Interview

ME Fonds: Dr. Markus Elsässer - Finance to the top - Wie geht das?

Kaum geboren, wollen wir auch schon ganz groß sein. Kindheitsträume von späteren Berufen begehren nach Größe. Auch Reibung am Realismus schulischer Ausbildungen oder an einem harten Marktgeschehen können dem Traum vom Weg nach "ganz oben" zunächst kaum etwas anhaben.

09.06.2022 | 09:56 Uhr

Aber ganz oben sein zu wollen verlangt nach ungeahnten Energien, Durchhaltevermögen, Selbstvertrauen und vor allem Mut. Denn dieser Weg zwingt dazu, das Normale zu verlassen, neue, unsichere Pfade zu beschreiten. Menschen, die es geschafft haben, nach ganz oben zu kommen, im Leben, werden bewundert. Nicht nur, wenn sie dort angekommen sind, vielmehr, wenn sie sich dort auch halten. Denn der Zustand „On The Top“ ist keineswegs unantastbar. Ganz schnell geht es oft auch wieder bergab. Um sich oben zu halten, bedarf es umsichtiger Strategien, Absicherungen und kreativen Tatendrangs. „Der Preis der Größe heißt Verantwortung“, sagte einst Winston Churchill. Größe hat demnach durchaus etwas mit dem daraus folgenden verantwortungsbewussten und ehrlichen Umgang mit anderen Menschen zu tun. Denn kein Mensch ist nur für sich alleine groß. Um ganz oben zu sein bedarf es anerkennender Gegenüber. Und nur, wer über soziale Kompetenz verfügt und andere ebenso in ihren Möglichkeiten unterstützt, wie sich selbst, wird selbst auf tragbare Anerkennung stoßen. Elementarer Schlüssel hierbei ist Dankbarkeit. Es lohnt sich, Wegbereitern und Publikum zu danken, Freude zu teilen. Und Offenheit. Nur auf seinen Standpunkten zu verharren verhindert Entwicklung. Aber was sind nun die Grundlagen für jeglichen Fortschritt und die Kraft, ganz nach oben zu kommen und von dort nicht tief zu fallen? Kann das jeder schaffen? Woher weiß man überhaupt, wo das persönliche "Oben" ist und ob man für den Weg "To The Top" generell geeignet ist? Darüber sprechen wir heute mit einem Spezialisten: Dr. Markus Elsässer. Er ist Value Investor, Bestseller- Autor und auf Youtube mit zahlreichen Beiträgen unter "Markus Elässer" zu finden. Seine wertvollen Tipps und Analysen will man sich sicher nicht entgehen lassen!

Dieser Artikel ist ursprünglich im Lifestyle-Magazin The HARBOR erschienen.

Lieber Herr Elsässer – Wir sind sicher, Sie haben wie immer super Tipps zu diesem Thema! Was also verstehen Sie unter "To The Top"?

Über das Thema "To The Top" freue ich mich ganz besonders! Sicher meinen viele Leser, dass dieses Thema nur besonders talentierte und bereits erfolgsversprechende Menschen betrifft und sich selbst weniger. So wird bei diesem Thema eher gedacht, dass damit gemeint ist: „Wie werde ich Vorstandsvorsitzender, wie komme ich zu einem besonders großen Vermögen, wie kann ich es schaffen, zu den sogenannten "Oberen Zehntausend" zu gehören?“ Das sehe ich aber, wenn ich mich mit dem Thema "To The Top" befasse, ganz anders. Ich verstehe das in einem viel weiteren Sinn und glaube, dass dieses Thema viel, viel wichtiger ist, als manche denken. Denn aus meiner Sicht gilt "To The Top" für jeden von uns, wirklich jeden. Ganz egal wo er geboren ist, egal wie alt er ist und ganz egal welche Vorraussetzungen er mitbringt, wenn er in den Beruf geht. Ich verstehe unter "To The Top" dass jeder, wirklich jeder, unbedingt seine Bestimmung finden muss, dass jeder herausfinden muss: „Was ist eigentlich mein Top?“ Ich bin davon überzeugt dass jeder ein Recht darauf hat, seinen Weg zu finden und daher gilt für mich „To The Top“ als ein Motto, das man sich allzeit immer wieder merken muss, denn die Aufgabe im Leben heißt immer – natürlich unverkrampft – meine individuelle Bestimmung, mein Oben zu finden. Einfach ausgedrückt, kommen wir mit diesem Motto ja schon zur Welt. Schon ab der Geburt heißt es "To The Top". Für mich ist dies immer schon mein Lebensmotto gewesen, meine Bestimmung zu finden. Es lohnt sich, darüber einmal nachzudenken, denn es wird ja oft nicht so gesehen. Denn nicht "On The Top" sein heißt nicht nur, dass man daneben liegt, sondern man hat auch weniger Bewegungsfreiheit und Unabhängigkeit. Und letzten Endes hat man im Laufe des Lebens dieses innere blöde Gefühl: „Ich hätte an sich mehr daraus machen können“. Die Frage ist nur, wann kommt dieses Gefühl oder diese Erkenntnis? Manche verdrängen es, werden dadurch krank, unglücklich oder depressiv. Niemand anderes kann einem hier Antworten geben, außer man selbst. Das man den Zugang nicht findet, kommt aber nur durch die Angst, Dinge zu durchdenken und danach zu handeln. Deshalb sind diese Ausgabe und dieser Artikel so wichtig, denn so viele Menschen bleiben schlichtweg Manövriermasse. Wenn Krieg oder Kommunismus herrschen, werden sie manövriert, wenn alles prima läuft, wie bei dem Wirtschaftswunder unter Adenauer, werden sie mit hochgespült, halten sich da aber nicht.

Wir befassen uns heute konkret mit diesem Thema denn es geht ja immer darum, dass wir pragmatisch mit den Erkenntnissen etwas anfangen können und nicht in der Theorie stecken bleiben! Genau und deshalb ist das A und O: Man muss das Ziel, das man anstrebt, erst einmal mit viel Mühe und Zeitaufwand herausfinden: Was ist mein Top, was ist mein Ziel?Da versagen leider schon so viele Menschen, da sie in den Tag hinein leben und sich dann wundern, dass sie nie am Gipfel ankommen. Viele empfinden sich auch als Opfer oder Versager weil sie nicht angekommen sind oder es in ihrem Sinne nicht nach oben schaffen. Die Definition meines eigenen Zieles ist die Ausgangsbasis. Jetzt kommt der eigentliche Geheimtipp, warum es auch so wenige Menschen schaffen, denn: Ziele formulieren schaffen zwar einige, aber sie schaffen es nicht bis zum Ziel. Der Grund hierfür ist, dass, wenn ich mein Motto ernst nehme, zwingend daraus folgt, dass ich mir genau überlegen muss, welche Schritte nötig sind, um zu diesem Ziel zu gelangen und nichts anderes. Wer also nicht konkret und zielgerichtet seinen Weg plant, der wird es auch nicht schaffen, sondern liefert sich de facto dem Schicksal, dem Zeitgeist oder Regierungsmaßnahmen aus. Das ist sehr sträflich und kann gut aber auch schlecht ausgehen, je nachdem wann und wo man lebt. Bespiel: Jemand ist selbständig und arbeitet als Inhaber oder Geschäftsführer, hat hin und wieder ein neues Produkt oder eine Innovation, er arbeitet so ganz erfolgreich vor sich hin. Dieser ist nicht auf dem Weg zum Top. Denn entscheidend ist ja, welches Ziel habe ich? Es ist ein großer Unterschied wenn mein Ziel dynastisch ist, wenn ich für die nächste Generation ein möglichst wertvolles Unternehmen schaffen will. Dann bedeutet das, dass ich bewusst am Anfang auf sehr viele Erträge verzichten muss, um möglichst viel in die Substanz zu stecken, dass ich keinen Gewinn herausnehme, enorm thesauriere und vor allem langfristige Maßnahmen ergreife. Wenn ich trotz vieler Arbeitsstunden und gutem Produkt über längere Zeit keine Gewinne erziele und kein Vermögen erwirtschaften kann, dann gibt es nur eine Lösung: Schluss mit dem Rühren in der Suppe! Freitagabend hinsetzen und bis Sonntagabend muss die Lösung da sein. Indem man nicht nur umdenkt, sondern überhaupt einmal denkt. Die Leute denken das Thema nicht konsequent Schritt für Schritt durch. Jeder hat einen eigenen Zuschnitt, jeder hat ja „sein“ Ziel und zieht daraus seine Motivation. Insofern sind nur realistische Ziele machbar aber diese sind dann wirklich auch alle erreichbar! Entscheidend ist hier die Zeitkomponente. Manch einer definiert ein Ziel, ändert gewisse Vorgehensweisen und hat dies in einem Jahr erreicht, ein anderer benötigt 15 Jahre für das gesteckte Ziel. Es ist natürlich viel leichter zu sagen, die Umstände sind schwer, die Kunden haben kein Budget, die Kosten sind zu hoch und so weiter. Die Deutschen möchten das nicht gerne hören, denn es führt ihnen den Spiegel vor, dass sie letzten Endes viel mehr die Verfügungsgewalt über ihr Leben haben, als sie zugeben wollen. Es ist etwas anderes, wenn sich jemand nach einer erfolgreichen Angestellten-Karriere selbständig macht und er sich einen eigenen Job kreiert. Er hat ein gutes Auskommen aber wenn er eines Tages aufhört, ist diese Selbständigkeit beendet. Es ist nicht duplizierbar. Das ist dann eben ein anderes Ziel. Als drittes Beispiel eines Selbständigen ist es auch ein ganz anderes Thema, wenn ein junger Unternehmer sagt, mit siebzig Jahren möchte ich meine Firma für 50 Millionen verkaufen. Man muss so ein Ziel auch konkret beziffern. Man muss sagen, ich will in 8, 10 oder 20 Jahren so und so viel für meine Firma bekommen. Es ist völlig realistisch und alles erreichbar, denn es bedeutet nur, dass ich die Firma bereits in Hinblick auf die zukünftigen Käufer aufbauen muss und nicht einfach wie es mir am liebsten ist. Also Führungspositionen nicht mit Familienmitgliedern besetzen, kein Kuddelmuddel und kein Verzetteln. Großkonzerne sind vor allem am Marktanteil interessiert, der Profit oder das Vertriebssystem ist oft weniger wichtig, denn der Konzern hat selbst ganz andere Vetriebswege.

Wie ist es nun bei Angestellten, haben die ebensolche Chancen ?

Bei Angestellten, die "To The Top" wollen, ist es dasselbe. Beispiel: Jemand ist Hörgeräte-Akkustiker. Wenn sein Ziel ist, in seiner Heimatregion eines Tages ein eigenes Geschäft zu haben, dann sollte er nicht durch die Welt ziehen, sondern schauen, wo in der Region ein Nachfolger fehlt. Er sollte da Angestellter werden, auch für weniger Gehalt, um das Geschäft kennenzulernen, um, wenn alles klappt, dieses auch später zu übernehmen. Wenn sein Ziel nun wäre, als Hörgeräte-Akkustiker lieber in den Vertrieb zu gehen, dann muss er sich erkundigen, welche die expansivste Filialkette ist, die vielleicht noch nicht ganz Deutschland besetzt hat und sich dort bewerben, um dann die Chance zu haben, Vertriebsleiter zu werden. Wenn der Hörgeräte-Akkustiker aber das Ziel hat, Europa-Chef zu werden, dann muss er wohl zusätzlich ein MBA Programm absolvieren und sich Sprachkenntnisse zulegen, denn sonst wird das nicht realistisch, und sich dann im Headquarter eines solchen Konzernes bewerben. Auch wenn ihm der Job anfänglich nicht so schmeckt, muss er dort die entscheidenden Leute kennenlernen, die ihn dabei unterstützen, später zum Europa-Chef zu werden.

Das sind kleine Beispiele warum eben die meisten Menschen nicht „To The Top“ kommen, weil sie ihre Ziele nicht klar formulieren und entscheidend auch, dann eben nicht konsequent genug die Schritte machen, um an das Ziel zu gelangen. Wie schaffe ich es, oben zu bleiben, "To Stay On The Top"? Das ist häufig der noch schwierigere Punkt: Wie bleibe ich oben? Hier ist das eigentliche Geheimnis: Es nützt nichts, oben zu sein, wenn man nicht glücklich dabei ist. Die wirklichen Top-Leute, die uns ja oft magisch anziehen, sind Menschen, die mit ihrem Leben zufrieden sind, aber im materiellen Erfolg immer ehrgeizig bleiben. Die Kunst ist also, privat mit seinem Leben zufrieden zu sein, aber zeitgleich immer den Antrieb zu haben, das Vermögen zu bewahren, zu schützen und weiter zu kommen. Das sind die, die oben bleiben. Das erfordert eine grundsätzliche Einstellung zum Leben mit Umsicht, Urteilsfähigkeit und positivem Ehrgeiz. Ganz entscheidend: Ungeheuer auf das Geld aufpassen! Ich kenne viele Menschen die sagen: „Ach wissen Sie, ich kann mein Geld ja gar nicht aufessen.“ Trotzdem ist es wichtig, die Gefahren und Rückschläge im Blick zu haben. Wenn man zum Beispiel zu einseitig aufgestellt ist, das gesamte Vermögen an der Karriere von nur einer Person hängt, wenn man kein richtig gutes Netzwerk hat, wenn man das Vermögen nur in einem Land hat oder nur in einer Währung. Auch diejenigen, die quasi nur erben und nicht so talentiert sind, können auch "Stay On The Top" erreichen. Für alle gilt vor allem auch Folgendes: Keine Schulden! Ohne Schulden wird man zwar auch Rückschläge erleiden, daran aber nicht pleitegehen. Erfolgreiche Menschen haben ab einem gewissen Punkt einfach keine Schulden mehr. Oben zu bleiben hängt auch sehr stark damit zusammen Rückschläge nicht persönlich zu nehmen, sondern sich die Charaktereigenschaft anzutrainieren, weiter im Rennen zu bleiben und neue Wege zum Erfolg zu finden. Nehmen Sie Guy de Rothschild, der mit über siebzig Jahren von Francois Mitterand mit seinem französischen Zweig der Rothschild Bank enteignet wurde. Er ist dann nach USA ausgewandert und hat dort nach vier Jahren eine neue Niederlassung der Rothschild Bank gegründet, die bis heute erfolgreich in USA arbeitet.

Welche weitere Eigenschaft ist notwendig um oben zu bleiben?

Eine weitere Eigenschaft gehört meiner Meinung nach auch zwingend dazu, nämlich, dass man sich eine gewisse Härte antrainieren muss. Nicht gegenüber den Mitmenschen, sondern gegenüber sich selbst. Daran mangelt es sehr in der heutigen Kultur, verglichen zu der Kultur der Oberschicht zum Beispiel im 18./ 19. Jahrhundert. Diese war nicht so empfindsam, sondern hatte eine „dicke Haut“. Ein Beispiel hierzu: Es gab einen großen wunderschönen Landsitz in zweiter Generation in Frankreich, der für Ferienaufenthalte von der Familie genutzt wurde. Es waren natürlich schon immer viele Reparaturen und Instandhaltungen notwendig und dem Familienoberhaupt wurde das zu viel. Er verkaufte diesen Besitz in zweiter Generation und so bleibt man eben nicht on the Top. Er hätte das aussitzen müssen und für die dritte Generation bewahren. "Stay On The Top" bedeutet eben nicht, ich komme zuerst, sondern ich verteidige und bewahre den Besitz. „Real Estate is not for Sale“ sagte schon Jacob Astor, der größte Landbesitzer in Manhattan. Das macht natürlich Arbeit und wenn man dynastisch an die nächste Generation denkt, muss diese eben frühzeitig auf die Begleiterscheinungen hinerzogen werden, damit diese Haltung in Fleisch und Blut übergeht. Das ist der Unterschied zu Menschen, die ihr Leben lang von der Hand in den Mund leben, weil sie neben ihrem Job keine Verantwortung für den Erwerb und Erhalt von Vermögen übernehmen.

Was ist die wichtigste Komponente zu "On The Top"?

Ich glaube, die wichtigste Komponente zu „On The Top“ ist: Ich muss immer genügend Cash haben! Die meisten Menschen, die vom Top gefallen sind, haben ein tolles Produkt gehabt und auch gute Umsätze, aber plötzlich keine Liquidität mehr. Man hatte zu viele Verpflichtungen an der Backe, die Zahlungen müssen bedient werden, die Verbindung zum Banker ist nicht vorhanden, und plötzlich ist das Geld zur Zahlung der Rechnungen nicht mehr da. Das ist der Anfang vom Ende und muss unbedingt vermieden werden. So ist der große Unternehmer Borgward zu Fall gekommen. Heute wäre die Automarke Borgward größer als BMW, allerdings hat er nicht auf seinen Cash Flow geachtet und nicht auf die richtigen Bankverbindungen, die ihm später in den Rücken gefallen sind.

Wie muss ich mein Cash vorhalten, vor allem für Notfälle?

Notfälle heißt, dass das digitale Zahlungssystem der Banken, einschließlich der Bankautomaten, plötzlich nicht funktioniert, das kann sehr schnell passieren. Deshalb würde ich immer Cash (in kleinen Scheinen) für mindestens drei Monate der Lebenshaltungskosten zuhause oder an einem sicheren Ort vorhalten. Nicht in einem Bank-Safe, denn der wäre ja dann auch nicht erreichbar. Auch denken Sie bitte daran, die Scheine regelmäßig zu erneuern, manche Banknoten werden immer wieder einmal eingezogen oder ungültig.

Herr Dr. Elsässer, herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview !

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