Schroders: Temperaturanstieg um 4°C trotz steigender CO2-Preise

Klimawandel

Die jüngsten Daten des Schroders-Climate-Progress-Dashboards deuten darauf hin, dass das gegenwärtige Tempo der verfolgten Entwicklungen zu einem langfristigen Temperaturanstieg von rund 4°C führen wird.

19.11.2018 | 09:38 Uhr

Nach den jüngsten Daten des Schroders Climate Progress Dashboards werden die Temperaturen weltweit um 4°C über das vorindustrielle Niveau steigen.

Die Analyse unterstreicht die Warnung des Intergovernmental Panel on Climate Change am 6. Oktober, es seien „schnelle und weitreichende“ Änderungen erforderlich, um die Klimaverpflichtungen der Politik zu erfüllen.

Das Schroders Climate Progress Dashboard – im vergangenen Jahr veröffentlicht und auf englischer Sprache verfügbar – wurde entwickelt, um Anlegern einen Überblick über den Fortschritt in der Politik und der Industrie zu geben, was die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2°C betrifft. Festgelegt wurde dieses Ziel in dem Abkommen von Paris im Jahr 2015.

Das Dashboard wird vierteljährlich aktualisiert und zeigt den langfristigen Temperaturanstieg, für den Indikatoren aus den Bereichen Politik, Unternehmen, Technologie und Energie sprechen. Alle zwölf Indikatoren, die von Schroders als ausschlaggebende Faktoren und Kontrollen des Klimawandels identifiziert wurden, sprechen weiterhin für einen deutlich höheren Temperaturanstieg.

Die Ergebnisse des Dashboards erklärt

Andrew Howard, verantwortlich für Nachhaltigkeits-Research bei Schroders, erläutert, warum die gegenwärtige Entwicklung weiterhin auf einen langfristigen Temperaturanstieg von rund 4°C deutet:

"Wir haben das Climate Progress Dashboard entwickelt, um unseren Analysten, Fondsmanagern und Kunden dabei zu helfen, die Fortschritte beim Klimaschutz zu verfolgen1. Der Klimawandel ist eine unvermeidbare Herausforderung für Anleger: Die Temperaturen werden steigen oder Volkswirtschaften und Sektoren werden sich von Grund auf verändern. Es ist daher wichtig, das Ausmaß und die Geschwindigkeit von Veränderungen zu überwachen, um die mit ihnen einhergehenden Anlagerisiken zu steuern."

"Unsere Analyse spricht für einen langfristigen Temperaturanstieg von rund 4°C. Der scheinbar geringe Unterschied zwischen 2°C und 4°C hat in der Praxis dramatische Auswirkungen. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass ein Anstieg um 4°C unter anderem folgende greifbare Folgen hätte:

  • Die globalen Agrarerträge würden um durchschnittlich 30–40 % gegenüber ihrem jetzigen Niveau sinken.2
  • Bis zu 300 Millionen Menschen wären von Überschwemmungen im Küstenbereich betroffen.3
  • Ein Drittel der Weltbevölkerung wäre von Wasserknappheit betroffen.4
  • In den kommenden 80 Jahren könnten weltweit wirtschaftliche Verluste von 23 Bio. USD entstehen. Dies entspricht dem drei- bis vierfachen Verlust, der 2008 durch die globale Finanzkrise entstand. Doch die Verluste steigen immer weiter.5"

"Selbst diese Schätzungen sind mit Unsicherheit behaftet. Für diese Entwicklung gibt es keinen historischen Präzedenzfall, und niemand weiß genau, wie sich die steigende Konzentration von Treibhausgasen auf die Temperaturen auswirken wird oder welche physischen Schäden entstehen können."

"Wir glauben, dass sich die politischen Entscheidungsträger dieser Gefahr bewusst sind und beim Klimaschutz entschiedener vorgehen werden als bisher. Durch die Wirtschaftlichkeit vieler sauberer Technologien werden diese selbst ohne politische Förderung immer häufiger eingesetzt. Wir glauben (und hoffen), dass in Zukunft weitreichendere Maßnahmen durchgesetzt werden, die zu einer Anpassung der Markterwartungen und einer Einpreisung der Gewinner und Verlierer der Zukunft führen werden."

CO2-Preise – der zündende Funke

Regierungschefs aus der ganzen Welt können ihr Engagement auf der bevorstehenden UN-Klimakonferenz in Katowice (COP 24) im Dezember unter Beweis stellen. Wir halten dramatische Ankündigungen für eher unwahrscheinlich, da die Vorbereitungen begrenzt und verhalten ausfallen – im Gegensatz zu dem Lärm, der Ankündigungen in der Vergangenheit vorausging.6 

Die Märkte haben jedoch vor Kurzem ein stärkeres Signal gesendet. Die einschneidendste Veränderung des Dashboards im vergangenen Quartal ergab sich durch die steigenden Kohlenstoffpreise in Europa und den USA. 

In Europa ist der Preis von Kohlenstoffemissionsrechten seit Mitte des Jahres von 15 Euro je Tonne auf über 20 Euro je Tonne gestiegen. Mitte September erreichten sie ein Niveau von über 25 Euro je Tonne – der höchste Preis seit 2009. Dadurch sank der durch CO2-Preise allein implizierte Temperaturanstieg in den vergangenen drei Monaten von 4,1°C auf 3,4°C. Die blaue Linie zeigt die europäischen Kohlenstoffpreise gegenüber dem US-Äquivalent in Gelb.

europäischen Kohlenstoffpreise gegenüber dem US-Äquivalent

Quelle: Thomson Reuters, RGGI

Der Anstieg – der vor einem Jahr seinen Anfang nahm – ergab sich aus den Änderungen der Europäischen Union an ihrem Emissionshandelssystem (ETS). Diese Änderungen tragen dazu dabei, den Überschuss von Kohlenstoffkrediten abzubauen, wodurch sich der Markt strafft und die Absicht gestützt wird, Effizienzen und Investitionen in saubere Technologien zu fördern. 

Es steht jedoch noch ein langer Weg bevor. Wir gehen davon aus, dass die Preise auf bis zu 100 Euro je Tonne steigen müssten, um die langfristigen Emissionsziele zu erreichen. CO2-Preise sind außerdem nur eine der Stufen auf dem Weg zu einem echten Fortschritt beim Klimaschutz.

Wie immer heißt es: Zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück. Im vergangenen Quartal betonten wir, wie wichtig eine anhaltende Disziplin bei den Investitionsausgaben in der Öl- und Gasbranche ist – auch dies einer unserer Indikatoren. Steigende Preise verführen wachstumsorientierte Produzenten dazu, ihre Geldbörse zu öffnen.

Vierteljährliche Finanzdaten der Branche zeigen das Risiko: Die Investitionsausgaben des Sektors deuten auf ein langfristiges Produktionswachstum, das inzwischen leicht über dem des vergangenen Jahres liegt. Die Disziplin hat nicht kapituliert und die Herausforderungen, die dem Fortschritt gegenüberstehen, sind schwächer als die Unterstützung durch die steigenden CO2-Preise. Die Investitionsdisziplin der Erzeuger fossiler Brennstoffe ist jedoch entscheidend bei der Dekarbonisierung und wird auch in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen.

Insgesamt bewegen sich die Schritte beim Klimaschutz in die richtige Richtung, wenn auch in einem langsameren Tempo als erforderlich.


1 Die Einhaltung der Zwei-Grad-Grenze, der sich Regierungen auf der ganzen Welt verschrieben haben, erfordert Maßnahmen in vielen Bereichen und von vielen Stakeholdern. Das Dashboard zeigt den langfristigen Anstieg der Temperaturen, der aufgrund der Entwicklungen in jedem Bereich zu erwarten wäre, und bietet eine Übersicht über die Fortschritte des Klimaschutzes in den Bereichen, in denen Veränderungen erforderlich sind. Das Dashboard ermöglicht ein genaueres Bild als einzelne Indikatoren. Für weitere Einzelheiten besuchen Sie bitte die englischsprachige Dashboard-Seite unter https://www.schroders.com/en/about-us/corporate-responsibility/sustainability/climate-progress-dashboard/

2 http://dels.nas.edu/resources/static-assets/materials-based-on-reports/booklets/warming_world_final.pdf

3 Stern Review: http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/+/http://www.hm-treasury.gov.uk/sternreview_index.htm 

4 https://www.wri.org/ipcc-infographics

5 https://phys.org/news/2018-08-trillion-lost-temperatures-degrees.html

6 Beispielsweise verwies der fidschianische Premierminister und COP 23-Präsident vor Kurzem auf die mangelhafte Vorbereitung der Unterzeichnerstaaten.

Das Climate Change Dashboard finden Sie hier. Bitte beachten Sie, dass die verlinkte Seite in englischer Sprache verfasst wurde.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 12.11.18 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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