Metzler AM: Die Bank von Japan unter Handlungsdruck

Edgar Walk Chefvolkswirt, Metzler Asset Management
Marktkommentar

Die Pandemie und die geopolitischen Ereignisse könnten ein Auslöser für die veränderte Inflationsdynamik in Japan gewesen sein. Der erhebliche Anstieg der Rohstoff- sowie der Güterpreise sorgte in Kombination mit einem schwachen Yen-Wechselkurs für einen ungewöhnlich starken Anstieg der Importpreise – und damit der Inflation.

22.04.2024 | 08:40 Uhr

Japan: Von der Deflation zur Inflation

Die Einkaufsmanagerindizes (Dienstag) werden zeigen, dass der Aufschwung in Japan nach einem schwierigen Jahr 2023 nunmehr Tritt gefasst hat. Die gute wirtschaftliche Entwicklung trägt unserer Einschätzung nach dazu bei, die Inflationsdynamik in Japan grundsätzlich zu verändern. So berichteten laut der Tankan-Umfrage im März die Unternehmen von einer Rekordknappheit an Arbeitskräften – nur mit der Boom-Periode in den 1980er Jahren vergleichbar. Auch scheinen die Unternehmen im Dienstleistungssektor laut der Tankan-Umfrage eine ungewöhnlich große Preissetzungsmacht zu haben.

Japan: Steigende Inflationsrisiken

Dienstleistungssektor: Tankan-Beschäftigungslage*

Dienstleistungssektor: Tankan-Beschäftigungslage*

Tankan-Preise

Dienstleistungssektor: Tankan-Beschäftigungslage*


Typische Inflationsfrühindikatoren wie oben gezeigt signalisieren also steigende Inflationsrisiken. Vor diesem Hintergrund wird sich der Fokus auf die Inflationsentwicklung im Großraum Tokyo (Freitag) im April richten.

In einem gewissen Sinne könnte die Pandemie und die geopolitischen Ereignisse ein Auslöser für die veränderte Inflationsdynamik in Japan gewesen sein. So sorgte der erhebliche Anstieg der Rohstoffpreise sowie der Güterpreise in Kombination mit einem schwachen Yen-Wechselkurs für einen ungewöhnlich starken Anstieg der Importpreise und damit der Inflation. Die Unternehmen lernten dabei, dass Preiserhöhungen durchaus durchsetzbar sind und die privaten Haushalte machten die Erfahrung, dass die Preise nicht mehr stabil sind oder andauernd fallen. Damit könnte die Deflationspsychologie gebrochen worden sein.

In einem gewissen Sinne reflektiert der schwache Yen-Wechselkurs die veränderte Inflationsdynamik in Japan. Natürlich ist die Schwäche des japanischen Yen auf die große Zinsdifferenz zwischen den USA und Japan zurückzuführen – aber nicht nur. So hat auch die Schweiz deutlich niedrigere Zinsen als die USA, aber in der Tendenz eine starke Währung. Die Finanzmarktakteure scheinen im Fall der Schweiz ein großes Vertrauen darauf zu haben, dass die Inflation in der Schweiz auch in Zukunft niedrig bleiben wird – daher die Währungsstärke. Trotz der in den vergangenen Jahren deutlich niedrigeren Inflation in Japan als in den USA ist eine erhebliche Schwäche des japanischen Yens zu beobachten.

Japan: Die Schwäche des Yen kann auch als Inflationsangst interpretiert werden

Japan: Die Schwäche des Yen kann auch als Inflationsangst interpretiert werden


Damit könnte ein gewisser Vertrauensverlust der Akteure am Devisenmarkt zum Ausdruck kommen, dass die Inflation in Japan in Zukunft deutlich steigen könnte. Für die Bank von Japan (Freitag) wäre es vor diesem Hintergrund wichtig, ein starkes Signal dagegen zu senden – idealerweise durch die Ankündigung einer Leitzinserhöhung im Juni auf ihrer Sitzung kommende Woche. Sollte ein Signal ausbleiben, droht die Schwäche des japanischen Yen an Dynamik zu gewinnen.

Die Zinsdynamik in Japan hat wiederum einen großen Einfluss auf die globale Zinsdynamik, da japanische Anleger weltweit eine der wichtigsten Anlegergruppen sind.

Eurozone: Erste Belebungstendenzen

Die europäische Wirtschaft scheint einen Boden gefunden zu haben. Die Erwartungen von Leitzinssenkungen der EZB haben schon jetzt zu einem Rückgang der Kreditzinsen beigetragen und zu ersten Belebungstendenzen der Kreditnachfrage: Geldmenge M3 und Kreditvergabe (Freitag). Vor diesem Hintergrund bestehen auch gute Chancen auf eine Verbesserung der Einkaufsmanagerindizes (Dienstag) sowie beim ifo-Index (Mittwoch).

USA: Hohes Wachstum im ersten Quartal

Der Konsensus rechnet laut Bloomberg mit einem Wachstum der US-Wirtschaft von 2,1 Prozent im ersten Quartal (Donnerstag). Das „Nowcast Model“ der Atlanta Fed schätzt dagegen das Wachstum auf 2,9 Prozent – eine positive Überraschung ist also möglich. Auch dürfte die PCE-Kerninflation (Freitag) weiterhin über dem Inflationsziel der US-Notenbank liegen. Damit würde sich unsere Prognose bestätigen, dass die US-Notenbank allenfalls im Dezember den Leitzins senken kann.

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