Natixis IM zur EZB-Sitzung: Zweideutige Konstruktion des Anti-Fragmentierungsinstruments deutet auf "koste es, was es wolle"-Haltung hin

Kommentar

Gestern hat die EZB auf ihrer Ratssitzung eine historische Entscheidung getroffen. Anders als von vielen erwartet, hob sie die drei Leitzinsen um 50 Basispunkte an, wodurch der Einlagensatz der EZB zum ersten Mal seit 2014 über den negativen Bereich hinausgeht.

22.07.2022 | 09:37 Uhr

Mabrouk Chetouane, Head of Global Market Strategy bei Natixis Investment Managers, sieht darin einen wichtigen Schritt der Zentralbank, um ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Zudem sei es wichtig, dass die EZB an dem Ziel der Zinsneutralität festhalte. Dies zeige, dass der Rat nicht von einem Nachfrageüberhang und damit einer Notwendigkeit zur Erhöhung der Zinssätze in den restriktiven Bereich ausgehe. Gleichzeitig erkennt er in den auf der Sitzung vorgestellten Details zum neuen Anti-Fragmentierungsinstrument eine konstruierte Zweideutigkeit.

Chetouane: „Die Formulierungen der länderspezifischen Zulassungskriterien lassen genügend Spielraum, um in jedem Einzelfall eine Entscheidung zu treffen. Denn die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um förderfähig zu sein, z. B. "Einhaltung des finanzpolitischen Rahmens der EU" und "keine schwerwiegenden makroökonomischen Ungleichgewichte", lassen schon die Frage aufkommen, warum ein Land, das diese Bedingungen erfüllt, überhaupt Hilfe benötigt. Diese konstruierte Zweideutigkeit erscheint uns als eine implizite, aber zaghafte "koste es, was es wolle"-Haltung. Sie dürfte irgendwann von den Märkten in Frage gestellt werden, vor allem, wenn sich die Spreads der Staatsanleihen aufgrund erhöhter politischer Risiken und Kreditrisiken ausweiten.“

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