GLS Investment Management GmbH: Fünf wichtige Begriffe in der Welt der nachhaltigen Geldanlage

Nachhaltigkeit

Eine Transformation unserer Gesellschaft zu einer nachhaltigeren Lebensweise ist notwendig. Das ist allgemeiner Konsens. Dieser Veränderungsprozess bedarf massiver finanzieller Mittel von Staaten und Bürger*innen.

28.10.2022 | 06:55 Uhr


Als private Anleger*innen könnt ihr euer Geld nachhaltig anlegen und damit euren Beitrag leisten. Dabei werden euch vermutlich viel zu viele komplexe Fachtermini begegnen. Ich verrate euch deshalb fünf wichtige Begriffe in der Welt der nachhaltigen Geldanlage.

Warum einfach, wenn’s kompliziert geht?

Gute Idee, mangelhafte Umsetzung: Das ist uns in der jüngeren Vergangenheit leider immer wieder im Finanzsystem über den Weg gelaufen. Man denke nur an große gesellschaftlich relevante Veränderungen wie zum Beispiel die Einführung von Hartz IV oder die Stärkung des deutschen Rentensystems durch die Riester-Rente. Auf einen zunächst vielversprechenden Gedanken folgte eine mangelhafte Umsetzung. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht: War das etwa das Motto?

Wer glaubt, das sei ein rein deutsches Problem, der irrt. Wir sind gerade dabei, auf europäischer und nationaler Ebene ein noch viel größeres Problem ähnlich „smart“ anzugehen: die Bekämpfung des Klimawandels durch die nachhaltige Anpassung der Funktionsweisen unserer Gesellschaft. Ein Ziel, das nur durch das Individuum, aber gleichzeitig auch nur durch die Gesamtheit aller Menschen erreicht werden kann. Und was hat das mit Geld zu tun?

Wer soll das bezahlen?

Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine Mammutaufgabe. Wir müssen so gut wie alle Wirtschaftsbereiche gleichzeitig um 180 Grad umkrempeln, soziale Verwerfungen vermeiden und unsere eigenen Gewohnheiten hinterfragen. Dabei bieten sich verschiedene Wege, dies anzugehen: nachhaltig leben und ernähren, sinnstiftende Initiativen fördern, politisch aktiv werden oder schädliche Wirtschaftsweisen bekämpfen. Zum Schluss steht leider die unangenehme Frage: Wer soll das bezahlen?!

Politische Entscheidungsträger*innen haben dabei private und institutionelle Gelder als das Mittel der Wahl identifiziert. Sie sollen in nachhaltige und sich in der Transformation befindende Wirtschaftsweisen umgeleitet werden. Nur blöd, dass Privatanleger*innen wieder unnötig viele Steine in den Weg gelegt werden, denn der womöglich größte Hebel schlummert auf unzähligen Sparbüchern, Giro- und Tagesgeldkonten. Diese Münzen und Pennys haben die Kraft, das zu erhalten, was wir unseren Enkelkindern irgendwann einmal hinterlassen möchten!

Das ABC nachhaltiger Geldbegriffe

ESG, SRI, PAB. Best-in-Class, Exclusion Criteria, Engagement und Divestment. Was zum Himmel bedeutet das alles? Nicht jeder reagiert auf solche Fachbegriffe mit Lächeln und Vorfreude. Viel wahrscheinlicher ist, dass die meisten Menschen einfach gar nichts damit anfangen können. Mitunter löst sich sogar der Wunsch, Geld nachhaltig anzulegen, gleich wieder auf.

Wer eine gewinnbringende Geldanlage, also ein rentables Investment, mit einer sinnstiftenden Wirkung verbinden möchte, muss heute entweder fachlich sehr gut geschult sein oder genug Sitzfleisch mitbringen, um sich im Dschungel der Fachtermini einen Überblick zu verschaffen. Ein gutes Investment gelingt leider nur mit einem ausreichenden Verständnis der Materie. Die Basics zu kennen, beugt also künftigem Frust durch Unverständnis vor.

Deshalb möchte ich euch fünf wichtige Begriffe näherbringen, die euch im Kontext der nachhaltigen Geldanlage mit Sicherheit über den Weg laufen werden.

Nachhaltig anlegen, Begriff 1: ESG

Der am häufigsten verwendete Begriff ESG steht für „Environmental“, „Social“ und „Governance“, übersetzt für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Anhand dieser Kriterien wird analysiert, wie Unternehmen in diesen drei Nachhaltigkeitsbereichen agieren.

  1. Environmental: Wie wirken die Unternehmen auf die Umwelt? Verschmutzen oder gefährden sie sie, wie viele Treibhausgase werden ausgestoßen und wie steht es in Sachen Energieeffizienz?
  2. Social: Welchen Stellenwert haben die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz im Unternehmen? Wie wird Diversity gelebt? Engagiert sich das Unternehmen gesellschaftlich?
  3. Governance: Wie nachhaltig ist die Unternehmensführung? Welche Werte sind wichtig, welche Steuerungsprozesse integriert? Wie sieht es etwa mit Korruption, Steuerehrlichkeit, Datenschutz und Vergütungspolitik der Führungsetagen aus?

Die ESG-Klassifizierung hält bei einem Finanzangebot nur fest, dass mit der Investition diese drei Kriterien berücksichtigt werden. Leider lassen sich die verschiedenen Finanzangebote deshalb nicht zwingend auch vergleichen. Das liegt zum einen daran, dass sogenannte ESG-Rating Agenturen teilweise unterschiedliche Bewertungsverfahren und -maßstäbe bei der Unternehmensanalyse verwenden. Hinzu kommt, dass Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften ihre Produkte selbst als ESG-konform klassifizieren und erst später von der BaFin kontrolliert (und manchmal auch gerügt) werden.

Ich muss noch ein “Leider” anbringen: Ihr dürft aus dem ESG-Stempel auch nicht ableiten, dass deshalb automatisch ein positiver Beitrag zu den ESG-Themen geleistet wird. In den meisten Fällen geht es eher darum, schädliche Auswirkungen durch die Investition zu vermeiden.

Mein Tipp: Schaut euch die nachhaltigen Finanzprodukte genau an. Wem “echte” Nachhaltigkeit bei der Investition wichtig ist, der darf den Blick auf die einzelnen investierten Unternehmen, Staaten und Projekte nicht scheuen. Das macht ein bisschen Arbeit und bedeutet, dass man sich eine eigene Meinung dazu bilden muss. Ansonsten bleibt euch die Auswahl seriöser Anbieter, die transparent über ihre Finanzprodukte Auskunft geben, denen ihr vertraut und die im Zweifel auch Einzelfallentscheidungen begründen können.

Nachhaltig anlegen, Begriff 2: Ausschlüsse

Ausschlusskriterien (auch: Negativkriterien oder Exclusion Criteria) spielen besonders bei der Auswahl der Investitionsziele eine Rolle. Mittlerweile erheben die meisten nachhaltigen Finanzprodukte den Anspruch, bestimmte unerwünschte Branchen, Themen oder Geschäftspraktiken aus ihren Investments auszuschließen. Dazu gehören mehrheitlich Ausschlüsse von Unternehmen im Bereich von fossilen Energieträgern (Kohle-, Gas-, Erdöl-, Atomenergie etc.), Ausschlüsse von unerwünschten Produkten (Rüstungsgüter, Tabak, Alkohol, Glücksspiel etc.) sowie Ausschlüsse von Normverstößen (Verletzung von Menschen- oder Arbeitsrechten, Korruption, Ausbeutung etc.).

Nachhaltig anlegen, Begriff 3: Best-in-Class

Bei Finanzprodukten, die sich aus einem Investment in viele verschiedene Unternehmen oder Staaten zusammensetzen (primär Investmentfonds), wird zuweilen der sogenannte Best-in-Class Ansatz angewendet. Hierbei werden aus allen Wirtschaftsbereichen und -branchen mittels bestimmter Nachhaltigkeitskriterien die besten Unternehmen herausgefiltert – bezogen auf ihre Nachhaltigkeitsperformance, nicht zwingend bezogen auf ihre ökonomische Leistungsfähigkeit und künftige Performance. Dies führt zuweilen zu der kuriosen Situation, dass z.B. der in seiner Branche nachhaltigste Fracking-Gas-Produzent oder Minenbetreiber aufgenommen wird, obwohl beide Branchen weit entfernt von wahrer Nachhaltigkeit sind. Die Nachhaltigkeit dieses Ansatzes muss zumindest hinterfragt werden.

Nachhaltig anlegen, Begriff 4: Engagement

Beim sogenannten Engagement geht es um die Art und Weise, wie die Anleger*innen und die Fondsmanager*innen, die die Investmentfonds professionell verwalten, den Kontakt zu den investierten Unternehmen pflegen. Es gibt verschiedene Wege, einen konstruktiven Dialog zu führen. Zum Beispiel können Besitzer*innen von Einzelaktien ihre Stimmen bei der Hauptversammlung der jeweiligen Unternehmen verwenden, um nachhaltige Prozesse in den Betrieben voranzutreiben. Dies gilt ebenso für das Fondsmanagement, nur mit größerem Hebel. Die Fondsmanager*innen können durch konstanten Dialog immer wieder auf nachhaltige Entwicklungen drängen. Oder auf negative Nachrichten mit einem Verkauf der Anteile reagieren.

Nachhaltig anlegen, Begriff Nr. 5: Impact

Zuletzt zum Begriff des Impacts. Er unterlag bisher keiner genaueren Definition und wurde deshalb gerne für Greenwashing zweckentfremdet. Im Zusammenhang mit der nachhaltigen Geldanlage beschreibt Impact seit Kurzem die Wirkungsweisen, mit denen durch die angelegten Gelder „positiv und messbar“ zur Erreichung vor allem ökologischer Ziele beigetragen werden soll. Dies äußert sich regulatorisch in sogenannten Investmentfonds nach Art. 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Hiervon gibt es jedoch erst wenige, da viele Investmentfonds die harten Vorgaben für diese Klassifizierung noch nicht erfüllen. Und diejenigen, die es tun, bestehen mitunter aus sehr wenigen Unternehmen aus wenigen Branchen, was einer erwünschten breiten Risikostreuung widerspricht.

Dieser Artikel ist zuerst auf www.blog.gls.de erschienen. Autor: Falko Stucke

Diesen Beitrag teilen: