ME Fonds: Ausblick 2021 – Für den spekulativen Investor mit einem Turnaround-Portfolio

Anlageberatung

Noch nie war die Grundsatzentscheidung über makroökonomische Einschätzungen und politische Entscheidungen so wichtig wie zum jetzigen Zeitpunkt. Denn davon hängt ganz entscheidend die eigene Anlagestrategie ab.

25.02.2021 | 11:19 Uhr

Noch nie war die Grundsatzentscheidung über makroökonomische Einschätzungen und politische Entscheidungen so wichtig wie zum jetzigen Zeitpunkt. Denn davon hängt ganz entscheidend die eigene Anlagestrategie ab. Im Wesentlichen bedeutet das, ob jemand seinen Fokus mehr auf eine Absicherung legt oder eher spekulativ auf eine Veränderung der derzeitigen geopolitischen Landschaft setzt. Im ersten Schritt gilt es also, die aktuelle Lage für sich richtig zu interpretieren und im zweiten Schritt dann seine Anlagestrategie hierauf einzustellen. Dabei sehe ich grundsätzlich zwei Lager:

  1. Absicherungs- bzw. Krisenstrategie
  2. Spekulation auf baldige Änderung der Situation

Für den spekulativen Investor, der mit einer baldigen Änderung der Situation rechnet:

In schweren wirtschaftlichen und auch persönlichen Zeiten ergibt sich aus der Massenpsychologie immer das gleiche Strickmuster. Wenn die Zeit ins Land zieht und sich keine Besserung abzeichnet, nimmt die Hoffnung grundsätzlich ab. An der Börse ist es erwiesen, dass dann der Turnaround kommt, wenn alle die Köpfe am Tiefsten hängen lassen. Wir haben in 2020 für mutige Geldanleger eine hochinteressante Konstellation: Einerseits gibt es eine Gruppe von Investoren mit konservativen Aktien, die recht hoch im Kurs stehen und gleichzeitig haben wir eine Fülle von Branchen, die auf Grund von Lockdown Maßnahmen extrem tief bewertet sind. Im Wesentlichen muss man davon ausgehen, dass es diese Branchen vielleicht nicht schaffen. Wie immer, wenn das Pendel zu sehr in eine Richtung ausschlägt, ergeben sich extrem günstige Investitionsgelegenheiten. 2021 würde ich mutigen und optimistischen Anlegern empfehlen, den Blick auf die Zukunft zu richten und nicht zu sehr rückwärts auf das Jahr 2020. Feststeht, dass das moderne Leben mit neuen Erfindungen, besserer Technik, künstlicher Intelligenz, immer schnelleren Forschungsresultaten und einer immer tieferen Vernetzung der Länder untereinander nicht aufzuhalten ist. Was bei aller Corona-Panik in 2020 völlig übersehen wird: die Weltbevölkerung wächst jeden Tag vor allem in den Ländern außerhalb Europas. In vielen Ländern, bereits heute in Emerging Markets, gibt es überhaupt keine Corona-Thematik, sondern ein extrem gutes wirtschaftliches Fortschreiten. Das gilt z.B. für den gesamten Inlandsmarkt in China. Der europäische und deutsche Investor leidet zum Teil unter einem verzerrten Bild, wie es in der Welt insgesamt zugeht. Es ergeben sich extrem gute Chancen, wenn wir davon ausgehen, dass sich für in 2020 unbeliebte Branchen das Bild in 2021 aufhellt. Das kann z.B. an dem schnellen Voranschreiten mit einem mit gutem Impfstoff und den medizinischen Maßnahmen liegen oder an einer anderen Einsicht der Politiker zu getroffenen Maßnahmen. Wir haben ja auch in Europa Länder, die den Lockdown-Maßnahmen derzeit nicht unkritisch folgen wie z.B. Portugal. Es gibt eine Fülle von Überraschungsmomenten, mit denen man in 2021 rechnen kann und das Interessante für die Investoren ist, dass momentan nur das Negative voll und ganz in die Kurse eingepreist ist. Die Möglichkeit, viel schneller in einen Normalrhythmus zurückkehren, in dem die Firmen extrem gut vorankommen und das normale Leben wieder funktioniert, ist kaum in den Preisen enthalten. Es herrscht zu viel Angst und dieser Faktor macht das Investieren für mutige Anleger so interessant.

Auf welche Branchen sollte das Augenmerk gerichtet werden, wenn jemand ein solches Turnaround oder Optimisten-Portfolio aufbauen möchte? Wenn wir versuchen, Zusatzrisiken zu vermeiden, sehen wir hier die Flughafenbetreiber als erstes. Zur Erklärung und das ist jetzt keine Anlageempfehlung, sondern nur ein Beispiel: Wenn Sie ein Land wie die Schweiz betrachten, ist es völlig nachvollziehbar, dass die Schweiz an ihrem zentralen Standort Zürich immer einen Flughafen haben wird. Es gibt natürlich Unterschiede in der Finanzierung und Bedeutung für die jeweiligen Länder, was die Flughäfen angeht. So wäre z.B. für einen optimistischen bzw. mutigen Investor mit konservativen Maßstäben in dem Bereich der Flughäfen Zürich durchaus eine Überlegung wert. Falls der Flugbetrieb nicht mehr das frühere Volumen über die Jahre erreichen sollte, besteht die Möglichkeit, Teile des Gebäudes umzufunktionieren. Hierbei haben wir es mit äußerst modernen Räumlichkeiten zu tun, die infrastrukturell gut angeschlossen sind. Mittelfristig könnten Wohnungen oder Büros entstehen.

Daran anhängend, mit etwas mehr Risiko, ist das Duty-Free Geschäft auf der Welt zu sehen. Eine äußerst interessante Branche, auf die im Moment so gut wie kein Mensch setzt.

Auch im Bereich der Airlines muss man sagen, dass eine Zukunft ohne Airlines völlig abstrus ist. Wir leben in einer vernetzten Welt und auch bei allem Fokus auf Online und Digital werden sich hier Perlen finden lassen.

Das gilt auch langfristig für die großen Flugzeugbauer, die darüber hinaus auch die Maschinen warten. Wenn der Flugverkehr wieder zunimmt, werden diese zu den ganz großen Gewinnern gehören. Hier darf man einiges nicht übersehen: viele Flugzeugbauer sind viel stärker abgesichert, als der Amateur annimmt, weil die Flugzeugbauer häufig geopolitisch mit dem jeweiligen Land im Bereich der Rüstungsindustrie über die Luftwaffe geschäftlich verbunden sind. Das heißt, ein Großteil der Forschung und Entwicklung für Kampfjets ist häufig unter einem Dach mit der Entwicklung ziviler Flugzeuge.

Eine weitere Branche ist der Bereich der Freizeitparks. Hier gibt es über den Weltmarkführer Disney hinaus viele andere Freizeitparkbetreiber bis hin zu normaler Freizeitgestaltung wie z.B. rund um das Skilaufen die Sesselliftbetreiber, Bergbahnen, etc.. Diese können mit einem Handschlag bei veränderten politischen Maßnahmen wieder ihr altes gutes Geschäftsmodell aufgreifen. Das gleiche gilt für sehr große Eventveranstalter. Auch hier gibt es an den Börsen in Europa und Amerika interessante Adressen von ganz prominenten Eventlokalitäten wie z.B. dem Madison Square Garden. Diese etablierten Einrichtungen liegen momentan brach, können aber im Handumdrehen ihr Geschäft wieder aufnehmen.

Auch im Bereich der Hotels und Resorts gibt es äußerst seriöse Adressen mit Stehvermögen, z.B. Weltmarkennamen wie Hilton, Hyatt oder Marriott, die bei der Rückkehr zum Normalleben ein gutes Geschäft wiederaufbauen können.

Im Bereich der Nischenplayer sind die Kinoketten zu erwähnen und ein besonders interessantes Geschäft sind die Kasinos. Hier gibt es drei große Adressen in Amerika: MGM, Las Vegas Sands und die Firma Wynn. Sie besitzen den Charme, dass sie ihr Geschäft nicht nur in Las Vegas betreiben, sondern auch in Macao. Egal welche Maßnahmen weiter getroffen werden, auf Dauer lässt sich der Spieltrieb der Menschen nicht unterdrücken und es gibt nun einmal kulturhistorisch Nationen, die diesem besonders erliegen. Diese drei Adressen waren schon seit Jahrzehnten immer die großen Profiteure.

Letztlich möchte ich noch den Bereich der Kreuzfahrtschiffe erwähnen. Hier gibt es auch zwei große die das Geschäft absolut beherrschen, die bisher die Krise trotz miserabler Ergebnisse 2020 überstanden haben und auf die ein optimistischer, an einen Turnaround glaubender Investor sein Augenmerk legen sollte.

Die Liste lässt sich natürlich beliebig fortsetzen je nach Einschätzung von Branchen und je nach Know How. Generell würde ich davon dringend abraten, in Firmen zu investieren, die im Jahr 2020 besonders tief sind, aber über strukturelle Probleme verfügen, die nicht alleine mit Corona zu tun haben. Von daher würde ich nicht investieren bei allen Aufwärtschancen im Kurs in Automobil- und zulieferfirmen. Hier ist einfach ein zu großer Wandel im Gange. Dieser ist sehr kapitalintensiv und es lässt sich überhaupt nicht abschätzen, welcher Hersteller mit welcher Technik durchkommt. Ist es Wasserstoff, das E-Auto, der Hybrid oder am Ende doch weiter der Verbrennungsmotor? Hier sind mir die Risiken zu groß. Des Weiteren würde ich nicht in Energieversorger investieren, weil auch hier ein zu großer Wandel besteht und sich auch losgelöst von Corona viel verändern wird. Als eine weitere Branche würde ich die Finanzbranche insgesamt erwähnen. Ein Nullzinsniveau ist einfach eine schlechte Basis und hier sind die Veränderungen von Digitalisierung und anderem Kundenverhalten einfach zu groß.

Von daher würde ich mich eher auf einen Katalog der rein Corona-betroffenen Branchen konzentrieren und mich psychologisch bewusst gegen die schlechten Nachrichten wappnen oder immun setzen. Diese werden auch 2021 weiter anhalten. Man kann also mit seinem Turnaround Portfolio nicht erwarten, dass sich alles direkt in die richtige Richtung entwickelt.

Fazit

Ein solches Portfolio gezielt aufbauen? Ja, aber nur wenn man es sich leisten kann. Das heißt, wenn man das Geld die nächsten drei bis vier Jahre wirklich nicht zum Leben oder für andere Ausgaben braucht, denn unter Umständen dauert der Turnaround länger als man denkt. Weiterhin braucht man das nervliche Kostüm, einen so mutigen Schritt auszuhalten und weiter ruhig schlafen zu können für den Fall z.B., dass die Impfstoffe nicht gleich flächendeckend so wirken und dass es Rückschläge gibt.


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