Der Konjunkturabschwung nimmt Fahrt auf - die Notenbanken sind weltweit im Panikmodus und die Rezessionsangst geht um. Doch werden die bisherigen Maßnahmen reichen? - Wir meinen nein.
07.08.2019 | 10:44 Uhr
Quantitative Maßnahmen werden zusätzlich in Erwägung gezogen. Die Angst vor einer Rezession ist förmlich zu spüren. Sie soll unter allen Umständen vermieden werden, sind doch die Folgen in einer fragilen Finanzwelt mit hoffnungslos überschuldeten Wirtschaftssubjekten (vor allem Staaten) kaum kalkulierbar. Der Grenznutzen des billigen Geldes nimmt für die Realwirtschaft ab und sorgt lediglich noch für kurzfristige Euphorie an den Kapitalmärkten. Der Ruf nach fiskalpolitischen Programmen wird lauter.
Weltweit kühlt sich die globale Konjunktur ab.
Seit Monaten erwarten wir einen Rückgang der globalen wirtschaftlichen
Aktivitäten, aber der abrupte Einbruch vieler Indikatoren in den vergangenen
Wochen macht auch uns etwas nervös. Viele Frühindikatoren konnten sich zu
Anfang des Jahres nur temporär stabilisieren, setzten aber kurz darauf den
Abwärtstrend weiter fort. Insbesondere der globale Einkaufsmanagerindex
berichtet im verarbeitenden Gewerbe von der schlechtesten Stimmung seit Jahren.
Während das verarbeitende Gewerbe sich
weltweit bereits in einer tiefen Rezession befindet, fungiert der
Dienstleistungssektor weiterhin als Stütze der Konjunktur. Aus der Historie
wissen wir, dass eine nachhaltige Abkoppelung sehr unwahrscheinlich ist.
Dennoch konstatieren wir, dass die ultra-expansive Geldpolitik vieler
Notenbanken die Rahmenbedingungen etwas verändert hat.
Von der hierdurch angefachten Binnennachfrage profitieren neben der Bauwirtschaft vor allem der Dienstleistungssektor. Es besteht aber die berechtigte Sorge, dass auch der Dienstleistungssektor in den kommenden Monaten an Dynamik einbüßen wird. Aus unserer Sicht liegt die Talsohle der konjunkturellen Entwicklung nicht hinter, sondern leider noch vor uns. Damit steigt der Druck im Kessel.
Leider verpuffen die positiven Wirkungen des Geldes immer mehr. Der
Werkzeugkasten der Notenbanken leert sich. Klar, sie werden die Zinsen weiter
senken. Es gilt auch als gesichert, dass sie wieder Anleihen kaufen werden.
Wahrscheinlich zukünftig auch Aktien oder Immobilien. Aber reicht das? Wir
denken nein. Der Ruf nach nachfragewirksamen fiskalpolitischen Programmen wird
bei weiterer Abschwächung der Konjunktur lauter werden. Aus unserer Sicht
dürfte das Flehen bald erhört werden. Die Ernennung Christine Lagardes zur
neuen EZB-Präsidentin ist für ihn ein Fingerzeig in diese Richtung. Gehen Sie
davon aus, dass nicht nur die Geld-, sondern auch die Finanzpolitik expansiver
wird, je länger die Konjunkturflaute anhält.
Große staatliche Ausgabenprogramme in den Bereichen Infrastruktur sowie Umweltschutz im kommenden Herbst und Winter würden uns nicht überraschen. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch ein Ansteigen der Budgetdefizite und damit konsequenterweise der Schuldenquoten. In der Eurozone wäre damit der Geist der Maastricht-Verträge endgültig beerdigt. Müßig zu erwähnen, dass dies der Treibsatz für steigende Aktienkurse bedeutet. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Anleger beginnen dieses Szenario einzupreisen.
Trotz niedriger Zinsen sind die Schuldenberge
vieler Staaten zu hoch. Keine Frage, in einem Umfeld expansiver Fiskalpolitik
werden diese Berge weiter anwachsen, aber die Unterstützung der Notenbanken
gilt als sicher. Daher liegt es nahe, dass diese einen Großteil der Ausgaben
finanzieren werden. Dies wäre ein Sündenfall, aber die Wahrscheinlichkeit dafür
steigt jeden Tag.
Forderte der noch amtierende EZB-Präsident Mario Draghi noch zu Beginn seiner Amtszeit strukturelle Reformen als Flankierung zur Zentralbankpolitik, wurde jüngst im Juli 2019 seine Verlangen nach Fiskalpolitik laut, um einen möglichen Schock abzufedern. Zudem denkt die EZB mittlerweile darüber nach, ob das seit Jahren verfehlte Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent nicht überarbeitet werden muss. Klingt nebensächlich, ist aber historisch. Heißt es doch nichts anderes, als dass die Notenbank künftig auch ein
gewisses Überschießen des Inflationsziels zulassen möchte. Am Ende des Tages geht es einzig und allein darum Inflation zu erzeugen. Die Schulden müssen auf diesem Wege entwertet werden. Wir gehen davon aus, dass die staatlich gelenkte Geldentwertung irgendwann gelingen wird. Die Inflation der Vermögenspreise ist seit Jahren bereits in vollem Gange. Die Inflation der Konsumpreise könnte bereits mittelfristig folgen.
Der Autor Markus Steinbeis ist geschäftsführender Gesellschafter der steinbeis & häcker vermögensverwaltung gmbh. Diese Gesellschaft berät die Fonds S&H – Income and Opportunities und S&H – Smaller Companies EMU.
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