RBC BlueBay: Lässt sich die Fed im US-Wahljahr von Janet Yellen beeinflussen?

Federal Reserve Bank
Marktkommentar

Nach dem jüngsten Treffen der Federal Reserve Bank (Fed) ist die Zinsphantasie des Marktes optimistischer, als es aktuelle Datenpunkte erlauben würden.

02.02.2024 | 13:26 Uhr

Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, blickt auf das aktuelle Sentiment und sieht durchaus Grund für eine gegensätzliche Ansicht. Im Rennen um die erste Zinssenkung sieht er hingegen die Europäische Zentralbank (EZB) vorne.

„Letzte Woche dämpfte Fed-Chef Powell die Erwartungen einer sofortigen Zinssenkung, trotz Marktspekulationen über eine baldige Lockerung.

Wir gehen davon aus, dass die Fed sich zuvor durchaus darüber im Klaren war, dass das Entfernen einer strafferen Haltung zu Spekulationen über kurzfristige Zinssenkungen führen würde.

Es ist interessant zu sehen, wie die Fed aktuell in Richtung einer eher lockeren Zinspolitik schreitet. Vor allem, weil fast alle Daten seit dem vorherigen FOMC-Meeting positiv überraschen konnten. Unter anderem lag das Wachstum im vierten Quartal 2023 merklich über den Erwartungen.

Hinzu kommt ein US-Aktienmarkt in der Nähe seines Allzeithochs, woraus sich ein zusätzlich positiver Vermögenseffekt ergibt.

Angesichts dieser Datenpunkte gehen wir davon aus, dass das aktuelle Zinsniveau nicht weit von einem angemessenen Level entfernt ist.

Neben der Diskussion über wirtschaftliche Entwicklung und geldpolitische Maßnahmen gibt es Überlegungen, dass die ehemalige Fed-Vorsitzende Janet Yellen für niedrigere Zinssätze bevorzugt. So könnten die Wirtschaft gestärkt und Bidens Wiederwahlchancen erhöht werden. Ob die Wirtschaft das entscheidende politische Thema des Jahres sein wird, bleibt jedoch abzuwarten.

Weitaus weniger positive Überraschungen zeigen sich dagegen in Europa, auch wenn die Eurozone im vierten Quartal 2023 eine technische Rezession gerade noch verhindern konnte.

Angesichts sinkender Inflationsraten halten wir es für möglich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im April den ersten Zinsschritt wagen wird. Zwar erwarten wir von der EZB weniger drastische Schritte, als derzeit vom Markt eingepreist. Dennoch sehen wir Christine Lagarde im Rennen um die erste Zinssenkung vor Jerome Powell.

Während die Aussichten für wirtschaftliches Wachstum in der Eurozone gedämpft bleiben und sich Deutschland, als größte Volkswirtschaft der Region, weiterhin schwer tut, entwickeln sich einige Wirtschaften im Süden Europas merklich positiver.

Zuletzt sahen wir sogar ein Absinken der Kreditrisikoaufschläge Griechenlands auf unter 100 Basispunkte, wo eine Anleiheemission mit zehn Jahren Laufzeit massiv überzeichnet wurde. Hintergrund war das Erreichen einer höheren Bonität des Staates.

Die Märkte zeichnen zu Beginn des Jahres ein weitestgehend positives Bild. Aktienmärkte erreichten in Hoffnung auf eine sanfte Landung der Wirtschaft neue Höchstwerte, wobei die Stimmung unter Investoren tendenziell bullisch zu sein scheint.

Auch die Aufschläge für Kreditrisiken gingen weiter zurück. Trotz massiver Emissionen neuer Anleihen, die vor dem Hintergrund rückläufiger Anleiherenditen bemerkenswert gut vom Markt absorbiert wurden, zeigt sich auch hier ein tendenziell positiv gestimmter Markt. Während Investoren über mehrere Jahre hinweg im Anleihemarkt eher untergewichtet waren, scheinen Barmittel nun wieder vermehrt den Weg in diese Anlageklasse zu finden.

Angesichts der dynamischen US-Wirtschaft gehen wir davon aus, dass der wahrscheinlichste Weg für die US-Zinsen darin besteht, dass die Fed erst in der zweiten Jahreshälfte mit den ersten Lockerungen beginnen wird. Jedoch bringt das aktuelle Umfeld hinsichtlich der US-Zinspolitik ein hohes Maß an Unsicherheit mit sich, sodass wir an dieser Stelle vorsichtig mit Prognosen sind.

Ein Blick in vergangene Zyklen legt nahe, dass, sobald die Fed mit Zinssenkungen beginnt, die Zinsen innerhalb kurzer Zeit deutlich fallen werden. Jene Politik fiel jedoch in der Regel in eine Phase enormer Wirtschaftsschwäche oder starken Turbulenzen an den Finanzmärkten.

Sollte sich in diesem Jahr jedoch das Szenario einer sanften Landung bewahrheiten, könnte ein Zyklus sinkender Zinsen deutlich flacher und kurzlebiger ausfallen, als aktuell vom Markt erwartet wird. Das würde bedeuten, dass Zinssenkungen nach weniger als 100 Basispunkten bereits wieder ihr Ende finden werden.“

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