Ostrum AM: Die These von der "vorübergehenden Inflation"

Ostrum AM: Wieder die These von der "vorübergehenden Inflation"
Marktkommentar

Strukturelle Angebotsknappheit, höhere Inflationserwartungen, Klimawandel. Mehr dazu von Axel Botte im aktuellen MyStratWeekly.

22.09.2021 | 10:37 Uhr

Auch wenn er von der heutigen Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed nicht die Ankündigung einer Reduzierung der Anleihekäufe erwartet, so nimmt Axel Botte, Marktstratege beim französischen Investmenthaus Ostrum Asset Management, in seinem aktuellen „MyStratWeekly“ das Narrativ der Fed von der „vorübergehenden Inflationsdynamik“ aufs Korn.

Botte: „Die US-Notenbank stellt fest, dass es bisher keinen breit angelegten Inflationsdruck gibt. Dies steht im Widerspruch zur Inflationsrealität. Der derzeitige Anstieg der Inflation ist nicht einfach ein Nebenprodukt der Wiedereröffnung der von der Pandemie am stärksten betroffenen Sektoren ist. Abgesehen von den extremen Ausschlägen baut sich unter der Oberfläche tatsächlich ein breit angelegter Preisdruck auf. Das Beige Book und viele andere Erhebungen auf der Angebotsseite berichten seit langem von Engpässen bei einer Reihe von Materialien, höheren Inputpreisen, Einstellungsschwierigkeiten und längeren Vorlaufzeiten. Es mag sein, dass sich die Inflation bei hochinflationären Gütern wie Energie, Flugtickets und Hotel­übernachtungen abschwächen könnte. Aber anhaltende Probleme in der Lieferkette, wie in der Automobilindustrie, bestehen fort und könnten eine weitere Runde von Preiserhöhungen auslösen. Die extremsten Preiserhöhungen sind möglicherweise nur ein Symptom für eine breit angelegte Angebotsverknappung.“

In seiner Kritik an der Inflationsthese der Fed weist Botte auch auf die Veränderung der längerfristigen Inflationserwartungen des Marktes hin. Eigentlich halte es die Fed hält für wichtig, sie bei 2 % zu verankern, um die Beschäftigung zu maximieren und Preisstabilität zu gewährleisten. Doch die durchschnittliche 5-10-Jahres-Inflationserwartung liege derzeit bei 3,9 % (August), dem höchsten Wert seit dreißig Jahren.

Botte: „Obwohl die marktbasierten Erwartungen durch die lockere Geldpolitik nach unten verzerrt werden, deuten die jüngsten Erhebungen darauf hin, dass die Inflationserwartungen nicht mehr verankert sind. Der Medianwert liegt mit 2,9 % zwar niedriger, entspricht aber auch nicht dem von der Zentralbank angestrebten Niveau. Das sollte sie eigentlich zu einer Reaktion veranlassen.“

Ein starkes Argument gegen die Zurückhaltung der Fed ist aus Sicht des Strategen für globale Märkte das Schwinden der disinflationären Kräfte, die während der Globalisierung im letzten Vierteljahrhunderts die wirtschaftliche Dynamik bestimmt hätten. So werde sich zum Beispiel die kartellrechtliche Regulierung der großen Online-Retailer die ihre Größenvorteile derzeit an die Verbraucher weitergeben, als inflationär erweisen. Auch könne die Dividende der Globalisierung in Form von Billigimporten verschwinden.

Den größten Preistreiber sieht Botte allerdings im Kampf gegen den Klimawandel.

Botte: „Viele Arbeitsplätze werden vernichtet; es werden neue Qualifikationen benötigt, wobei die Gefahr eines Missverhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt wächst. Die Ersetzung des derzeitigen Kapitalstocks durch einen neuen, weniger energieintensiven ist ein äußerst komplexes Vorhaben, bei dem es keine Garantie für Produktivitätsgewinne gibt, die als Ausgleich für die "Verlierer" dieses Übergangs genutzt werden könnten. Die Elektrifizierung der Automobilindustrie und die Entwicklung der erneuerbaren Energieerzeugung führen zu einem sehr starken Anstieg des Verbrauchs von Rohstoffen (Kupfer, Aluminium, Mangan, Lithium usw.). Die Kupfernachfrage wird bis 2040 voraussichtlich um 150 % steigen, der Lithiumverbrauch könnte sich um das Zwanzigfache erhöhen. Es liegt auf der Hand, dass die Preise die Prioritäten setzen werden. Es ist also keineswegs sicher, dass das nächste Vierteljahrhundert der (mehr oder weniger) "glücklichen" globalen Disinflation der letzten 25 Jahre ähneln wird.“

Das vollständige „MyStratWeekly“ der Tochtergesellschaft von Natixis Investment Managers finden Sie hier im englischen Original als PDF.

Diesen Beitrag teilen: