Robeco: Neue Studie zeigt - Man kann vorhersagen, wann die Zinssätze steigen werden

Robeco: Neue Studie zeigt - Man kann vorhersagen, wann die Zinssätze steigen werden
Research

In den letzten Jahrzehnten haben sich viele empirische Studien mit der Vorhersagbarkeit von Zinssätzen beschäftigt – bislang mit unterschiedlichen Ergebnissen.

06.07.2020 | 12:33 Uhr

Guido Baltussen, Co-Head of Quant Allocation - Olaf Penninga, Portfolio Manager -
Martin Martens, Head of Quant Allocation Research


In einer neuen Research-Studie haben wir einen einzigartigen Datenbestand analysiert und übereinstimmende Belege für die Vorhersagbarkeit des Rentenmarkts gefunden. Das bedeutet, dass wir Zinssätze relativ genau vorhersagen können. Und zwar nicht nur wenn sie steigen, sondern auch wenn sie fallen.

In aller Kürze

Eine neue Studie zeigt, dass sich Staatsanleiherenditen vorhersagen lassen
In den letzten 70 Jahren waren die meisten Auf- und Abbewegungen von Staatsanleihen vorhersagbar Anleger können sich diese Vorhersagbarkeit zunutze machen, um die Rentenmärkte aktiv zu timen.

Lassen sich Zinsänderungen – und damit Anleiherenditen – genau vorhersagen? Diese Frage beschäftigt Finanzwissenschaftler und -praktiker schon seit Jahrzehnten; denn Staatsanleihen gehören zu den wichtigsten Assetklassen. Das Volumen des weltweiten Markts für Staatsanleihen entspricht ca. 30 % der addierten Marktkapitalisierung aller investierbaren Assetklassen.

Die Rentenmarktrenditen schwanken im Lauf der Zeit erheblich, was vor allem auf Veränderungen der Ertragsrenditen auf Anleihen zurückzuführen ist. Es ist deshalb sehr verlockend, nach einer Möglichkeit zu suchen, wie Bewegungen von Anleihen systematisch vorhergesagt werden können. In den letzten Jahrzehnten ist man deshalb in vielen Studien dieser Frage nachgegangen. Bisher gibt es jedoch nur wenige Belege, und die vorhandenen Studien standen vor drei großen Herausforderungen.

Erstens waren ihre Stichproben normalerweise recht klein und häufig auf den US-Rentenmarkt und den Zeitraum nach 1980 beschränkt, in dem die Zinssätze generell zurückgingen. Derzeit sind viele Anleger aber eher wegen eines möglichen Zinsanstiegs besorgt. Zweitens bedienten sich die vorhandenen Studien meist unterschiedlicher Methoden, um die Vorhersagbarkeit ausgehend von relativ kleinen Stichproben zu untersuchen. Deshalb gibt es Bedenken in Bezug auf das Data-Mining. Drittens wurden in den meisten Studien prädiktive Regressionen verwendet, um die statistische Signifikanz zu überprüfen, sodass bei vielen Studien Zweifel an der Signifikanz ihrer Ergebnisse bestehen.

In einer neuen Research-Studie1 haben wir uns ausgehend von einer umfangreichen Stichprobe, die alle großen Rentenmärkte der Industrieländer seit 1950 umfasst, ausführlich mit der Vorhersagbarkeit von Staatsanleiherenditen befasst und hierfür einen Ansatz verwendet, den auch Anleger ohne Weiteres nutzen können. Dabei handelt es sich nicht um einen typischen wissenschaftlichen Ansatz, der auf Regressionen basiert, sondern um einen Ansatz, der Echtzeit-Anlagestrategien betrachtet. Der von uns analysierte Zeitraum schließt somit die deutlichen Zinserhöhungen in den 1960er und 1970er Jahren ein.

Wir finden übereinstimmende und allgegenwärtige Belege für eine Vorhersagbarkeit der Rentenmärkte – mit wirtschaftlich starken und generell statistisch signifikanten Sharpe-Ratios für die simulierten Anlagestrategien. Kennzahlen für Value, Momentum, Wirtschaftswachstum und Inflation sagen deutlich vorher, wohin sich die Zinssätze bewegen werden. Zum Beispiel weist eine auf diesen Themen oder Stilen basierende Strategie seit 1950 eine Sharpe-Ratio von 0,87 auf.

Unsere Ergebnisse gelten für alle Staatsanleihemärkte von Industrieländern und auch für jedes Jahrzehnt seit Beginn unserer Stichprobe (also seit 1950). Dieser Zeitraum umfasst 30 Jahre mit außerhalb der Stichprobe liegenden Daten zu den internationalen Rentenmärkten und eine außerhalb der Stichprobe liegende Gruppe von neun zusätzlichen Ländern. Außerdem gelten die Ergebnisse unabhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und zwar auch für längere Zeitabschnitte mit steigenden oder fallenden Zinssätzen.

Und schließlich können die Ergebnisse nach Transaktionskosten ausgewertet werden und Anlegern, die am Rentenmarkt oder in mehrere Assetklassen investieren, erheblichen Mehrwert einbringen. Kurz gesagt kann man belastbar vorhersagen, ob Zinssätze steigen oder fallen werden. Aus der Sicht von Praktikern weisen unsere Ergebnisse auf potenziell nutzbare Gelegenheiten für ein aktives Durationsmanagement in Staatsanleiheportfolios hin.

1 Baltussen, G., Martens, M., Penninga, O.: „Predicting Bond Returns: 70 years of International Evidence“, Arbeitspapier, 2020.

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