WisdomTree: Globales Makroumfeld 2020 - Waffenruhe oder Weltuntergang im Handelskonflikt?

WisdomTree: Globales Makroumfeld 2020 - Waffenruhe oder Weltuntergang im Handelskonflikt?
Marktausblick

Unser Wirtschaftsausblick für 2020 und darüber hinaus hängt davon ab, ob die USA und China ein Handelsabkommen schließen werden oder nicht. Sollte kein Abkommen erzielt werden, ist es wahrscheinlich, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession abrutscht, deren Anfänge sich bereits abzeichnen.

07.01.2020 | 09:18 Uhr

Wir berücksichtigen dabei jedoch, dass in den USA 2020 Präsidentschaftswahlen stattfinden werden. Obwohl US-Präsident Donald Trump versucht, seine früheren Wahlversprechen wie u. a. die Senkung des Handelsdefizits umzusetzen, wird er es vermeiden, zu einem so entscheidenden Moment eine wirtschaftliche Rezession herbeizuführen. Voraussichtlich wird er versuchen, ein Abkommen zu schließen, jedoch nicht zu einem allzu frühen Zeitpunkt. Rückt dieser näher an die Wahlen, werden die Wähler ihn als denjenigen in Erinnerung behalten, der die US-Wirtschaft aus der Misere gezogen hat. Diese Strategie beinhaltet aber ein hohes Risiko, denn China verliert langsam die Geduld. So weigert sich das Land beispielsweise anzuerkennen, dass man bei den Verhandlungen die von Trump sogenannte „Phase Eins“ eines Abkommens erreicht habe. Die negativen Konsequenzen einer solch hoch riskanten Vorgehensweise könnten für die Weltwirtschaft katastrophal sein. In einem solchen Fall schließen wir eine weiche Landung aus.

Industrieproduktion, nicht Dienstleistungsbranche, Triebfeder des Abschwungs

Die globale Wirtschaft verlangsamte im vergangenen Jahr, was auf den abnehmenden Handel zurückzuführen ist.  Die Industrieproduktion – der wegen des Rückgangs beim Warenhandel am stärksten betroffene Sektor – ist rückläufig. Die Dienstleistungen in den hoch entwickelten Volkswirtschaften florieren aber weiterhin . Da die meisten hoch entwickelten Volkswirtschaften dienstleistungsorientiert sind, hat sich die sinkende Industrieproduktion noch nicht auf die Arbeitsmärkte ausgewirkt. Aufgrund des anhaltenden Handelskonflikts könnte es jedoch zu Zweitrundeneffekten kommen, die zweifellos auch den Dienstleistungsbereich betreffen werden.

Reales Importwachstum

Quellen: WisdomTree, Einschätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), Stand: Oktober 2019.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse und der Wert von Anlagen kann fallen. Ein direktes Investment innerhalb eines Index ist nicht möglich.

Talfahrt in der Industrieproduktion

Quellen: WisdomTree, Markit Economics, Stand: 2019. PMI steht für „Purchase Managers Indices“ (Einkaufsmanagerindizes).

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse und der Wert von Anlagen kann fallen. Ein direktes Investment innerhalb eines Index ist nicht möglich.


Der geldpolitische Spielraum ist eingeschränkt..

Die Entscheidungsträger haben bereits Maßnahmen ergriffen, um eine wirtschaftliche Rezession abzuwenden. In den Industrieländern wurde der Großteil dieser Maßnahmen bisher durch Währungsinstitutionen übernommen. Die Federal Reserve (Fed) in den USA begann die Zinsen zu senken, und falls sich die Handelsstreitigkeiten fortsetzen, könnte dies auch so weitergehen. In Japan und großen Teilen Europas befinden sich die Zinsen bereits im negativen Bereich, weshalb man sich dort auf die quantitative Lockerung, das sogenannte „Quantitative Easing“ (QE), und, was wahrscheinlicher ist, auf andere kreative Instrumente verlassen muss, um geldpolitische Impulse zu geben. Die quantitative Lockerung hat das negative Image, für eine Vermögenspreisinflation nicht aber für Preissteigerungen bei Gütern bzw. Dienstleistungen zu sorgen und dementsprechend die Investoren und nicht die Privathaushalte zu begünstigen. Die Chinesische Zentralbank (People’s Bank of China) hat ihre Geldpolitik gleichfalls hinsichtlich Zinsen und Mindestreserveanforderungen gelockert.

..könnte die Finanzpolitik zur neuen Geldpolitik werden?

Christine Lagarde, die politisch versierte frühere Leiterin des Internationalen Währungsfonds und frühere französische Finanzministerin, trat vor Kurzem ihr Amt als Präsidentin der Europäischen Zentralbank an. Gleichzeitig wurde Ursula von der Leyen, dienstältestes Mitglied in Angela Merkels Kabinett, Präsidentin der Europäischen Kommission. Diese neue personelle Kombination wird in den europäischen Institutionen für frischen Wind und kreative Ansätze sorgen. Da die Europäische Zentralbank (EZB) bereits erklärt hat, dass ihr geldpolitischer Handlungsspielraum eingeschränkt ist und sie sich bei finanzpolitischen Institutionen auf die Erfüllung ihrer Aufgaben verlassen muss, ist es durchaus möglich, dass wir uns auf eine Form der sogenannten „Modern Monetary Theory“ zubewegen. Da sie aufgrund seines hohen Exportanteils unter akutem Handlungsdruck steht, könnte sogar die finanzpolitisch konservative Hochburg Deutschland eine andere Tonart anschlagen. Einige Investoren befürchten, dass dies in den kommenden Jahren zu einer hohen Inflation führen könnte und flüchten sich in altbewährte, sichere Anlagen wie Gold.

Anteil von Schuldverschreibungen mit negativen Renditen steigt aufgrund sinkender Leitzinsen

Immer mehr globale Anleihen werfen negative Renditen ab. Ja, die Investoren bezahlen die Emittenten sogar dafür, dass sie bei ihnen Geld aufnehmen. Noch 2014 war ein solches Phänomen vollkommen unbekannt, doch bereits im vergangenen Jahr 2019 belaufen sich solche Schuldverschreibungen auf fast 14 Billionen USD.

Die Nachfrage nach sicheren Anlagen ist so hoch, dass Investoren negative Endfälligkeitsrenditen in Kauf nehmen. In einem solchen Umfeld werden auch andere sichere Anlagen wie das früher für seinen Mangel an Rendite kritisierte Gold zunehmend interessant.

Schuldverschreibungen

Quellen: WisdomTree, Bloomberg, Stand der Daten: November 2019.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse und der Wert von Anlagen kann fallen. Ein direktes Investment innerhalb eines Index ist nicht möglich.


Die vollständige Prognose von Chris Gannatti, Head of Research bei WisdomTree können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.

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