WisdomTree: Rohstoffe unbeeindruckt von Handelskonflikten und geopolitischen Erschütterungen

Rohstoffe

Rohstoff-Monatsbericht für den Zeitraum von 20. Dezember 2019 bis 17. Januar 2020. Von Nitesh Shah, Director Research und den beiden Associate Director, Aneeka Gupta und Mobeen Tahir bei WisdomTree.

03.02.2020 | 12:47 Uhr

Rohstoffe zeigen sich unbeeinträchtigt von Handelskonflikten und geopolitischen Erschütterungen

Commodity MM

Die Performance bei Rohstoffen zeigte sich zu Beginn des neuen Jahres von gemischter Natur. Die Edelmetalle zeigten sich als herausragende Gewinner - Gold und Silber erholten sich als Reaktion auf die geopolitische Krise im Nahen Osten. Bei Palladium war weiterhin die Angebotsverknappung ersichtlich (und Platin profitierte von beiden Themen). Der Sektor Energie hingegen entwickelte sich trotz eines anfänglichen Preisanstiegs bei Öl im Zusammenhang mit geopolitischen Bedenken nur unterdurchschnittlich. Öl und Gold reagieren traditionell positiv, wenn es in den ölproduzierenden Ländern kriselt. Im vergangenen Jahr jedoch verliehen die Schocks in den produzierenden Ländern den Ölpreisen nur einen vorübergehenden Auftrieb, während Gold beständigere Gewinne verzeichnete. Dies könnte Spiegelbild der wachsenden Bedeutung des Schieferölangebots aus den USA sein, das weitaus agiler und preisempfindlicher reagiert als traditionelle Öllieferungen.

Handelsabkommen und US-Wahlen sorgen für Entspannung

Am Mittwoch, den 15. Januar unterzeichneten die USA und China nach fast zwei Jahren angespannter Verhandlungen ein Interimsabkommen über den Handel. Es ist zwar kein allumfassendes Abkommen, dürfte den Fokus des Marktes jedoch von der Sorge um einen potentiellen Nachfrageeinbruch ablenken, die ein zunehmender Handelsprotektionismus mit sich bringen könnte. Die Vermeidung neuer Zölle könnte dem konjunkturabhängigen Rohstoffhandel helfen, denn die Sorge um einen Nachfrageeinbruch belastete den Markt im vergangenen Jahr. Natürlich bedeutet das nicht, dass wir aus dem Gröbsten heraus sind. Eine bestätigte US-Regierung könnte ihre Aufmerksamkeit auf das Handelsdefizit mit der EU  richten und möglicherweise zur Einführung von Zöllen auf Autoimporte führen. Schon im vergangenen Jahr drohten die USA mit solchen Maßnahmen. Infolgedessen könnten die Sorgen um die Nachfrage wieder aufflackern, was vor allem Basismetallen und dem Energiekomplex schaden würde. Das Jahr der Präsidentschaftswahlen und die zaghaften Anzeichen einer globalen Erholung der verarbeitenden Industrie könnten die USA jedoch zu einem ruhigeren Kurs veranlassen. Im letztgenannten Szenario erwarten wir eine starke Leistung bei den Industriemetallen, von denen die meisten ein Versorgungsdefizit aufweisen.

Einsatz neuer Instrumente der EZB wahrscheinlich – in Großbritannien könnten die Zinsen sinken

2020 könnte eine Periode monetärer Divergenz sein. Es ist unwahrscheinlich, dass die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr weiter senken wird. Trotz der Pseudo-Entspannung durch die Interventionen am Repo-Markt werden die USA in diesem Jahr wahrscheinlich weniger entgegenkommend agieren als im vergangenen Jahr. In Großbritannien könnten die Zinssätze jedoch aufgrund der Reaktion ihrer Zentralbank auf die Nachfrageschwäche sinken. Die Europäische Zentralbank könnte nach einer strategischen Überprüfung gleichfalls neue Instrumente zur Stimulierung einer Wirtschaft einführen, die zunehmend strukturell, wenn nicht sogar konjunkturell zu leiden scheint. Ob wir im Zuge dieser Trends eine Aufwertung des US-Dollars sehen (die normalerweise als negativ für in Dollar gehandelte Rohstoffe angesehen werden), ist eine offene Frage. Denn viele Marktteilnehmer betrachten die unhaltbar wachsende Verschuldung der USA langfristig mit Sorge. Der US-Dollar stabilisierte sich im vergangenen Monat weitgehend und hatte daher wenig Einfluss auf die Kursrenditen.

Zusammenfassung der Ergebnisse nach Sektoren

Öl

Die geopolitischen Erschütterungen in Nahost verliehen Öl nur vorübergehend Auftrieb. Der Energiekomplex leidet weiterhin unter der Wahrnehmung eines Angebotsüberhangs und der warme Winter in den USA lastete besonders stark auf den Preisen für Erdgas und Heizöl.

Agrarrohstoffe

Die meisten Agrarrohstoffe profitieren vom Phase-1-Handelsabkommens zwischen den USA und China. Die Shortpositionierung bei den meisten Agrarrohstoffen, allen voran Sojabohnen, Mais, Weizen, Baumwolle, Zucker und Kakao, wurden zurückgenommen, was den Optimismus gegenüber diesem Rohstoffsektor unterstreicht. Das US-Landwirtschafts-ministerium (USDA) überraschte mit seinem jüngsten Monatsbericht vom Januar, als es die Schätzungen in bezug auf die Mais- und Sojabohnenernte für die Saison 2019/20 nach oben revidierte. Das USDA plant jedoch, die Bauern in fünf der am schlimmsten betroffenen Regionen erneut zu befragen. Staaten und Investoren werden ihren Ausblick auf die endgültigen Zahlen stützen.

Industriemetalle

Industriemetalle erholen sich nach der Unterzeichnung des Phase 1-Handelsabkommens zwischen den USA und China, gekoppelt mit chinesischen Wirtschaftsdaten, die stärker sind als erwartet. Die internationalen Studiengruppen für Nickel, Blei, Zink

und Kupfer gehen davon aus, dass das globale Marktgleichgewicht für die jeweiligen Rohstoffe im nächsten Jahr einen Überschuss aufweisen wird.

Edelmetalle

Edelmetalle verzeichneten mit Palladium an der Spitze die stärkste Performance unter den Rohstoffkomplexen. Starke Fundamentaldaten in Verbindung mit einem günstigeren Risikosentiment aufgrund des Phase 1-Handelsabkommens zwischen den USA und China stützten die Aufwärtsbewegung der zyklisch reagierenden Palladiumpreise. Die Gold- und Silberpreise profitierten auch von der zunehmenden geopolitischen Unsicherheit, die durch die Spannungen zwischen den USA und dem Iran ausgelöst wurde.

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