruckt?

Stefan Becker: Wenn Sie mich so direkt fragen: eine vollautomatische Toilette, die einem wirklich alles, was man tun muss, abnimmt. Aber ich gebe zu, ich habe sie nicht genutzt – schon deshalb, weil ich die Beschriftung auf den Tasten nicht lesen konnte. Aber ich habe auch kein ungebremstes Vertrauen in die Apparatur gehabt. Vermutlich war das nicht gerechtfertigt. Für die Japaner ist das schließlich völlig normal. Davon abgesehen: Wie das Land vernetzt ist, ist beeindruckend. Was da alles über Apps und Smartphones gemacht wird – die sind uns mindestens eine Generation voraus. 

Spielt Europa bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien noch eine nennenswerte Rolle? 

Stefan Becker: Europa bringt eine Menge Technologien hervor, die die großen Entwicklungen überhaupt erst ermöglichen. Viele der Technologien zum Beispiel, die man benötigt, um ein Auto autonom fahren zu lassen, kommen aus Europa. Und was man auch nicht unterschätzen darf, ist die nächste Generation, die mit den neuesten Technologien aufwächst. Wenn ich meine vierjährige Tochter sehe, wie selbstverständlich sie mit einem Tablet umgeht, dann finde ich das sehr beeindruckend. Für diese nächste Generation gelten neue Standards. Meine Tochter unterhält sich zum Beispiel sehr gerne mit Siri. Sie unterhält sich mit einer Software! Das war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Da hat eine massive Entwicklung stattgefunden. Und das wird sich in den kommenden Jahren nochmal beschleunigen.

Es ist aber auch eine Generation, die vielleicht zu wenige kritische Fragen stellt, oder?

Stefan Becker: Das würde ich so nicht stehen lassen. Meine Vierjährige hat kürzlich vor dem Festnetztelefon gestanden und gefragt, warum sie damit nicht sehen kann, mit wem sie spricht. Darauf müssen Sie als Vater erstmal die passende Antwort finden.

Herr Becker, vielen Dank für dieses Gespräch.

Fonds im Fokus - Videokonferenz

Dienstag, 30.06.2020

Neuberger Berman: Zukunftstrends. 5G-Konnektivität und Investment-Chancen für attraktives Alpha

Yan Taw (YT) Boon, Director of Research (Asia) von Neuberger Berman erklärt die Besonderheiten des ersten hierzulande erhältlichen “5G”-Fonds und warum es Sinn macht, bei diesem Zukunftsthema dabei zu sein. In den USA ist die „Next Generation Connectivity“-Strategie bereits seit 2018 am Start und mit über vier Milliarden US-Dollar Assets under Management sehr erfolgreich. Die Konferenz findet in englischer Sprache statt und wird ins Deutsche übersetzt.

Jetzt für die Videokonferenz am 30. Juni anmelden.


DI 16.06.

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Der deutsche Mittelstand: zwischen Existenznot und neuen Chancen

BERENBERG

Andreas Strobl, Fondsmanager


Mi 17.06.

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AXA IM´s Blick auf die Märkte und Factor Investing als nachhaltige Anlagestrategie

AXA Investment Managers

Dr. Franz Wenzel; AXA IM CORE - Product Specialists and Solutions


Do 18.06.

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Saubere Energien - Wendepunkte zu einer neuen Energiewelt

PICTET Asset Management

Walter Liebe, Mitglied der Geschäftsleitung, Co-Head of Branch


DI 23.06.

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Infrastruktur für die moderne Welt

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Alex Araujo, Fondsmanager


MI 24.06.

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Sterne strahlen nur im Dunkeln - 30 Jahre Qualitätswachstumsaktien in Europa

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Franz Weis, Portfoliomanager Aktien Europa


Do 25.06.

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Mit Chinas Wandel wachsen – ein zentraler Baustein in der neuen Anlagewelt

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Uwe Röhrig, Senior Equity Specialist, Managing Director


Mi 01.07.

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Patrick Kolb, Senior Portfolio Manager


Do 02.07.

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Performance, Prinzipien und Planet

Morgan Stanley Investment Management

Dr. Dirk Hoffmann-Becking, Portfoliomanager, Executive Director


Di 07.07.

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BL Global Flexible EUR - Vermögensverwaltung auf Basis starker Überzeugungen

BLI - Banque de Luxembourg Investments

Guy Wagner, Managing Director


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KanAm Grund: LEADING CITIES INVEST - Vom Wachstum der Metropolen nachhaltig profitieren

KanAm Grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH

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