WisdomTree: Verpassen Sie das Rohstoff-Comeback?

Gehören Rohstoffe ins Portfolio? Betrachtet man die Vorteile der „Asset-Allokation“ und „Diversifizierung“, würde man sie mit „Ja“ beantworten. Ein Blick auf von den Marktteilnehmern in den vergangenen fünf Jahren gesammelten Erfahrungen vermittelt jedoch ein anderes Bild.

12.03.2018 | 12:34 Uhr

Gehören Rohstoffe ins Portfolio?

Insbesondere im derzeitigen Umfeld ist diese Frage hochinteressant. Wenn man bereits verschiedene Grundlagenwerke im Finanzbereich mit Ausführungen beispielsweise zu den Vorteilen der „Asset-Allokation“ und „Diversifizierung“ gelesen hat, würde man sie wohl praktisch ohne weiteres Nachdenken mit „Ja“ beantworten.

Ein Blick auf die Realität der von den Marktteilnehmern in den vergangenen fünf Jahren gesammelten Erfahrungen vermittelt allerdings möglicherweise ein deutlich anderes Bild, insbesondere bei Betrachtung der entsprechenden Verhaltensmuster.

US-Aktien mit sehr hohen Renditen, breit gefasste Rohstoffe mit Gegenwind


Quellen: WisdomTree, Bloomberg. US-Aktien: S&P 500 Index. US Fixed Income: Bloomberg Barclays US Aggregate Index. Breit gefasste Rohstoffe: Thomson Reuters Continuous Commodity Index. Sie können nicht direkt in einen Index investieren. Zeitraum vom 31.12.2012 bis zum 15.02.2018.

  • Bis auf wenige Ausnahmen im Zeitraum von Mitte bis Ende 2015 sowie zu Beginn des Jahres 2016 verzeichneten US-Aktien einen beständigen Aufwärtstrend. Zumindest bis zum Februar 2018 zeigte die Kursentwicklung historisch niedrige Schwankungen. Eine durchschnittliche jährliche Rendite von 15,90% über fünf Jahre ist als sehr gutes Ergebnis einzuschätzen.

  • In  diesem  Fünfjahreszeitraum  waren  die  Zinssätze  überwiegend  historisch niedrig oder kamen diesem Niveau sehr nahe. Dies erklärt auch die auf festverzinsliche US-Wertpapiere erzielten niedrigen Renditen. Zu beachten ist jedoch, dass auch diese Anlageklasse eine positive Entwicklung verzeichnete und folglich Aktienkursschwankungen in einem breiteren Portfolio gedämpft hätte.

  • Breit gefasste Rohstoffe verloren dagegen kumuliert nahezu ein Drittel ihres Wertes, was einem Verlust von 6,5% pro Jahr entspricht. Anleger, die in den vergangenen fünf Jahren in Rohstoffe investiert waren, haben damit also nur Verluste generiert – ganz im Gegensatz zu den mit ihren US- Aktienportfolios erzielten herausragenden Renditen.

Verschiebung der Faktoren mit Einfluss auf Renditen von Rohstoffanlagen

In der Gesamtbetrachtung kommt es zunächst auf die Erfassung der Faktoren an, welche die Renditen von Rohstoffanlagen derart negativ beeinflusst haben. Denn diese Treiber führen entweder weiterhin zu sehr ungünstigen Entwicklungen (mit Beeinträchtigung der Renditen), oder es kommt zu einer Verschiebung (mit einer zukünftig besseren Renditeentwicklung).

  1. Absicherung: Bei Rohstoffanlagen unter Rückgriff auf Futures-Kontrakte für das Eingehen von Positionen wird eine Komponente der Rendite aus der Anlage in die Besicherungsinstrumente dieser Kontrakte generiert (üblicherweise kurzlaufende Staatsanleihen). Die US Federal Reserve hat sich einer künftigen Erhöhung der Leitzinsen verschrieben, so dass auch die Renditen von Besicherungsinstrumenten für Rohstoffanlagen von dem derzeitigen Niveau nahe Null wieder steigen dürften.

  2. Spotpreise: Dieser Begriff bezeichnet die Preise der eigentlichen Rohstoffe, die börsentäglich ermittelt werden. Vielfach gehen Anleger davon aus, dass sie nur genau diese Renditekomponente vereinnahmen können. Da Rohstoffe überwiegend in US-Dollar notiert sind und sich der Dollarkurs bisher eher schwächer entwickelt hat, könnte es hier zu einer Umkehr des negativen Trends kommen, gefolgt von einem Anstieg der Spotpreise.

  3. Rollen: Sofern für das Eingehen von Rohstoffpositionen auf Futures-Kontrakte zurückgegriffen wird, ist die Anlage zu bestimmten Zeitpunkten vom auslaufenden auf einen neuen Kontrakt zu „rollen“. Bei diesem Schritt entstehen entsprechende Kosten. Wenn die Rohstoffpreise an den Futures-Märkten höher als die aktuellen Spotpreise sind  und  im  Vergleich  zu  diesen  steigen,  ergibt  sich  ein  negativer  Effekt  dieser „Rollrendite“ (Contango). Umgekehrt führen im Vergleich zu aktuellen Spotpreisen niedrigere    und   fallende    Rohstoffpreise    zu    einem    positiven   Einfluss    dieser Renditekomponente (Backwardation).

Beginnender Spotpreis-Anstieg im Laufe des vergangenen Jahres

Quellen: WisdomTree, Bloomberg. Rohstoffe ausgewählt aus dem Universum des Thomson Reuters Continuous Commodity Index.

 Einer der wichtigsten Trends ist in der Grafik an dem zunehmend größeren grau eingefärbten Teil der Balken ablesbar und stellt den Anstieg der Spotpreise für Energierohstoffe dar. Auf Spotmarkt-Basis ergab sich in der betrachteten Periode lediglich für Agrarrohstoffe eine ungünstige Entwicklung.

Jüngste Stabilisierung der Rollrenditen

Q
uellen: WisdomTree, Bloomberg. Rohstoffe ausgewählt aus dem Universum des Thomson Reuters Continuous Commodity Index.

 Die Rollrenditen bewegten sich im vergangenen Jahr noch im negativen Bereich. Jüngst ist es hier jedoch zu einer Stabilisierung gekommen, insbesondere in den grünen (Getreide) und grauen (Energie) Bereichen, die den größten Beitrag zur Rollrendite leisten. Wenn die Rollrenditen für Energierohstoffe und Getreide sich ausgehend vom Negativbereich tatsächlich wieder dem Nullpunkt nähern, so sollten breit aufgestellte Rohstoffinvestoren eine solche Entwicklung aufmerksam verfolgen.

Zwar ist eine „weniger negative“ Rollrendite für sich genommen sicher nichts Besonderes. Betrachtet  man allerdings  das Gesamtbild mit einem über die vergangenen zehn Jahre geschätzten kumulierten negativen Einfluss von 50% auf die Rendite  des  Thomson  Reuters  Continuous  Commodity  Index [1],  so  erscheint  ein „weniger negatives“ Szenario schon eher wie eine nennenswerte Veränderung.

Verknüpfung der Rohstoffpreisentwicklung mit anderen makroökonomischen Faktoren 

Viele Anleger werden sich nun vielleicht fragen, an welchen weiteren Faktoren sie die künftige Entwicklung auf den Rohstoffmärkten ablesen können. Hier bietet sich eine genauere Betrachtung der Einpreisung der Inflationserwartungen durch die Märkte an. Eine entsprechende Messgröße ist beispielsweise die von der Fed häufig verwendete 5-Year Forward Breakeven Inflation Rate (5-Jahres-Forward-Rate der durch inflationsgeschützte Anleihen implizierten Inflation).

Thomson Reuters Continuous Commodity Index zeigt engen Zusammenhang mit erwarteter Inflation

Quellen: WisdomTree, Bloomberg, mit Daten vom 31.08.1999 bis zum 31.01.2018. Sie können nicht direkt in einen Index investieren. Datum der Auflegung des Continuous Commodity Index: 20.08.1999.

Nach unserem Kenntnisstand strebt die US Federal Reserve Leitzinserhöhungen und eine Normalisierung ihrer Bilanz an, und die Inflationserwartungen sind in jüngster Zeit gestiegen.  In  der  Vergangenheit  dienten  Rohstoffe  als  attraktive  Anlage  zur „Inflationsabsicherung“.  Während  der  vergangenen  fünf  Jahre  waren  Bedenken hinsichtlich der Inflationsentwicklung natürlich weitestgehend gegenstandslos, da es kaum eine nennenswerte Inflation gab. Mit Blick auf die Zukunft sollte man aus unserer Sicht allerdings nicht damit rechnen, dass die Inflation dauerhaft ausbleibt. Folglich könnten bestimmte, derzeit nicht genutzte Komponenten der Asset-Allokation künftig erneut aktiviert werden.

Von Florian Ginez, Research Analyst bei WisdomTree Europa, sowie Christopher Gannatti, Associate Director of Research bei WisdomTree

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1 Quellen: WisdomTree, Bloomberg, Datenerfassung vom 31.01.2008 bis zum 31.01.2018.

 

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