Morgan Stanley IM: Investieren in einer zutiefst unsicheren Welt

Morgan Stanley IM: Investieren in einer zutiefst unsicheren Welt
Kommentar

In einer zutiefst unsicheren Welt ist ein Portfolio von Kapitalvermehrern mit konsistenter Erfolgsgeschichte sinnvoll. Ein Kommentar von Bruno Paulson.

20.04.2022 | 07:10 Uhr

Der militärische Konflikt in der Ukraine bedeutet, dass die Welt live Zeuge einer humanitären Katastrophe wird und mit Kräften und Szenarien konfrontiert ist, die es in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gab. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und Familien aller betroffenen Menschen. Obwohl der MSCI World seit Jahresbeginn um 8 % in US-Dollar nachgegeben hat, liegt er über die letzten zwölf Monate betrachtet noch immer mit 10 % im Plus. Dieser relativ begrenzte Marktrückgang ist eher auf eine Neubewertung als auf fallende Ertragserwartungen des Marktes zurückzuführen.

Die Ertragserwartungen für das nächste Jahr sind, vielleicht optimistisch, in den letzten zwei Monaten sogar um 3 % gestiegen. Historisch gesehen hat die Robustheit der Erträge in schwierigen Zeiten, sei es während der globalen Finanzkrise oder der Corona-Pandemie, dazu geführt, dass unsere globalen Portfolios relativ wenig in Mitleidenschaft gezogen wurden. In diesem Jahr war dies noch nicht der Fall, da sich die Marktgewinne in diesem Jahr bisher gut gehalten haben.

Zu beachten ist dabei, dass die Neubewertung wertgetrieben war, wobei die teureren Titel stärker fielen. Wenn man den MSCI World in fünf Quintile nach dem KGV Ende 2021 unterteilt, hat das oberste Quintil 15 % verloren und das zweite 9 %, die anderen drei aber nur 1-4 %. Wir waren in den letzten Jahren sehr an Bewertungen orientiert. Wir haben Positionen in den teureren, wachstumsorientierteren Titel aufgrund ihrer Neubewertung reduziert, wobei wir die teuersten Wachstumstitel schon immer gemieden haben. Aufgrund der hohen Qualität des Portfolios ist es auch geringfügig teurer als der Markt, mit rund der Hälfte der Gewichtung des Portfolios im zweiten Quintil. Deshalb hat sich die Neubewertung des Marktes als Hindernis erwiesen, obwohl dadurch einige Titel – sowohl innerhalb als auch außerhalb der aktuellen Portfolios – attraktiver geworden sind. Abschließend sind noch die Sektorentwicklungen zu beachten. Basiskonsumgüter, ein Schlüsselsektor für unsere globalen Portfolios, haben sich in diesem Jahr relativ gut bewährt. Aber mit Blick auf die anderen Sektoren mit einer überdurchschnittlichen Entwicklung 2022 bedeutet unsere Philosophie, dass wir nicht in Energie (ein herausragender Sektor dieses Jahr), Grundstoffe oder Versorger investiert sind. Im Finanzsektor sind wir zudem underweight, nicht zuletzt weil wir Banken meiden.

Unser Fokus liegt nach wie vor auf der langfristigen Kapitalvermehrung – die Märkte haben damit so ihre Probleme. Was uns ein Titel bieten sollte klingt einfach, ist aber schwer zu finden. Ganz oben auf der Liste stehen Unternehmen mit dominanten und nachhaltigen immateriellen Vermögenswerten, beispielsweise Marken oder Netzwerke. Diese immateriellen Vermögenswerte sollten die Preissetzungsmacht stärken, also die Fähigkeit, die Inflation bei Input-Kosten an die Endverbraucher weiterzugeben. Dies ist im heutigen Inflationsumfeld besonders wichtig. In der Vergangenheit auch bei Input–Kosten-Schocks hohe und stabile Bruttomargen aufzuweisen, ist ein Signal, dass ein Unternehmen über Preissetzungsmacht verfügt. Zudem ist uns die Fähigkeit wichtig, Umsätze mit einem wesentlichen wiederkehrenden Element organisch und stetig steigern zu können. Dies steht im Gegensatz zu Unternehmen, die der Volatilität von Konjunkturzyklen ausgesetzt sind. Solche wiederkehrenden Umsätze können aus regelmäßigen Käufen eines Lieblingsshampoos oder einer bevorzugten Gesichtscreme oder auch aus langfristigen Beziehungen und Verträgen stammen. Die Kombination aus Preissetzungsmacht (Schutz von Margen) und wiederkehrenden Erträgen (Schutz von Umsätzen) sollte zu robusten Gewinnen führen. Da eher auf immateriellen als materiellen Vermögenswerten aufgebaut wird, sollten diese Gewinne zu hohen Kapitalrenditen erwirtschaftet werden. Aus diesen robusten Erträge sollten ebenso robuste Cashflows werden.

Leider ist für die Kapitalvermehrung mehr als ein solides und nachhaltiges Franchise erforderlich, um stetig mit hohen Renditen zu wachsen. Auch das richtige Management ist dafür essenziell. Sie müssen nicht nur durch Innovation und Werbung die immateriellen Vermögenswerte erhalten und verbessern, sondern auch die verbleibenden freien Cashflows mit Bedacht einsetzen. Einige Unternehmen sind gut geschult bei Übernahmen. Die meisten sind dies jedoch nicht und sollten sich deshalb darauf konzentrieren, die überschüssigen Barmittel an die Anteilseigner auszuschütten. Der letztendliche Test ist die Bewertung. Wir besitzen Unternehmen, die unserer Meinung nach eine Kapitalvermehrung zum fairen Wert ermöglichen werden. Dabei wird darauf gesetzt, dass die Kapitalvermehrung die Renditen liefert; wenn aber zu viel bezahlt wird, besteht die Gefahr, dass Kapital dauerhaft vernichtet wird.

Diesen Aktienauswahlprozess haben wir seit über einem Vierteljahrhundert unverändert ausgeübt. Sowohl die bisherige Entwicklung als auch die wirtschaftlichen Grundlagen legen nahe, dass die Erträge unserer globalen Portfolios relativ stabil bleiben sollten, auch wenn die Gewinne des allgemeinen Markts unter Druck geraten – ob aufgrund von Inflation, der Reaktion von Regierungen auf die Inflation oder einer geopolitischen Krise.

Der Markt scheint nach wie vor anfällig, insbesondere wenn sich die aktuelle geopolitische Krise noch verschärft. Der MSCI World Index ist mit dem über 17-fachen der voraussichtlichen Gewinne bewertet, ein Kurs-Gewinn-Verhältnis, das zwischen 2003 und 2019 nie erreicht wurde, und dies bei einem Plus von 57 % bei den erwarteten Erträgen seit Juni 2020 und von 23 % über dem Höchstwert vor der Corona-Pandemie. In einer zutiefst unsicheren Welt würden wir argumentieren, dass die Begrenzung der Unsicherheit durch ein Portfolio mit relativ vorhersehbaren Kapitalvermehrern sinnvoll ist – insbesondere wenn diese zu einem geringen freien Cashflow-Aufschlag zum Markt zur Verfügung stehen.

Risikohinweise

Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d. h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Marktwerte können sich aufgrund wirtschaftlicher und anderer Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, Gesundheitskrisen, Terrorismus, Konflikte und soziale Unruhen), die Märkte, Länder, Unternehmen oder Regierungen betreffen, täglich ändern. Der Zeitpunkt, die Dauer und mögliche negative Auswirkungen (z. B. Portfolio-Liquidität) von Ereignissen lassen sich nur schwer vorhersehen. Anleger können deshalb durch die Anlage in dieser Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbraucherpräferenzen, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich auf globale Franchise-Unternehmen negativ auswirken und die Strategie stärker belasten als bei einer Investition der Strategie in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Die Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen an ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien von Small- und Mid-Cap-Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Finanzderivate können Verluste unverhältnismäßig stark steigern und erhebliche Auswirkungen auf die Wertentwicklung haben. Sie unterliegen möglicherweise auch Kontrahenten-, Liquiditäts-, Bewertungs-, Korrelations- und Marktrisiken. Illiquide Wertpapiere sind möglicherweise schwieriger zu verkaufen und zu bewerten als börsengehandelte Wertpapiere (Liquiditätsrisiko). Nicht diversifizierte Portfolios investieren oft in eine kleinere Zahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen. Der Einsatz von ESG-Strategien zur Berücksichtigung von Impact-Investing- und/oder ESG-Faktoren kann dazu führen, dass die relative Anlageperformance von anderen Strategien oder breiten Marktbenchmarks abweicht. Dies hängt davon ab, ob der Markt solche Sektoren oder Anlagen aktuell bevorzugt. Daher ist nicht gewährleistet, dass ESG-Strategien zu einer günstigeren Anlageperformance führen werden.

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