Janus Henderson Investors: China - Stetige Erholung mit Aussicht auf Abschwächung

May Ling Wee vom China-Aktienteam von Janus Henderson
Kommentar

May Ling Wee vom China-Aktienteam von Janus Henderson äußert sich in dieser Fragerunde zu den Einflussfaktoren auf die Erholung Chinas im Nachgang von COVID-19 und die Entwicklung des Aktienmarkts im bisherigen Jahresverlauf.

29.06.2020 | 10:11 Uhr

Zentrale Erkenntnisse:

  • Mit dem Wiederaufflackern von Handels-, Technologie- und nun möglicherweise auch Finanzkriegen haben sich die Beziehungen zwischen China und den USA seit dem Ausbruch von COVID-19 verschlechtert.
  • Das vorgeschlagene Nationale Sicherheitsgesetz in Hongkong könnte eine engere wirtschaftliche Integration zwischen China und Hongkong nach sich ziehen. Die Rolle Hongkongs als Chinas Tor zu ausländischem Kapital dürfte unverändert bleiben, da dies im besten Interesse Chinas ist.
  • Die Erholung Chinas, die sich in den Indikatoren zum verarbeitenden Gewerbe widerspiegelt, scheint stabil zu verlaufen. Der inländische Konsum hinkt jedoch der Erholung im Produktionssektor hinterher, und die Auslandsnachfrage ist schwach, was die Gesamtwirtschaft vor Herausforderungen stellt.
  • Bei verbraucherorientierten chinesischen Unternehmen bestehen nach wie vor Chancen. Die Unternehmen passen sich an und erschließen neue Kanäle und Einnahmequellen, während sie gleichzeitig ihre Kosteneffizienz erhöhen. Infrastrukturunternehmen mit Preismacht stellen einen Bereich relativer Stärke dar, wenn die Binnennachfrage und die Nachfrage aus dem Rest der Welt unsicher bleiben.

Wie ist der aktuelle Stand der Beziehungen zwischen China und den USA?

China war das erste Land, das beim Ausbruch von COVID-19 Ausgangsbeschränkungen verhängte. Dementsprechend war es dann auch das erste Land, das diese Beschränkungen aufhob und wieder Kurs auf eine wirtschaftliche Erholung nahm. Die Beziehungen zwischen China und den USA haben sich seit dem Ausbruch von COVID-19 jedoch verschlechtert, da Handels-, Technologie- und nun möglicherweise auch Finanzkriege mit den USA erneut aufgeflackert sind.

Die Handelsbeziehungen zwischen China und den USA werden weiterhin angespannt bleiben, und es gibt zahlreiche nicht mit dem Handel verbundene Hebel, die die USA möglicherweise in Bewegung setzen könnte. Ein Beispiel hierfür wäre die Durchsetzung weitläufigerer Kontrollen von Technologieexporten, anstatt sich auf bestimmte Unternehmen wie Huawei und andere auf der US-Entity-Liste geführte Firmen zu konzentrieren (von denen angenommen wird, dass sie den nationalen Sicherheits- oder außenpolitischen Interessen der USA zuwider handeln). Unter anderem könnten Beschränkungen für Technologiefirmen, die die chinesische Regierung oder das chinesische Militär beliefern, ausgeweitet werden. Es könnte auch versucht werden, Gesetzeslücken zu schließen, anhand derer US-Firmen, die außerhalb der USA produzieren, bestehende Beschränkungen umgehen können. Auf lange Sicht stärkt dies nur Chinas Entschlossenheit, Unabhängigkeit in seiner Technologie-Lieferkette zu erlangen.

Wie wirken sich neue Vorschriften für die Notierung an US-Börsen auf chinesische Unternehmen aus?


Dass Unternehmen, die sich mehrheitlich in chinesischem Mitbesitz befinden, daran gehindert werden könnten, ihre Aktien an US-Börsen zu notieren, ist ein sehr aktuelles Thema. Erst kürzlich hat der US-Senat ein Gesetz verabschiedet, das von Unternehmen verlangt, sich an US-Aufsichtsprüfungen zu beteiligen. Anderenfalls können sie gezwungen werden, ihre Notierung an US-Börsen zu beenden. Für chinesische Unternehmen, die bereits in den USA börsennotiert sind, ist dies eher ein mittelfristiges als ein unmittelbares Problem, da vor dem Delisting eine Karenzfrist von drei Jahren eingeräumt wird. Zudem ist das Delisting in den USA aus praktischer Sicht ein komplizierter und langwieriger Prozess.

Es ist unklar, ob die chinesischen Aufsichtsbehörden die Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen von Unternehmen auf der Grundlage der „Souveränität“ nicht zulassen. Viele in den USA notierte chinesische Unternehmen sind verbraucherorientierte Firmen ohne staatliche Inhaberschaft oder Beteiligung, und sie werden von China nicht als politisch sensibel eingestuft. Gemäß den chinesischen Vorschriften ist es Unternehmen jedoch nicht erlaubt, ihre Prüfungsunterlagen einer ausländischen Aufsichtsbehörde vorzulegen, da die von ihnen durchgeführten Geschäfte in China stattfinden.

Um sich abzusichern, streben chinesische Unternehmen nun vermehrt eine Doppelnotierung in den USA und in Hongkong an, wie wir es bei Alibaba, NetEase und JD.com erlebt haben. Die Börse von Hongkong bietet chinesischen Unternehmen eine tragfähige Alternative für den Zugang zu globalem Kapital und Anlegern (auch wenn die Handelsvolumina geringer sind als an den US-Börsen). Die Möglichkeit eines Delistings von US-Börsen kann dazu führen, dass Anleger für eine Beteiligung an diesen Aktien höhere Risikoprämien verlangen. Dies schmälert jedoch nicht die grundsätzliche Attraktivität vieler chinesischer Unternehmen mit hohen freien Cashflows, die derzeit in den USA notiert sind.

Den vollständigen Kommentar finden Sie hier im PDF-Format.

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