Die Delta-Variante verlängert den Ausnahmezustand. Das Ende aus dem Tunnel bewegt sich weiter, aber es bleibt in Sicht. Damit verlängert sich diese ungewöhnliche Zeit für Unternehmen und Konsumenten.
22.09.2021 | 07:25 Uhr
Gleichzeitig sehen wir (COVID)-Goldilocks: Enttäuschen die Zahlen in Ökonomie und/oder in Bezug auf COVID-19, dann eskomptiert der Markt länger niedrige Zinsen, länger hohe Überschussliquidität – ein NewNormal2.0 (das New Normal nach der Finanzkrise 2007/8 auf einem neuen Level).
Die Mengen von Investments suchendem Geld nehmen weiter zu – das sehen wir nicht zuletzt an den massiven Geldzuflüssen im Private Equity Sektor im CONREN Universum von Familienunternehmen. Am Ende könnte wohl nur eine doch nicht hauptsächlich transitorische Inflation, diesem, nun seit Jahren erprobten Mechanismus, einen Strich durch die Rechnung machen.
Die Stimmung und der Aufschwung in China
und den USA flacht sich in den letzten Wochen weiter ab. Europäische
Frühindikatoren sind noch positiver. Die Markterwartungen für die
Q3-Report-Saison für unsere Unternehmen im Portfolio sind aber
vielerorts nicht zu optimistisch – nach unserer Ansicht ist oft das
Gegenteil der Fall. Einige Branchen bewegen sich dabei nun fast wieder
in einer, zugegebenermaßen veränderten, Normalität. Andere Branchen und
Regionen (zumeist parallel zu COVID-19-Wellen) sind, meist aufgrund der
Delta-Variante, noch im Ausnahmezustand.
Poltische Risiken für Wirtschaft und Märkte haben, wie erwartet, in den
letzten Wochen weiter Schlagzeilen gemacht: seien es Steuerpläne in den
USA oder in Großbritannien, sei es ein China, das unter anderem seine
Tech-Riesen mehr und mehr an die Kette nimmt, Kindern unter 18 Jahren
verbietet länger als 3 Stunden die Woche Computer zu spielen oder
generell ankündigt die große wirtschaftliche Ungleichheit im Land
stärker bekämpfen zu wollen. Das hat Investoren verschreckt, da China
für zahlreiche Branchen die Lokomotive des Wachstums ist. Das gilt nicht
zuletzt für Luxus-Konsumgüter. In diesem Sektor finden sich Europas
größte Familienunternehmen (nach Marktkapitalisierung): LVMH (Louis
Vuitton Moët Hennessy), Christian Dior, Hermes oder Kering (Eigentümer
von Gucci).
Xi Jinping verwendet vermehrt den Begriff der „Common Prosperity“
(„Gemeinsamer Wohlstands“). Ein ur-kommunistischer Begriff, der schon
von Mao Zedong benutzt wurde. Ein Begriff, der unter dem großen
marktwirtschaftlichen Reformer Deng Xiaoping etwas in den Hintergrund
geraten war. China nahm unter Deng „vorübergehend“ bewusst „größere
Ungleichheit in Kauf“, um marktwirtschaftliche Kräfte,
marktwirtschaftliches Wachstum, zu nutzen, Millionen von Chinesen aus
der Armut zu helfen. Das Ziel einer „Gesellschaft mit mäßigem Wohlstand“
wurde im Vorfeld des 100-jährigen Bestehen der Kommunistischen Partei
als erreicht erklärt. Das macht Platz für neue Ziele. Allerdings
benötigt China nach wie vor hohes Wachstum – ca. 600 Millionen Chinesen
verdienen immer noch lediglich um die 1.000 Yuan im Monat (ca. 130
Euro). Dazu ist China immer noch China.
Der oft populistisch ausgeschlachtete Handelskrieg vor allem zwischen
den USA und China gilt für viele als ein weiteres zentrales Risiko für
Wirtschaft und Märkte. Bisher spiegelt sich diese Auseinandersetzung,
ebenso wie gestiegene Logistikkosten, knappe Container oder Probleme in
Häfen, nur wenig in den Gesamtzahlen wider: Chinesische Exporte steigen
weiter und liegen ein ganzes Stück über Pre-COVID19-Zeiten. Natürlich
gibt es aber auch hier, wie überall in COVID-19-Zeiten, Sondereffekte.
Trotz der steigenden Risiken bleiben wir, vor allem mittel- und
langfristig, sehr positiv was die weitere Entwicklung von ausgewählten
Aktien europäischer Familienunternehmen angeht. Die Wahrscheinlichkeit
und vielleicht auch die Notwendigkeit von Korrekturen an den
Aktienmärkten nimmt kurzfristig aber natürlich zu. Vieles spricht
allerdings weiter für Goldene 2020ger.
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