EdR: Chinesische Aktien: auf die richtige Selektion kommt es an!

EdR: Chinesische Aktien: auf die richtige Selektion kommt es an!
Märkte

Ein Kommentar von Gilles Prince, Chief Investment Officer, Edmond de Rothschild (Suisse).

04.05.2020 | 09:24 Uhr

First in, first out: China war als erstes Land von der Lungenkrankheit Covid-19 betroffen und ist gleichzeitig der erste Staat, der seine Wirtschaftstätigkeit wiederaufgenommen hat. Daher sollten lokale Unternehmen den Vorteil haben, als erste zu normaler Geschäftstätigkeit zurückzukehren. Das sollte sich in der Stabilisierung und Erholung der Gewinne und dann in den Aktienkursen widerspiegeln.

Die Bewertungen waren vor der Krise eher unspektakulär und bleiben es auch im Vergleich zu den entwickelten Märkten, während die Index-Performance im Jahr 2020 mit minus acht Prozent per Mitte April recht widerstandsfähig war. Sicherlich war es von Vorteil, dass die Börsen nach dem Feiertag zum Mondneujahr geschlossen blieben. Wir sind jedoch der Ansicht, dass chinesische Aktien im Zyklus voraus sind und im Vergleich zu anderen Regionen, die sich noch immer im Lockdown befinden, eine höhere zu erwartende Rendite aufweisen.

Doch auch wenn wir jetzt Rückenwind für eine gute Entwicklung sehen, bleibt die Situation rund um die Covid-19-Krise komplex und weiterhin mit Unsicherheiten behaftet. So stellt beispielsweise eine zweite Infektionswelle ein Risiko dar. Ebenso ist ungewiss, wieviel Zeit benötigt wird, um alle Dienstleistungen, die Produktion, den Transport und die Logistik wieder in Gang zu bringen. Daher ist Selektion bei der Titelauswahl der Schlüssel zum Erfolg. Nicht alle Unternehmen werden in der Kick-Start-Phase gleich gut abschneiden. Frühindikatoren zeigen, dass die Erholung in den einzelnen Branchen ungleichmäßig verläuft und exportorientierte Sektoren wie Maschinenbau, Elektronik und Kleinunternehmen noch immer erheblich leiden. Die weltweite Nachfrage verbessert sich noch nicht, da die Pandemie in vielen Ländern noch anhält, und die Lieferketten noch nicht wieder voll funktionsfähig sind. Daher sollten wir uns eher auf die inländisch-orientierte Unternehmen konzentrieren, die von den veränderten Gewohnheiten durch die Corona-Krise profitieren könnten. Bereiche wie Online-Bildungsangebote, Software und E-Commerce sehen vielversprechend aus, da mögliche Käufe vielleicht eher verzögert als nicht vollzogen wurden.

Darüber hinaus ist die Reaktion der chinesischen Behörden in der Geld- und Fiskalpolitik bisher zurückhaltend gewesen, zumindest im Vergleich zu der zügellosen Haltung der europäischen und amerikanischen Behörden. Die Rallye der globalen Aktien in den ersten Aprilwochen war daher in China weniger stark ausgeprägt, was jedoch nicht bedeutet, dass die Wachstumsaussichten verschwunden sind. Chinesische Institutionen sind misstrauisch gegenüber den übertriebenen Schuldenständen und den Nebenwirkungen der monetären Stimulierungsmaßnahmen, die nach den Jahren 2008-2009 und 2012-2013 beobachtet wurden. Daher sind sie vielleicht nicht bereit aus den Vollen zu schöpfen, könnten aber mit gezielteren Maßnahmen agieren. Da der Wirtschaftsabschwung jedoch stärker als erwartet ausfällt und von internationaler Dimension ist, glauben wir, dass ein neuer Impuls wahrscheinlich ist und vom Binnenkonsum ausgehen könnte. Der für Anfang Mai geplante Nationale Volkskongress könnte bei der Vorlage des Haushaltsplans und der Wachstumsziele einige Impulse für Aktien liefern.

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