EdR AM: In Zeiten des Coronavirus bereiten die USA und Großbritannien die größten Sorgen

EdR AM: In Zeiten des Coronavirus bereiten die USA und Großbritannien die größten Sorgen
Kommentar

Die Situation an den internationalen Finanzmärkten ist beispiellos: Noch nie haben sich Investoren in einer solchen Lage graduell abnehmender Liquidität befunden“, erläutert Benjamin Melman, Global CIO bei Edmond de Rothschild Asset Management.

18.03.2020 | 14:40 Uhr

Auch gebe es Unterschiede zur Finanzkrise von 2008. Damals seien die Märkte mit systemischen Risiken (Subprime-Hypotheken, Instabilität der Banken) konfrontiert gewesen. Doch auch heute herrsche starke Unsicherheit, sodass die Aktienmärkte jeden Tag weiter einbrechen. „Damit steht die Weltwirtschaft praktisch auf unbestimmte Zeit still, und die Zahl der Fälle von Coronavirus-Infektionen dürfte in den nächsten zwei Wochen rasch ansteigen“, so Melman weiter. Wenn die aktuellen Spreads für High-Yield-Anleihen fortbestünden, erwarte uns in den kommenden Monaten eine äußerst komplizierte Situation.

All diese Faktoren erforderten eine starke Gegenreaktion der Wirtschafts-, Finanz- und Währungsbehörden. Eine Vielzahl an Ländern habe  bereits ehrgeizige Stimulus-Maßnahmen in Höhe von mehreren Milliarden Euro vorgestellt. Die Europäische Zentralbank geriet in der letzten Woche nach Ankündigung als zu klein empfundener geldpolitischer Maßnahmen in die Kritik. Auch das Vereinigte Königreich kündigte einen einheitlichen wirtschafts- und geldpolitischen Plan an. Im Gegensatz dazu senkte die Fed in einer Blitzaktion den Leitzins, um den Banken die Aufrechterhaltung und sogar die Ausweitung ihrer Kreditpolitik zu ermöglichen.

„Auf gesundheitspolitscher Ebene können wir sehen, dass die Vorkehrungen zur Eindämmung des Virus’ funktionieren, wie China und die italienische Region Lombardei zeigen.“ Dort blieben die Zahl der Neuinfektionen stabil oder gingen sogar langsam zurück. „Daher können wir begründet darauf hoffen, dass Europa dank der strikten Maßnahmen eine Verlangsamung der Epidemie herbeiführen kann und der Höhepunkt der Epidemie Ende März/Anfang April erreicht wird. Die USA und das Vereinigte Königreich haben sich hingegen gegen strikte Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie entschieden, was weiterhin zu einer großen Unsicherheit bei den Investoren führt.“

Zuletzt hätten die Märkte kapituliert, was Teil einer jeden tiefgreifenden Krise sei, so Melman weiter. In den letzten Tagen wurden jedoch einige Schritte unternommen: Wirtschaftliche, fiskalische und monetäre Maßnahmen wurden der Situation angepasst. Jetzt richten die Märkte ihre Aufmerksamkeit auf die USA, was die Ankündigung eines Konjunkturprogramms und offensiverer Gesundheitsmaßnahmen betrifft. Falls Washington und London in der Lage sind, durch Gegenmaßnahmen die Ausbreitung des Virus’ zu stoppen, könnten sich die Märkte beruhigen und sich auf die Frage konzentrieren, wann die Ausbreitung der Epidemie stoppt.

„Vor diesem Hintergrund halten wir an unserer neutralen Gewichtung von Aktien und einer Untergewichtung von Anleihen fest. Erst, wenn die USA und das Vereinigte Königreich zielführende gesundheitliche und wirtschaftspolitische Maßnahmen ergreifen, sind wir bereit, unsere Vermögensallokation zu ändern und die historisch niedrigen Bewertungsniveaus zu nutzen“, so Melman.

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