Homeoffice Story: Andreas Franz und Oliver Hausemann, Comgest

FundResearch TV dokumentiert im Rahmen der Web-Konferenz „Fonds im Fokus“ den derzeit nicht alltäglichen Alltag von Finanzprofis. Heute: Oliver Hausemann und Andreas Franz von der Fondsgesellschaft Comgest.

03.06.2020 | 07:30 Uhr

Herr Oliver Hausemann, wie sieht Ihr Tag aus?

Oliver Hausemann: Sie sehen in unserer Videokonferenz mit Ihnen und Herrn Franz gerade, was für mich schon lange Alltag ist. Ich hatte schon immer Homeoffice, für mich ist das nicht neu. Ich musste mich nicht umstellen. Das Coronavirus und der damit verbundene Lockdown waren für mich deshalb keine Kulturrevolution.

Oliver Hausemann in seinem Homeoffice

Herr Franz, hat sich in den vergangenen Wochen für Sie etwas verändert?

Andreas Franz: Ich arbeite normalerweise nur selten von zu Hause. Ich bin sonst viel unterwegs und in unserem Düsseldorfer Büro. Aber als Kundenbetreuer hat man ja eigentlich seine wichtigsten Instrumente immer dabei. Computer und Telefon, das hat man überall auf der Welt. Jetzt fällt nur das Reisen erst einmal weg. Was ich merke: Zu Hause zu arbeiten, bringt weniger Unterbrechungen und eine höhere Konzentration mit sich. Das funktioniert ganz gut.

Oliver Hausemann: Die Prioritäten haben sich etwas verschoben. Wir investieren jetzt noch mehr Zeit in die Kundenbetreuung und weniger in die Akquise. Jetzt für unsere bestehenden Kunden da zu sein, ist uns wichtiger, als neue Kunden zu akquirieren. Wobei beides etwas komplizierter geworden ist. Ich kann derzeit nicht sagen: Hallo, ich bin gerade zufällig in Stuttgart. Lasen Sie uns doch mal einen Kaffee miteinander trinken. In der digitalen Kommunikation ist alles viel direkter. Da gehen Zwischentöne verloren.

Andreas Franz, Comgest

Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung um?

Andreas Franz: Die Anlässe für die Gespräche müssen kreiert werden. Deshalb setzen wir neue Stilmittel wie zum Beispiel Webinare und Videokonferenzen ein, um den Leuten deutlich zu machen, dass wir unverändert für sie arbeiten und nah an ihnen dran sein wollen.

Oliver Hausemann: Die klassischen Events, um sich zu präsentieren, sind normalerweise Messen, und Roadshows über das Jahr hinweg. Unsere Kunden wissen, dass sie uns da treffen. Das hat einen gewissen Flow. Das können wir derzeit nur dadurch ersetzen, dass wir häufiger zum Telefon greifen.

Telefone sind jetzt keine digitale Revolution, oder?

Oliver Hausemann: Richtig. Wenn es um das Gespräch „unter vier Augen“ geht, sieht man sich immer noch leider online nur selten in die Augen. Videokonferenzen finden in Zweiergesprächen nur selten statt. Ich würde mich freuen, wenn sich das irgendwann ändert. Denn im persönlichen Gespräch vor Ort kann ich mit meinen Kunden gemeinsam in eine Präsentation schauen. Mit einem guten Webtool können wir das ebenfalls. Am Telefon geht das aber nur schlecht. 

Andreas Franz: Die Dinge ändern sich schnell. Gehen wir mal 25 Jahre zurück. Da gab es nur das Telefon. Verglichen damit leben wir heute in einem Paradies der kommunikativen Möglichkeiten, und wir sind dabei hoch produktiv. Ich mag mir gar nicht ausdenken, was in weiteren 25 Jahren möglich ist.

…wenn uns nicht irgendwelche Pandemien oder sonstige Geschehnisse einen Strich durch die Rechnung machen…

Oliver Hausemann: Alles ist möglich. Wenn es um unsere Branche geht, bin ich aber optimistisch, dass wir nicht nur die Corona-Krise gut überstehen werden. Wir machen gerade die erstaunliche Erfahrung, dass wir als Asset Management Industrie gar nicht so sehr von der Corona-Situation betroffen sind. Wir hatten weder Angebots- noch Nachfrageschocks. Unsere Portfoliomanager haben gut reagiert. Es ist eine vergleichsweise normale Krise. Die gehören eben dazu. Was bleibt, ist, dass unsere Kunden Fragen haben, die wir beantworten müssen. Das Geld muss ja angelegt werden, auch wenn ein Virus umgeht.

Wird sich in der „neuen Normalität“ nichts ändern?

Andreas Franz: Ich mag diesen Begriff nicht. Ich möchte mich damit nicht abfinden, dass wir den gegenwärtigen Zustand mit „Normalität“ beschreiben. Wenn ein Impfstoff da ist, werden Menschen sich wieder normal bewegen können, einander umarmen, begrüßen. Der Mensch braucht Nähe und Haptik. Deshalb werden Konferenzen viel wirkungsmächtiger bleiben als es Alternativen aus der Online-Welt sein können. Aber wir sind gezwungen worden, zu lernen, wie das mit Videokonferenzen und all diesen Dingen funktioniert. Das ist vielleicht eine der wenigen positiven Facetten des Corona-Virus. Bürojobs könnten sich jedoch deshalb dauerhaft verändern. Die Erkenntnis, dass vieles auch von zu Hause aus funktioniert, wird bleiben. Brauchen wir also noch so viele Büroräume? Das wird Spuren auf dem Büroimmobilienmarkt hinterlassen. Die Flächennachfrage könnte dauerhaft sinken.

Nicht nur die Immobilienbranche denkt über die Entwicklungen nach. In vielen Bereichen kommt es zu Verwerfungen. Und oft wird nach dem Staat gerufen, die Probleme zu lösen. Wie finden Sie das?

Andreas Franz: Ich finde, niemand hat etwas zu fordern – egal, ob jetzt eine Krankheit übers Land rollt oder nicht. Wenn ein Unternehmen gut dasteht, muss es auch eine Durststrecke überleben können. Eine Marktbereinigung ist normal in einer marktwirtschaftlichen Welt. Das ist Teil des Lebens. Natürlich gibt es Ausnahmen. Wenn es zum Beispiel um ein Unternehmen wie die Lufthansa geht, kann ich verstehen, dass der Staat Hilfe anbietet. Ein gesundes Unternehmen, dem man im wahrsten Sinne des Wortes die Luft nimmt, ist in einer anderen Situation als beispielsweise die Autoindustrie. Was die fordert, finde ich geradezu anmaßend. Ein Kaufanreiz auf Staatskosten ist keine gute Idee. In der Finanzkrise hat man ja gesehen, dass das nur zu Vorzieheffekten geführt hat. Das Produkt, die Dienstleistung muss überzeugen und nicht eine steuerliche Subventionierung durch die Steuerzahler. Das ermutigt Unternehmen zu innovativer Faulheit. Das ist fortschritts- und wettbewerbsfeindlich. 

Oliver Hausemann: Das Virus schafft etwas, was wir vielleicht nicht ohne es hinbekommen hätten. Unser Blick wird darauf gelenkt, was wirklich wichtig ist. Es wirkt wie ein Brennglas auf verschiedene Bereiche der Gesellschaft. Sozialberufe hatten zum Beispiel bisher ein eher geringes Ansehen. Das hat sich jetzt gedreht und wird hoffentlich auch positive finanzielle Folgen haben. Ich habe Verständnis, wenn Pfleger und Krankenhauspersonal jetzt höhere Gehälter fordern. Das wäre schon lange nötig gewesen. Die Forderung bekommt aber jetzt mehr Aufmerksamkeit. Im krassen Gegensatz dazu verstehe ich nicht, wieso Konzerne, die für das vergangene Jahr hohe Gewinne ausgewiesen haben, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, weil für sie angeblich kein Geld mehr da ist. 

Andreas Franz: Es gibt gute Beispiele für schlechte Governance. Gute Governance ist für uns in der Allokation übrigens ein sehr wichtiger Baustein. 

Aber Rendite doch auch, oder?

Andreas Franz: Natürlich. Unsere Fonds nehmen nur eine überschaubare Zahl von etwa 35 Aktien von Unternehmen ins Portfolio, bei denen wir überzeugt sind, dass sie in den kommenden fünf Jahren ihre Gewinne jährlich um zehn Prozent pro Jahr steigern können. Da sind eher keine Autokonzerne dabei. Einfach, weil sie zu sehr von Wirtschaftszyklen abhängig sind. 

Ist Governance das wichtigste ESG-Kriterium, auf das Sie achten?

Oliver Hausemann: Nein, der Faktor steht in einer Reihe mit Ökologie und sozialen Belangen. Aber wenn Sie schon nach ESG-Kriterien fragen: Die Nachfrage wird größer. Gleichzeitig tun wir uns als Industrie schwer damit, weil es keinen übergeordneten Standard gibt. Das hat Vor- und Nachteile. Einerseits kann man freier agieren. Andererseits nutzt die Industrie ihre Freiheiten aber leider nicht, um einen eigenen Standard zu setzen. Jeder macht, was er will, und am Ende wird es wieder der staatliche Regulator richten. Das finde ich schade. Wir bei Comgest sind sehr engagiert in dem Thema. Wir achten seit 30 Jahren auf Nachhaltigkeit. Wir können das in einer solchen Tiefe, weil unsere Fonds kleine, aber feine Portfolios pflegen, in denen wir ausnahmslos alle Unternehmen tief analysieren. Das ist bei der Bewertung von Nachhaltigkeit eine Herausforderung, für die wir sehr gute Lösungen gefunden haben. Ein Unternehmen wie SAP betrachten wir da anders als beispielsweise einen Wert wie etwa Louis Vuitton. Diesen Luxus können wir uns leisten, weil wir kleine Portfolios mit hoher Überzeugung pflegen. Wir behalten die Werte lange im Depot. Mit Ausnahme unseres Schwellenländerfonds haben wir selten mehr als 30-40 Titel in einem Comgest-Portfolio. 

Andreas Franz: Wir suchen weltweit nach passenden Investitionschancen, also nach Unternehmen, die hohe freie Cashflows zeigen, um kontinuierlich wachsen zu können. Diese Unternehmen verteilen sich zufällig auf verschiedene Länder. Wir sind so „Bottom-Up“, wie man nur sein kann. Wir fragen uns: Wo finden wir das stabilste Gewinnwachstum in der Größenordnung, die wir suchen? Die Unternehmen aus unseren regionalen Fonds bilden die Grundlage für unser globales Portfolio. Das versteht sich als ein „Best of“ der Regionalfonds. Für dieses „Best of“ gilt am ehesten folgende Frage: Wo bekomme ich das langfristig stärkste Unternehmen zum besten Preis. 

Wenn Sie weltweit vorgehen, klingt das nach einem globalen Ansatz. Wozu haben Sie überhaupt noch Regionen-Fonds im Angebot? Warum zum Beispiel sollte man jetzt ausgerechnet in europäische Unternehmen investieren?

Andreas Franz: Viele Vermögensverwalter und Banken und Pensionskassen legen ihre regionale Allokation selbst fest. Denen können wir mit einem Regionen-Fonds ein Angebot machen, mit dem sie dann steuern können, wie groß der Anteil einer bestimmten Region in ihrem Portfolio ist. Wir bieten Tortenstücke an, die nur ein Teil des Ganzen sind.

Oliver Hausemann: Die Kunden, die bei uns einkaufen, wissen genau, was sie bekommen. Wir investieren ausschließlich in die Assetklasse Aktien. Wir machen nur Aktienfonds. Alle werden auf dieselbe Art gemanagt. Bildhaft gesprochen, liegen auf den Tortenstücken, die wir anbieten, quasi immer Erdbeeren. Bananenkuchen bekommt man bei uns nicht. In dieser Nische bewegen wir uns sehr sicher und erfolgreich, auch für unsere Investoren und Vertriebspartner. 

Um in dem Bild zu bleiben: Gibt es nicht auch mal ein wenig Sahne obendrauf?

Oliver Hausemann: Doch, wir geben den Kunden zum Beispiel die Möglichkeit, bei unseren Europa- und Schwellenländerfonds jeweils auch eine Version auszuwählen, die eine feste Ausschüttung von viermal ein Prozent jährlich bietet. Wir planen das auch für die globalen Fonds. Wem das Sahnehäubchen schmeckt, der kann das haben. Bei der Torte bleiben wir aber konsequent bei unseren Erdbeeren – und zwar nur den besten, die man bekommen kann. 

Herr Hausemann, Herr Franz, vielen Dank für dieses Gespräch.

Fonds im Fokus - Videokonferenz

Mittwoch, 24.06.2020

Comgest: Sterne strahlen nur im Dunkeln - 30 Jahre Qualitäts-wachstumsaktien in Europa

In den kritischen Wochen der Corona-Krise haben Aktien struktureller Wachstumsunternehmen weniger verloren und anschließend stärker zugelegt. Die Comgest-Experten erklären, wieviel Potenzial noch bleibt und welche die passenden Strategien für die kommenden Monate sein könnten.

Jetzt für die Videokonferenz am 24. Juni anmelden.


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