Märkte

BNP Paribas: Wöchentliches Markt-Update – Löwen, Tiger und Bären

Die neuesten US-Inflationsdaten haben überrascht – mit negativen Folgen für die meisten Märkte: Die Gesamtinflation lag im August bei 8,3 % im Vergleich zur Konsensprognose von 8,1 %, Anleger hatten auf eine nachlassende Inflation gesetzt. Tatsächlich hat sie sich in vielen Ländern allerdings beschleunigt (siehe Diagramm 1). Das Besorgniserregende daran: Für die Beschleunigung des US-Verbraucherpreisindex (VPI) waren zum Teil die Kosten für Wohnraum verantwortlich, die in der Regel eher starr sind.

26.09.2022 | 10:28 Uhr

Globale Inflation

Die Hoffnung, dass die Zentralbanken bei der Erhöhung der Leitzinsen eine Pause einlegen würden, hat einen Dämpfer erhalten. Der Abverkauf bei Risikoanlagen im letzten Monat war bereits von der Erwartung höherer Leitzinsen angetrieben worden. Die Botschaft der Zentralbanken war klar: Sie würden „alles Nötige tun“, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen und die Zinsen würden für längere Zeit höher bleiben, als viele Marktteilnehmer erwarteten.

Nach der Veröffentlichung der neuesten VPI-Daten in den USA, sind die Zinserwartungen noch weiter gestiegen (siehe Diagramm 2). Dass sich dies auf Aktien, vor allem auf Wachstumstitel, negativ auswirken würde, war absehbar. Die Prognose des Höchstwerts der US-Zinsen ist nunmehr auf fast 4,5 % gestiegen, obgleich die Märkte noch immer erwarten, dass die US-Notenbank eine geldpolitische Wende einleiten und die Zinsen etwa ab dem Frühjahr 2023 senken wird. Wir sind davon überzeugt, dass die Zinsen im gesamten Jahr 2023 hoch bleiben werden.

Erwartete-Leitzinsen

Steigende Diskontsätze sind nicht das einzige Risiko für Aktien. In Kontinentaleuropa ist die schwache Marktentwicklung – wie auch in den USA – auf die steigenden Zinserwartungen zurückzuführen. Und das obwohl die Aktienindizes in Europa auf die Zinsen weniger empfindlich reagieren als die US-Märkte, weil in Europa Substanzsektoren ein größeres Gewicht haben.

Auseinanderlaufende Erwartungen

Die nachgebenden Wachstumserwartungen haben jedoch eine größere Rolle gespielt. In den USA weisen die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) nach wie vor auf ein solides Wachstum hin. So lag der Index des Institute of Supply Management (ISM) für das verarbeitende Gewerbe zuletzt bei 53, jener für das Dienstleistungsgewerbe bei 57.

Die PMIs in Europa notieren dagegen bereits unter 50, auch weil der Energieschock immer deutlicher Wirkung zeigt – und das schon lange vor dem Winter. Die PMIs für das Dienstleistungsgewerbe, die über dem Schwellenwert von 50 lagen, profitierten von der sehr guten Ferienreisezeit. Der schwache Euro zog viele US-Touristen an. Dieser Impuls dürfte sich mit dem Ende des Sommers abschwächen.

Doch die USA sind gegen eine Verschlechterung der Wachstumsaussichten auch nicht immun. Die Gewinnschätzungen (ohne Rohstoffe) für das aktuelle Quartal sind seit Juni rapide um mehr als 7 % gesunken. Die Prognosen zum Gewinnwachstum gegenüber dem Vorjahr lauten daher nur noch 3,5 %. Dies könnte sich letztlich als zu optimistisch herausstellen.

Rezession und Gewinnwachstum?

Im Vorausblick auf das Jahr 2023 gehen viele Ökonomen und Anleger von einer Rezession in den USA aus. Die Gewinnwachstumsprognosen sind mit 7,5 % aber nach wie vor positiv. Während einer Rezession fallen die Gewinne in der Regel um 20 % bis 30 %.

Die Prognosen der Analysten sind von der Anlegerstimmung nicht unbedingt weit entfernt und erst recht nicht unrealistisch. Das Verhältnis aus Bullen (Optimisten) zu Bären (Pessimisten) liegt aktuell unweit des Allzeittiefs bei einer Standardabweichung unter dem langfristigen Durchschnitt. Auch das prognostizierte Gewinnwachstum von 7,5 % auf Sicht von einem Jahr liegt am unteren Ende, wenngleich nicht so weit. Die langfristige Durchschnittsschätzung lautet 13,8 %; das heißt, die Konsensschätzung ist etwa halb so hoch (siehe Diagramm 3).

Anlegerstimmung-und-Gewinnerwartung

Das soll aber nicht bedeuten, dass dieses prognostizierte Gewinnwachstum unserer Ansicht nach erreicht wird. Das Wachstum in den USA wird sich spürbar abschwächen müssen, wenn die Inflation auf das 2%-Ziel der Fed sinken soll. Den Konjunkturabschwung dürften vor allem die Unternehmensgewinne mit voller Wucht zu spüren bekommen.



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