Columbia Threadneedle: Steigende Anleihenrenditen signalisieren höhere Rohstoffpreise

Welche Auswirkung haben höhere Renditen und Zinsen auf die Rohstoffpreise? Dieser Frage geht David Donora, Head of Commodities bei Columbia Threadneedle, nach.

30.04.2018 | 08:56 Uhr

Es hat lange gedauert, aber inzwischen gewöhnen sich Anleger an den Gedanken, dass die Anleiherenditen weltweit nach oben tendieren. Dies hat eine Flut von Kommentaren über die mögliche Reaktion der Aktien- und Rentenmärkte auf eine Neubewertung von Anleihen ausgelöst. Der möglichen Auswirkung höherer Renditen und Zinsen auf die Rohstoffpreise wurde derweil weniger Beachtung geschenkt.

Ein Anstieg der Renditen von Staatsanleihen steht nicht infrage, vor allem in den USA. Die Zinserhöhungen, die die US-Notenbank seit 2015 vorgenommen hat, haben die Renditen von US-Staatsanleihen langsam nach oben tendieren lassen. Die derzeitige US-Regierung facht diesen Trend nun noch weiter an. Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass es im Weißen Haus an fiskalpolitischer Umsicht mangelt. Globale Anleger beurteilen daher das US-Anleiherisiko neu, ebenso wie die Folgen für Inflation, US-Dollar und Aktienmärkte.

Für Rohstoffproduzenten bedeuten steigende Anleiherenditen höhere Kreditkosten. Neue Projekte werden damit weniger attraktiv, und die angebotsseitige Reaktion auf in der Zukunft höhere Rohstoffpreise könnte massiv belastet werden.

Was den Rohstoffproduzenten Kopfschmerzen bereiten könnte, könnte sich jedoch als Chance für Anleger erweisen. Höhere Renditen werden dazu beitragen, die ohnehin vorteilhaften angebotsseitigen Beschränkungen noch zu verfestigen. Wenn die Rohstoffpreise dann irgendwann anziehen, könnten sie die Erwartungen übertreffen.

Überraschend große Disziplin

Die Lagerbestände haben sich über alle Rohstoffkategorien hinweg bereits deutlich verringert, denn die Produzenten legen an diesem Punkt im Konjunkturzyklus eine ganz uncharakteristische Disziplin an den Tag. Unseres Erachtens gibt es außerhalb der Rentenmärkte drei zentrale Faktoren, die die angebotsseitigen Beschränkungen verstärken.

Zum einen verringert China, der weltweit größte Verbraucher natürlicher Ressourcen, aus ökologischen Gründen das Angebot zahlreicher Rohstoffe, genauer gesagt Kohle, Stahl und Aluminium. Chinas konzertierte Maßnahmen haben die Preise für Kohle, Eisenerz und Basismetalle bereits steigen lassen und haben sich positiv auf den Grundstoffsektor ausgewirkt.

Ende 2016 einigten sich zudem die OPEC-Länder und Russland darauf, die Ölproduktion um 1,8 Millionen Barrel pro Tag zu drosseln. Auch dies hatte es zuvor noch nie gegeben. Zuvor war die OPEC 40 Jahre lang mit ihren Versuchen gescheitert, Russland bei der Reduzierung der Fördermengen mit ins Boot zu holen.

Nun sehen wir seit über einem Jahr, dass Russland in diesem Punkt durchaus kooperieren kann. Die OPEC-Länder und Russland haben Ende 2016 damit begonnen, die Fördermengen zu senken. Daran haben sie auch das gesamte Jahr 2017 hindurch festgehalten, und voraussichtlich werden sie auch 2018 für ausgewogene Verhältnisse am Markt sorgen. Sie legen eine große Einigkeit und Koordination an den Tag.

Das Wetter genau im Blick

Wir sprechen mit Produzenten aus dem gesamten Spektrum der Basismetalle, Edelmetalle, Massengüter und aus dem Energiebereich. Diese Gespräche zeigen, dass sich die Produzenten nach wie vor darauf konzentrieren, ihre Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen und Wert für die Aktionäre zu schaffen. Die bloße Steigerung der Produktion ist für sie eher zweitrangig.

Auch bei Agrarrohstoffen sinken die Lagerbestände, und dies wird weitreichende Folgen haben, falls Wetterereignisse zu Ernteverlusten führen. Getreide und Ölsamen haben sich dieses Jahr bereits deutlich verteuert. Auslöser waren zwei örtlich begrenzte Wetterereignisse, die einerseits die Weizenernte in den Anbaugebieten im Südwesten der USA und andererseits die Sojabohnenproduktion in Argentinien beeinträchtigten. Ein weiteres Wetterereignis in der nördlichen Hemisphäre könnte die Preise für Agrarrohstoffe noch weiter in die Höhe schnellen lassen.

Ein positiver Ausblick

Nie zuvor hat der Rohstoffsektor in Zeiten sich stabilisierender oder sogar steigender Preise die Neuproduktion so diszipliniert begrenzt. Diese konsequente Haltung kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da das weltweite Wachstum in Schwellen- und Industrieländern eine steigende Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen mit sich bringt. In den Schwellenländern zieht die Nachfrage sogar noch schneller an, denn der schwache US-Dollar hat die erneute Fremdmittelaufnahme, das Wachstum und die Investitionen befeuert.

Wir haben bereits Ende des vergangenen Jahres erklärt, dass wir die vorteilhafte Angebots-Nachfrage- Dynamik als besonders positiv für Basismetalle erachten. Mittelfristig dürften auch Edelmetalle von einer höheren Inflation profitieren.

Es gibt nach wie vor Bereiche, in denen Unsicherheit und potenzielle Volatilität vorliegen. Die von der US-Regierung angekündigten Strafzölle auf Stahl und Aluminium waren für sich gesehen für die mittelfristigen Rohstoffpreise unerheblich. Dies ändert sich jedoch, wenn sie in Vergeltung und letztlich in einen Handelskrieg münden.

Unterdessen kommt es an den Rohstoffmärkten zu einer Stabilisierung und Festigung. Nie zuvor hat China als Anbieter Disziplin gezeigt, nie zuvor hat die OPEC erfolgreich mit russischen Produzenten zusammengearbeitet. Zu diesen vorteilhaften Faktoren kommt dann noch die Verschiebung hinzu, die sich derzeit an den Rentenmärkten vollzieht. Wir bleiben daher zuversichtlich, dass die Rohstoffpreise 2018 noch deutlich anziehen könnten.

Nie zuvor hat der Rohstoffsektor in Zeiten steigender Preise die Neuproduktion so diszipliniert begrenzt. Diese konsequente Haltung kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da das weltweite Wachstum in Schwellen- und Industrieländern eine steigende Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen mit sich bringt.

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