Schroders: Drei prägende Themen für 2019

Marktausblick

Keith Wade, Chefvolkswirt bei Schroders, erörtert drei Themen, die die Marktentwicklung dieses Jahr prägen werden, und vier Ereignisse, die die Anleger überraschen könnten.

12.02.2019 | 12:54 Uhr

2018 war ein schwieriges Jahr für Anleger, was nicht zuletzt daran abzulesen ist, dass die wichtigen Anlageklassen US-Aktien und US-Staatsanleihen nicht angemessen rentierten. Zwei Faktoren waren dafür ausschlaggebend: ein enttäuschendes globales Wachstum und weniger Kapital, das durch die Weltwirtschaft floss (knappere Liquidität).

Beide werden die Märkte auch im kommenden Jahr beeinflussen. Wir haben drei wesentliche Themen identifiziert, von denen wir ausgehen können, dass sie den Anlagemarkt 2019 dominieren werden. Zudem befassen wir uns mit den „schwarzen Schwänen“, das heißt Ereignissen, die plausibel sind, denen die Marktteilnehmer derzeit jedoch kaum Aufmerksamkeit schenken.

Thema 1: Knapperes billiges Geld bringt jene in Gefahr, die auf Darlehen und Kredite angewiesen sind

2019 rechnen wir damit, dass die Geldmenge im weltweiten Finanzsystem sinkt. Hauptgrund dafür ist die Neuausrichtung der meisten großen Zentralbanken. Nachdem die US-Notenbank Fed eine Zeit lang Staatsanleihen gekauft hat, plant sie einen Teil dieser Anlagen nun wieder zu verkaufen und so Geld aus dem Verkehr zu ziehen. Die Europäische Zentralbank EZB hat ebenfalls die Absicht, ihre Anleihekäufe einzustellen. Somit ist die Bank of Japan die einzige große Zentralbank, die das Finanzsystem weiterhin mit neuem Geld versorgt (über den Kauf japanischer Staatsanleihen).

Das ist wichtig, da Anleger risikofreudiger sind, wenn Geld leicht verfügbar ist und billig ausgeliehen werden kann. In den vergangenen Jahren flossen auf diese Weise mehr Direktinvestitionen in die Peripheriemärkte der Eurozone (z.B. Griechenland, Portugal, Spanien und Italien), in einige Schwellenländer und auch in Unternehmensanleihen mit niedrigerem Rating. Wenn dem System Liquidität entzogen wird, verschwindet eine wichtige Stütze für diese Märkte. Die ersten Auswirkungen dieser Tendenz waren in den Schwellenländern bereits 2018 zu beobachten. 2019 dürften sie sich verstärken. 

Thema 2: Das Comeback der Schwellenländer

Angesichts der oben erörterten Situation mag es sonderbar anmuten, dass Schwellenländer unserer Meinung nach 2019 ein Comeback feiern – sofern die Leitzinsen in den USA nicht weiter steigen. Sollte dies eintreffen – wir rechnen mit einer weiteren Erhöhung des US-Zinssatzes auf 2,50%–2,75% im Juni –, ist davon auszugehen, dass der US-Dollar an Wert verliert. Somit wäre den Anlegern geholfen, die Darlehen in US-Dollar aufzunehmen. Viele davon stammen aus den Schwellenländern.

Diese Entwicklung könnte sich positiv auswirken und den Druck mehr als ausgleichen, der aufgrund der knapperen Liquidität und den steigenden Handelsspannungen auf dem globalen Finanzsystem lastet. Die Preise der Schwellenländeranlagen berücksichtigen wohl schon das Schlimmste, da sowohl die Aktien als auch die Devisen dieser Länder deutliche Einbußen erlitten. Im Falle erfreulicher Meldungen besteht nun also genügend Spielraum für einen Aufschwung.

Die makroökonomische Entwicklung ist ebenfalls wichtig. Um das Vertrauen der Anleger nachhaltig wiederherzustellen, müsste China allerdings höhere staatliche Ausgaben und/oder Steuerkürzungen beschließen. Die Sorge über einen Handelskrieg zwischen den USA und China ist nach wie vor groß. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass das Handelsvolumen insgesamt deutlich sinkt, da sich Wirtschaftsaktivität voraussichtlich verlagert.

Thema 3: Der Druck der Populisten verleitet die Regierungen zu oberflächlichen Lösungen

Ohne den Antrieb der Nachfrage aus den USA und China dürfte sich das Weltwirtschaftswachstum verlangsamen. Die USA schnitt 2018 in Bezug auf das Wachstum besser ab, da Präsident Trump die Steuern kürzte. Andere Staats- und Regierungschefs verfolgen die Entwicklung aufmerksam. In Frankreich erfüllte Präsident Macron aufgrund vieler Protestwochenenden die Forderungen der Populisten nach Steuersenkungen. Falls es zu einem harten Brexit kommt, plant auch Großbritannien ein Haushaltspaket. Japan bildet wohl die Ausnahme, da die Verbrauchersteuer im Oktober 2019 angehoben werden soll. Doch auch hier werden Maßnahmen getroffen, um die Auswirkungen auszugleichen.

Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass Regierungen, die das Wachstum fördern wollen, keine Wirtschaftsreformen mehr durchführen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen oder die Arbeitsmärkte flexibler zu gestalten. Heutzutage wird zu schnellen Lösungen gegriffen, etwa Steuerkürzungen, höheren Staatsausgaben oder gesetzlichen Maßnahmen wie die Anhebung der Mindestlöhne. Einige dieser Maßnahmen sind sinnvoll und bereits überfällig, andere sind jedoch einfach eine Reaktion der Regierungen auf den Druck der Populisten.

Wie prägen diese Themen im Jahr 2019 voraussichtlich die Wertentwicklung am Markt?

Die meisten schlechten Nachrichten wurden von den Märkten bereits eingepreist. Diese Tatsache gewährleistet 2019 zwar keine positiven Erträge, jedoch sind die Märkte im Falle einer Enttäuschung besser aufgestellt und daher möglicherweise auch widerstandsfähiger gegen Krisen als im vergangenen Jahr.

Schwarze Schwäne: das Undenkbare denken

Die vorstehenden Themen sind ziemlich gut bekannt. Schwarze Schwäne sind die unbekannte Unbekannte. Wir können sie definitionsgemäß nicht vorhersehen, haben jedoch vier plausible Szenarien identifiziert. Unseres Erachtens sollten auch sie erwogen werden.

1. Eine weitere Krise in der Eurozone

Die erste Eurokrise begann 2009. Mehrere Mitgliedstaaten des Euroraums (vor allem Griechenland) Konnten ihre Schulden nicht mehr tilgen (oder refinanzieren). Einige Staaten waren außerdem nicht dazu in der Lage, ihre überschuldeten Banken zu retten. Die Europäische Zentralbank EZB griff ein und druckte Geld, um die Märkte weiterhin mit ausreichend Liquidität zu versorgen. So verhinderte sie die Einstellung der wirtschaftlichen Aktivität und einen möglichen Zusammenbruch der Wirtschaft.

Seitdem ruft vor allem Präsident Macron dazu auf, einen gemeinsamen Fonds zu gründen, um das Wachstum zu fördern, sollte sich eine solche Krise wiederholen. Dieser Forderung wurde noch nicht stattgegeben. Ende 2018, als die geplanten Haushaltsausgaben der neuen populistischen Koalition in Italien die strengen Regeln der Europäischen Kommission auf die Probe stellten, wurde eine neue Krise nur knapp vermieden. 2019 dürfte sich das Drama wiederholen, da die Populisten überall immer stärkeren Anklang finden.

2. Kein Brexit 

Diese Möglichkeit mutet unvorstellbar an, da derzeit so viel Zeit und Energie für die Ausgestaltung eines Austrittsabkommens aufgewandt wird. „Kein Brexit“ ist jedoch die einzige Alternative (abgesehen von „kein Deal“), die keine Abstimmung erfordert. Da das Parlament das derzeitige Angebot abgelehnt hat und die EU wohl kaum weitere Zugeständnisse macht, muss die Möglichkeit bestehen, dass die Regierung die Austrittserklärung zurückzieht und in der Union bleibt.

3. Militärische Auseinandersetzungen 

Leider gibt es viele Brennpunkte, die sich 2019 entzünden könnten. Der Stellvertreterkrieg in Jemen und Syrien könnte sich zu einem Krieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran entwickeln. China würde seine Macht gern auf Taiwan und andere Gebiete in der Region ausdehnen. Der jüngste Rücktritt des US-Verteidigungsministers James Mattis deutet auf eine isolationistischere US-Politik hin, die anderen die Gelegenheit bietet, die Lücke zu schließen. Sollte die negative Einstellung von Präsident Trump gegenüber den Vereinten Nationen zu weniger gut koordinierten internationalen Reaktionen auf bewaffnete Gebietskonflikte führen, könnt Russland erneut versuchen, seinen Machtbereich auszudehnen.

4. Trump tritt 2020 nicht mehr zur Wahl an 

Obwohl es oft schwierig ist, die Absichten des US-Präsidenten zu entziffern, scheint er ständig im Wahlkampf zu sein und sich auf eine zweite Amtszeit vorzubereiten. Er muss jedoch erst das Ergebnis der Untersuchungen von US-Sonderermittler Robert Mueller zu der mutmaßlichen russischen Einflussnahme auf die Präsidentschaftswahl 2016 abwarten. Zudem ist er bereits die älteste Person, die zum Präsidenten gewählt wurde. Er trat sein Amt im Alter von 70 Jahren an und wäre am Ende einer zweiten Amtszeit 78. Seine Gesundheit könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Oder er könnte ganz einfach beschließen, etwas anderes zu machen. Es wird gemunkelt, dass er einen Medienkonzern gründen möchte – Trump TV.

 

Den vollständigen Bericht finden Sie nachstehend als PDF-Datei. Bitte beachten Sie jedoch, dass er in englischer Sprache verfasst wurde und sich nur an professionelle Anleger und Finanzberater richtet.

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Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 08.02.19 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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