Warum trotz außenpolitischer Krisen, einem starken Dollar und Schulden von Seiten der EZB, Gold widererstarken wird

Ein Vorteil von Gold ist, dass es beständig ist
Interview

Erfahren Sie im Interview mit Martin Siegel (Stabilitas) wie sich Edelmetalle in der aktuellen Inflations- und Zinslage der EZB und FED verhalten und welche Entwicklungen 2023 im Edelmetallbereich auch für ihn überraschend kamen.

15.03.2023 | 14:32 Uhr

Wie bewerten Sie die momentane Zins- und Inflationspolitik der EZB? Welche Auswirkungen hat dies auf den Wert von Edelmetallen?

Derzeit ist die Zinspolitik der EZB restriktiv und viele Experten gehen davon aus, dass die Anleger bei steigenden Zinsen mehr Anleihen kaufen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Bei steigenden Zinsen fallen die Anleihekurse und Anleger, die weiter fallende Kurse erwarten, verkaufen ihre Anleihen. Der einzige große Käufer der Anleihen ist derzeit die EZB selbst, die so die Schulden der Staatshaushalte finanziert und den Euro zusammenhält.

In diesem Szenario kaufen die Anleger derzeit Aktien und lassen Immobilien und Edelmetalle links liegen. Da Aktien in einem Umfeld steigender Zinsen und einer Rezession auch nicht ganz unproblematische Investments sind, könnten sie jederzeit von Edelmetallen abgelöst werden, die jede Krise überstehen.

Ein Vorteil von Gold ist, dass es beständig ist. Würde es zu einer Währungskrise kommen, könnte man auf Gold ausweichen, denn Gold gibt es vor-, während-, und nach einer Krise.

Wie sollen Edelmetall-Investoren mit dem momentanen Zinszyklus der FED und dem starken Dollar umgehen? Welchen Rat können Sie verunsicherten Anlegern mitgeben?

Die Zinspolitik der FED ist etwas restriktiver als die der EZB, weil die FED momentan keine Staatsanleihen kauft. Deswegen ist der Dollar vorübergehend etwas freundlicher. Man sieht aber über die vergangenen Jahre, dass sich der Dollar längerfristig nicht besser als der Euro entwickelt hat. Langfristig ist die Politik beider Zentralbanken in Richtung Inflation gegangen. Ich glaube auch, dass die Stärke des Dollars gewisse Grenzen hat, weil in Amerika wahnsinnige Haushaltsdefizite finanziert werden müssen, die größer sind als die gesamten Schulden

der europäischen Länder. Es wird oft übersehen, dass die USA mit 30.000-Milliarden Dollar verschuldet ist. Bei einem Zinsanstieg von 1% müssen 300 Milliarden mehr Zinsen gezahlt werden. Die FED wird in Zukunft gezwungen sein, diese Verschuldung über neu gedrucktes Geld zu finanzieren. Auch die Haushalte sind extrem im Minus, sodass ich glaube, dass es nur vorübergehend einen starken Dollar geben kann, solange die Politik der FED restriktiver ist als die der EZB. Andererseits muss die EZB mit ständig neu gedrucktem Geld die Haushalte der Südländer finanzieren, um den Euro vor dem Kollaps zu bewahren. Somit ist es ein Abwertungswettlauf der beiden Währungsräume und das ist langfristig positiv für Gold, denn liquide Geldpolitik bedeutet eine Flucht in Sachwerte. Das heißt, Sachwerte wie Immobilien, Aktien und Gold werden langfristig gesucht.

In China wurde die Null-Covid Politik gelockert. Wie bewerten Sie diese Entwicklung allgemein, als auch für den Edelmetallsektor?

Dies wird auf jeden Fall einen positiven Einfluss auf den Goldmarkt haben. Denn zum einen konnten die Chinesen viel weniger Schmuck kaufen, da die Geschäfte geschlossen waren. Wenn die Menschen wieder arbeiten können und die Wirtschaft und der Konsum und andere Bereiche ins Laufen kommen, wird das Wirtschaftswachstum stimuliert und der normale Wirtschaftskreislauf kommt in Schwung. Die Chinesen sind sehr goldliebend und suchen ihre Sicherheit auch in Gold. Mit über 1 Milliarde Einwohner wird die steigende Goldnachfrage auch für eine Unterstützung des Goldpreises sorgen.

Wie fällt ihr bisheriges Fazit für Edelmetalle für dieses Quartal aus? Was war für Sie die bisher größte Überraschung am Markt?

Grundsätzlich glaube ich, dass Gold besser hätte abschneiden könnte. Es gibt praktisch keine Zinsen und Anleihen sind bei fallenden Kursen keine Alternative. Immobilien sind bei steigenden Zinsen auch keine einfache Anlage. Aktien sind während einer verunsicherten Wirtschaft ein schwierigeres Thema und in diesem Umfeld hätte der Goldpreis steigen können. Was mich noch mehr überrascht hat ist die Schwäche von Platin. Zwar hat sich Platin hat sich zum Jahresbeginn gut erholt, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt zurückgefallen. Dies zeigt, dass es keine Lieferschwierigkeiten aus Russland gibt. Der sinkende Preis hat mich insofern noch mehr überrascht, da China die Null-Covid Politik gelöst hat und die Industrienachfrage nach Gütern weltweit steigt, bspw. nach Autos. Platin wird auch für die Wasserstoffwirtschaft benötigt, die überall weiter vorangetrieben wird. Deswegen glaube ich, dass der Platinpreis wie auch Gold und Silber deutlich höher notieren könnten.

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