Besonders junge Menschen fragen sich: „Was nützt mir später diese Schulausbildung, diese Lehre, dieses Studium? Benötige ich diese oder andere Praktika? Welche Ausbildung bringt mich zu meinem Traumjob? Wieso muss ich mich in Finanzdingen auskennen?“
05.04.2022 | 07:20 Uhr
Am Anfang einer schulischen und beruflichen Ausbildung weiß man oft nicht, ob es der richtige Weg ist, den man einschlagen möchte, aber an einem bestimmten Punkt in der Karriere merkt man dann, dass all diese Vorarbeit, angeeignetes Wissen und Fähigkeiten nötig waren, um den besonderen Job zu bekommen, den man wirklich haben will, um genau die Karriere zu machen, die man sich wünscht. Aber Menschen erkennen oft diese ultimative Chance nicht oder nehmen sie nicht wahr. Darüber sprechen wir heute mit einem Spezialisten: Dr. Markus Elsässer.
Dieser Artikel ist ursprünglich im Lifestyle-Magazin The HARBOR erschienen.
Nicola Doll: Heute geht
es um ein spannendes Thema: Die ultimative Chance im Leben erkennen. Wie
erkennt man eine ultimative Chance, wenn sie sich in Reichweite
befindet? Wie kann man sie maximal nutzen? Herr Dr. Elsässer, haben Sie
selbst schon eine solche ultimative Chance erlebt? Was ist Ihre Meinung
hierzu ?
ME: Ja, das ist ein tolles Thema! Ich hatte das in
meinem Leben sogar mehrmals und ich glaube auch, dass es für jeden
Menschen vorgesehen ist, eine oder mehrere Chancen und auch ultimative
Chancen im Leben zu bekommen. Warren Buffett ist hier ein
Super-Optimist, er spricht davon, dass jeder Mensch mit einem
"Zwölfer-Ticket" zur Welt kommt, also mit zwölf tollen Chancen im Leben.
Ich bin zwar auch optimistisch aber nicht so optimistisch. Ich
vergleiche das immer mit diesem Bild: wenn man am Strand liegt, mit
einem Drink in der Hand, kommt irgendwann mal ein großer Tanker am
Horizont vorbei. Die Kunst ist es, diesen Tanker zu sehen und zu
verstehen, dass das nunmal jetzt eine große Chance ist, für das
jeweilige Leben. Das gelingt eben nicht jedem.
Elke Bauer: Ja, oft ist es schwer, Chancen zu erkennen,
weil solche besonderen Gelegenheiten fast immer mit Veränderung
einhergehen. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, macht er oft
einfach so weiter wie bisher, ohne über die langfristigen Möglichkeiten
dieser Chance nachzudenken. Wieso ist das so?
ME: Ja, das ist völlig richtig, was Sie sagen, denn das
Allerschlimmste im Leben ist immer der Status Quo. Die Menschen haben
in der Regel Blei an den Füßen, manchmal alleine durch das Umfeld oder
durch liebe Freunde bedingt, die es gut mit einem meinen und dann sagen:
„Das kannst Du nicht, das ist zu groß für Dich, das ist zu schwer für
Dich“, und so weiter. Das ist der Grund, warum viele Leute dann auch
schlecht schlafen oder unglücklich sind. Denn auch wenn es jetzt
eigenartig klingt: wir kommen alle mit einer Seele zur Welt und diese
schöpferische Seele tragen wir immer in uns. Im Laufe unserer Erziehung
und unseres Heranwachsens wird da viel verschüttet, aber der Mensch ist,
im Gegensatz vielleicht zu Tieren, eben doch ein schöpferisches Wesen
und wenn diese schöpferische Komponente nicht berührt wird, dann ist das
im Leben Murks. Das gilt für das private sowie für das berufliche
Fortkommen. Das ist in meinen Augen ein großes Gesamtpaket. Häufig ist
es eben so, dass alleine das Wahrnehmen, das richtige Hinhören, das
richtige Hinsehen und dann aber auch den Verstand einsetzen, schon sehr
hilfreich ist. Wenn man selbst nicht die Kraft hat, eine mögliche Chance
alleine zu beurteilen, fragt man einen vertrauenswürdigen Menschen um
Rat, ob man dieser oder jener Sache nachgehen sollte. Alleine dieser
Schritt ist Gold wert. Ein Beispiel einer ultimativen Chance für mich
spielte sich Ende der neunziger Jahre ab. Damals hatte ich ein
Aktien-Investment
in einer kleinen Explorationsgesellschaft für "Rare Earths" – seltene
Erden, in Australien‘s Outback. Da ich aber selbst nicht mehr in
Australien sondern in Europa lebte, habe ich mich nicht intensiv um
dieses Depot kümmern können. Eines Tages kam die Nachricht, dass jetzt
ein größerer Privat-Aktionär eingestiegen wäre, der eine Kapitalerhöhung
plane. Normalerweise würde man dann sagen: „Nun, da schaue ich einmal,
was jetzt passiert und beobachte das.“ Ich habe aber wissen wollen, wer
das ist und was er vorhat. Es stellte sich heraus, dass es der Sohn des
siebtreichsten Australiers war und es sehr ungewöhnlich für diese
Familie war, in diese damals noch junge Branche einzusteigen. Mit
Telefax und teuren Telefongebühren schaffte ich es, mit diesem Herrn ein
ausführliches Telefonat zu führen, indem er mir seine, mit der
Kapitalerhöhung verbundenen Ideen, darstellte. Nach einer Nacht darüber
schlafen und der Alternative, entweder das Investment abzuschreiben oder
weiteres Kapital zuzuschiessen, entschied ich mich, für einen Tag nach
Melbourne zu fliegen, um diesen Mann persönlich kennenzulernen. Das war
damals tatsächlich am anderen Ende der Welt und ein unglaublicher
Aufwand. Eine echte Weltreise. Aber am Ende dieses Tages in Melbourne
wusste ich genau, wie dieser Mann denkt, wie er über seine Familie
spricht, welche Vision er hat, welche Vorstellung er von der Entwicklung
des mich betreffenden Unternehmens hat, wie er isst, was er trinkt, wie
er Auto fährt. Ich hatte die für mich notwendigen persönlichen
Informationen sammeln können, um ihm zu vertrauen und die
Kapitalerhöhung mitzumachen. Ich habe später auch weiter in diese Aktien
investiert und bin darüber – es war damals ungefähr ein Investment von
circa 300-400.000 Euro – vielfacher Millionär geworden. Mein
Unternehmensanteil waren an der Börse gehandelte Aktien und ich habe, um
nicht den Fehler zu machen zu gierig zu sein, zu einer angemessenen
Zeit mit einem sehr hohen Gewinn verkauft. Im Rückblick war das eine
ultimative Chance in meinem Leben, denn ich hätte sonst diesen Menschen
nie kennengelernt und hätte nicht die Chance gehabt, mein Vermögen zu
vervielfachen. Der Investor selbst fand es natürlich auch super, dass
jemand Interesse an ihm und seinem Geschäftsmodell hatte, dafür von
"Overseas" angereist kommt und ihn in seiner Anfangszeit unterstützt. Es
hat sich daraus eine langfristige, verbindliche Beziehung entwickelt,
die mir einen ganz neuen Kreis an Geschäftskontakten erschlossen hat,
mal ganz abgesehen von diesem Investment. Ich glaube einfach, wann immer
man nach einer ausführlichen Recherche und vor allem mit guter
Überlegung seinem Instinkt folgt, mag vielleicht nicht gleich der Erfolg
kommen, mit dem man rechnet, aber es kommt immer etwas Gutes dabei
heraus. Das ist meine feste Überzeugung.
Elke Bauer: Lassen Sie
uns über Ihren 2020 gestarteten YouTube-Kanal sprechen, da haben Sie
doch auch eine einmalige, Pandemie-bedingte Chance ergriffen, die mit
über 34.000 Abonnenten sehr erfolgreich wurde. Wie kam das?
ME: Ich glaube, das ist gar keine so große
Besonderheit, was ich da getan habe. Das ist eine Gelegenheit für
Tausende von Menschen gewesen. Im März 2020 fielen die Börsen auf einen
Tiefpunkt und die erste Corona Welle erschütterte die Welt. Ich hatte ja
schon 2016 mein erstes Buch veröffentlicht, das viele Tausend Leser
interessierte und viele Menschen in meinem Umfeld waren verunsichert und
wollten von mir wissen, was die Situation nun bedeuten würde. Meine
Familie sagte mir daraufhin, ich müsse doch etwas unternehmen und den
Menschen mitteilen, wie der Stand ist und mit meinem Fachwissen dazu
Stellung nehmen. An diesem Donnerstagabend hatte ich nun wenig Lust
mehrere tausend Emails zu verschicken und so bot mein Sohn an, am
nächsten Morgen in seinem Büro ein erstes YouTube-Video aufzunehmen und
es zu veröffentlichen. Ich habe eine halbe Stunde drauflosgeredet und
versucht, den Menschen die Angst zu nehmen und sie zum Durchhalten zu
ermutigen. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich ungefähr 400 Follower oder
Abonnenten, da ich auch schon vorher immer mal wieder so einige Minuten
"Weisheiten" ins Internet gestellt hatte. Seit diesem März 2020
veröffentliche ich nun jeden Freitagmorgen – bis zum heutigen Tage –
jeweils ein Freitags-Video, dazu noch einige andere Videos
zwischendurch, zu aktuellen Themen oder zu Buchvorschlägen. Mittlerweile
sind es über 100 Videos mit einem stetigen Zuwachs von 100 bis 300
Zuhörern und Abonnenten pro Woche, gesamt sind es nun über 34.000. Es
geht mir aber nicht um die Abonnentenanzahl. Ich bin zufrieden, wenn ich
nur einen weiteren Menschen gewinnen kann, der vielleicht aus einem
Halbsatz von mir irgendeinen neuen Gedanken aufgreift, der für sein
Leben hilfreich ist.
Nicola Doll: Das ist doch ein riesiger Vorteil des digitalen Zeitalters !
ME: Genau! Ein Beispiel: kürzlich hat mir ein Zuhörer
eine sehr nette E-Mail geschickt die gut beschreibt, warum ich die
moderne Zeit – neben meiner Liebe zur Natur – so gut finde. Diese Email
kam von einem jungen Mann, der schrieb: „Ich bin ein tätowierter
Krankenpfleger aus Österreich und noch vor 10 Jahren hätte ich niemals
eine Chance gehabt, mit Ihnen direkt zu kommunizieren, Ihre Tipps zu
erfahren, jeden Freitag etwas aus Ihren Videos zu lernen und in meinem
Leben anzuwenden.“ Die heutige Zeit bietet uns einzelnen Menschen, die
selbst am Steuerrad des Lebens stehen die Möglichkeit, mit Menschen in
Kontakt zu kommen, mit denen dies vorher niemals möglich gewesen wäre.
Nicola Doll: Sollten viel mehr Menschen ihr profundes Wissen auf zum Beispiel YouTube kommunizieren?
ME: Absolut! Vielleicht liegt es ja nicht jedem, in der
Welt herumzufliegen, um Investitionen anzuschauen oder Menschen zu
treffen. Ich glaube aber, dass jeder Mensch eine Stärke oder ein tolles
Hobby oder eine große Passion für etwas hat. Gerade in der jetzigen
Zeit, in der viele Menschen vereinsamen und es wenig Kontakte gibt,
aufgrund von Home Office, in der Leute zuhause rumsitzen, ist es eine
tolle Möglichkeit, um mit der gesamten Welt in Kontakt zu treten. Wenn
jemand ein absoluter Kenner von Historien-Romanen oder eines bestimmten
Schriftstellers oder ein Spezialist von antiken Münzen ist, kann er im
Handumdrehen einen eigenen Kreis aufbauen und sich und seine Expertise
kostenlos in der digitalen Welt positionieren, denn die anderen werden
sehr schnell feststellen, ob er Unfug verzapft oder Ahnung hat. Selbst
wenn er in Oberammergau sitzt, kann er Zustimmung von Leuten aus
Chicago, Sydney oder irgendeinem anderen Ort der Welt finden. Es liegt
an einem selbst, ob man das macht, um anderen zu helfen, oder natürlich
auch mit der Absicht, ein Business aufzubauen. Es gibt viele Menschen,
die ein Vakuum im Leben haben, viele Früh-Pensionäre, die keine
Tätigkeit mehr ausüben können. Da tun sich so ungeheure Felder auf und
das Ganze ohne Kapitaleinsatz! Das ist ja das Entscheidende. Ich finde
es sehr schade, dass die Menschen sich dessen teilweise gar nicht so
bewusst sind.
Nicola Doll: Herr Dr. Elsässer, als Sie die erste
YouTube-Sendung produzierten war Ihnen vielleicht noch nicht ganz klar,
ob das für Sie eine interessante Gelegenheit und Chance sein würde, den
Menschen Ihr Wissen zu vermitteln. Der durchschlagende Erfolg und das
enorme Feedback kamen ja erst später. Sie haben die Chance dennoch
ergriffen.
ME: Es ist gut, dass Sie das sagen, Frau Doll, denn es
ist wichtig, dass ich zuerst in mich hineinhorche und frage: „Habe ich
etwas zu sagen, habe ich eine Message, habe ich genügend Fachwissen und
Erfahrung? Möchte ich dies in einen größeren Kreis stellen und daraus
auch langsam etwas richtig Gutes machen?“ Viele Menschen haben es in
sich, doch dann fehlt ihnen das Selbstvertrauen, noch dazu sind sie
vielleicht von den falschen Leuten umgeben, die ih nen den Saft abgraben
und sagen: „Ja, das ist ja ein ganz schönes Hobby, aber das wird ja
nichts Ernstes und halte doch besser den Mund.“ Das Entscheidende ist:
solange ich eine Vision und Mission habe, solange ich eine Message habe
und sage: „Ich weiss wovon ich spreche, ich weiss etwas darüber, ich
habe eine gute Anregung für andere, ich will das jetzt mal in Gang
bringen“, solange sollte man das auch tun. Ob man nachher 400 oder
100.000 oder eine Million Follower oder Abonnenten hat, ist völlig egal.
Ich würde mich nicht abhalten lassen, solange ich das Gefühl habe, ich
habe etwas zu sagen, ich weiß etwas, das nicht jeder weiß und das vielen
helfen könnte.
Elke Bauer: Kennen Sie andere Beispiele für solche Initiativen?
ME: Ja, nehmen Sie Ronald Reagan, den man nicht
unbedingt verehren muss, der aber Folgendes gemacht hat, was kaum einer
weiß: Bevor er Präsident wurde war er Schauspieler und ein absoluter
Kommunistenfeind. Er hatte Angst vor dem Sozialismus und hat sich
sozusagen für die freiheitliche Gesellschaft eingesetzt. Das war sein
Credo. Diese Botschaft hat er jeden Montag in gesamt über 10.500
Radiosendungen in Amerika über den Äther geschickt. Das hat er nicht für
eine tolle Bezahlung gemacht, sondern aus Überzeugung. In unserer
Gesellschaft wird in vielen Kreisen permanent Sand ins Getriebe
gestreut. Zum Beispiel durch folgende Aussagen: „In Deinem Alter geht
das nicht mehr, Du bist doch viel zu alt, für dies oder das, Du kommst
aus der falschen Familie, wenn Du jetzt aus dieser und jener Familie
kämst, dann wäre es etwas anderes,“ und so weiter. Das geht ja schon in
der Schule los, wo die Schwächen betont werden, anstatt die Stärken des
Einzelnen zu fördern. Das hören vielleicht viele Leute nicht so gerne,
aber das muss auch fürs Private gelten: Man kommt zwar mit seiner Seele
und umgeben von einer Hebamme und seiner Mutter zur Welt, aber man tut
dies eben alleine. Und alleine geht man auch wieder. Dementsprechend
haben wir auch die Verantwortung, unser Leben alleine zu leben.
Natürlich als soziale Wesen mit anderen, aber sozusagen zwischen der
Geburt und dem Tod den Löffel abzugeben und zu sagen: „Ja, der
Ehepartner regelt alles für mich, die Regierung regelt alles für mich
oder der Großkonzern regelt alles für mich“, am besten noch mit einer
Firmenpension bis zum Tod, das ist in meinen Augen total falsch und
fatal. Deshalb haben wir so furchtbar viele unzufriedene und latent
unglückliche Leute, die vor lauter Angst vor Verantwortung, vor
Versagen, vor der Niederlage, den Hintern nicht hochkriegen und im
Status Quo hockenbleiben. Ich habe einen Riesen Respekt vor allen, die
auch mal scheitern. Ich finde es ist besser, man probiert etwas und
scheitert. Denn nicht jeder ist so klug, dass er sofort alles kann oder
alles schnell lernt.
Nicola Doll: Hatten Sie nicht auch einmal Angst zu versagen?
ME: Ich hatte in jungen Jahren das Glück einen
Weggefährten von Albert Schweizer, den wunderbaren und damals schon
betagten Tropenarzt Dr. Binder kennenzulernen, da war ich noch so ein
Manager-Typ (lacht). In einem Gespräch ging es irgendwie um Ängste und
dieser lebenskluge Mann schaute mich nur an und sagte: „Herr Elsässer,
wovor wollen Sie denn Angst haben?
Meinen Sie, Sie verhungern hier jetzt gleich? Sie müssen doch keine
Angst haben!“ Bei mir hat das gewirkt, aber da muss jeder selbst seinen
Weg finden. Ich meine damit beruflich und privat, denn es gilt, das
Gesamtpaket in den Griff zu bekommen und das Ziel ist es, entspannt und
unverkrampft erfolgreich zu sein. Und egal, was die Kirche hier sagt:
Dazu gehört eben auch, wenn man einfach mit dem falschen Partner
zusammen ist oder zusammenbleibt, vielleicht nur aus
Bequemlichkeitsgründen. Im Laufe des Lebens ergeben sich gewisse
Änderungen und die muss man eben auch ansprechen! Auch den jungen Leuten
– und ich bin durchaus selbst ein Romantiker – sollte man klar sagen,
dass viele Beziehungen von vornherein schon zum Scheitern verurteilt
sind. Wenn mein Lebenstraum zum Beispiel ist, dass ich ein
internationaler Unternehmer werde, viel in Asien oder an anderen Orten
der Welt arbeiten möchte und meine Zukünftige eher einen Buchhalterjob
hat und in ihrem gewohnten Umfeld bleiben möchte und nicht die
Persönlichkeit für ein internationales Leben hat, dann wird das eher
schwierig werden. Und das läuft oft so, im Leben, und eines ist auch
klar:
einer von beiden wird auf jeden Fall kreuzunglücklich werden. Ich
beobachte das mit Entsetzen in meinem Bekanntenkreis, jetzt, wo ich auch
selbst schon ein älterer Mensch bin, wieviele Menschen auch im Alter zu
nichts kommen, weil sie zu ängstlich sind und nicht in der Lage sind,
heikle Dinge im Privatleben rechtzeitig anzusprechen. Und genau hier
liegen eben auch die ultimativen Chancen. Ich hoffe, dass das jetzt
nicht falsch verstanden wird und dass ich jetzt hier nicht als Anarchist
rüberkomme: aber die echte ultimative Chance funktioniert nur durch
vernünftiges Hinhören, Beobachten,
Analysieren und dann aber auch die richtige Konsequenz daraus ziehen!
Natürlich lässt sich im Privaten aber auch vieles harmonisch regeln,
wenn man das auch wirklich rechtzeitig anspricht.
Elke Bauer: Selbstverständlich muss der Unternehmer
zupackend sein und Chancen direkt suchen. Aber was sagen Sie einem
Menschen, der Chancen nicht wahrgenommen hat oder gar nicht gesehen hat?
Der vielleicht auch schon etwas älter ist und einen ganz normalen Job
hat. Dieser Mensch hört
jetzt Markus Elsässer und stellt fest, er hat wenig Vermögen angespart,
er hat Chancen vorbeiziehen lassen. Ist mit 50 alles zu spät oder
welchen Tipp haben Sie hier?
ME: Es ist nicht zu spät. Wenn man selbst nicht die
Kreativität hat geht es doch vor allem darum, aus Träumen Visionen zu
machen, ein konkretes Ziel zu formulieren und dann mit Geduld den Weg zu
finden, der zu diesem Ziel hinführt. Vor allem sollte jeder bei sich
selbst schauen, wo er ein Defizit oder einen Mangel hat. Bei den meisten
Menschen geht es damit los, dass sie viel zu viel Zeit ihres kostbaren
und zeitlich begrenzten Lebens mit einfältigem Gequatsche über Urlaub,
Auto, Nachbarn oder Ähnlichem verplempern. Natürlich muss Smalltalk auf
einer Party auch mal sein, aber damit geht es schon los: die meisten
Menschen fühlen sich am wohlsten mit Menschen, die genauso sind wie sie
selbst und suchen deshalb deren Gegenwart. Ein großer Fehler! Also ich
kann zum Beispiel jedem Beamten, Facharzt oder Steuerberater nur
empfehlen, wenn er jetzt zusätzlich zum eigentlichen
Beruf noch ein paar andere Lebensideen hat, sich doch zum Beispiel
einmal mit einem klugen, selbständigen Unternehmer aus einer ganz
anderen Branche zu unterhalten, diesen mal auf ein Mittagessen
einzuladen und zu fragen: „Wie siehst Du das? Wie hast Du dies gemacht?“
Man muss ganz einfach zu Leuten gehen, die einen anderen Background
haben, als man selbst. Man kriegt sehr schnell im Gespräch raus, ob da
was Vernünftiges rauskommt oder ob das ein Egoist ist, der überhaupt
keine Empathie besitzt, oder ob das einfach nur ein Glückspilz war, wenn
er sehr erfolgreich ist. Aber meine Erfahrung ist die, dass, wenn
jemand wirklich ernsthaft einen Rat sucht und kein beratungsresistenter
Mensch ist, der nur rumquatschen will und seit zehn Jahren immer am
gleichen Thema, am gleichen Knochen rumkaut, dass die Gefragten durchaus
hinhören und einem einen sehr ehrlichen Rat geben. Alleine die
Tatsache, dass wir einmal artikulieren müssen, wo wir etwas anders
machen wollen, wo die Unzufriedenheit sitzt, das schon hilft, damit der
Kopf anfängt, besser zu arbeiten. Ganz konkret glaube ich, wenn jemand,
auch mit 50 oder 60 Jahren oder älter, wirklich eine fundamentale
Veränderung bewirken will, mit wenig oder viel Geld, kann er das
innerhalb von 24 Monaten mit einem gezielten Investment in „Zeit“
bewerkstelligen. Die kostet erst einmal nichts und wenn derjenige seine
Zukunft selbst planen will, ohne Zufallstreffer und mit echtem
Lebens-Finanzplan, dann kann er Informationen einholen, mit Fachleuten
sprechen, fragen: „Wie finanziere ich diese oder jene Idee?“, und so
neue Wege gehen, sein Potential richtig nutzen und vor allem eine
ultimative Chance erkennen.
Nicola Doll: Haben Sie hier noch weitere Beispiele?
ME: Ja, leider eines wie man es nicht machen sollte:
Neulich hat sich doch glatt jemand bei mir telefonisch gemeldet und
geklagt, er sei ein spezialisierter Unternehmensberater, 61 Jahre alt,
mit gut laufendem Geschäft in England, der aber seit 12 Monaten in
Deutschland nicht Fuß fassen kann. Ich fragte ihn, wie er akquiriert und
die Antwort war, auf Vorstandsebene und in seinem Netzwerk. Im Ergebnis
habe ich ihm geraten, sein Netzwerk viel weiter auszuspannen und sich
auch an die Eigentümer, den Aufsichtsrat zu wenden. Auf seine Antwort:
„Da kenne ich aber niemanden“, kann ich nur sagen: Das ist der ganze
Fehler. Denn wenn man ein ernsthaftes Anliegen hat, eine tolle Idee,
etwas zu bieten hat, darf man nicht bange sein, Leute zu kontaktieren,
die man eben noch nicht kennt. Notfalls muss man mit Selbstbewusstsein
über drei Umwege versuchen, da ranzukommen und bereit sein, auch
Ablehnungen nicht persönlich zu nehmen.
Elke Bauer: Also raus, aus der Komfortzone, Dinge
wagen, die man sich sonst nicht traut, aus dem Gewohnten herausgehen,
und dann kann man erfolgreich sein?
ME: Hier ein weiteres wunderbares Beispiel für
ultimative Chancen: Ich sah vor einigen Jahren im TV eine
empfehlenswerte Reihe über die Geschichte der großen Hotels der Welt,
darin wurde auch das Pariser Hotel "Le Bristol" gezeigt. Der Eigentümer
des Hotels war während der Besetzung durch die Nazis im zweiten
Weltkrieg sehr schlecht dran, da der gesamte Tourismus nach Paris
natürlich auf Null gesetzt war. Das war so ähnlich wie ein Lockdown.
Doch dieser Hotelier hat die Zeit genutzt, indem er sich Gedanken
gemacht hat, wie er sein Hotel durch diese Zeit bringen könnte. Zum
einen hat er mutig und klug mit den Banken verhandelt, um seine Kredite
zu behalten. Zum anderen hat er während dieser Zeit einige Erfindungen
für sein Hotel realisiert, zum Beispiel einen kreisrunden
Kosmetik-Spiegel, umrandet von einer Neonröhre. Seine Erfindung ist
heute überall in der Welt anzutreffen. Er hat also sein Know-How, ein
Hotel zu führen, zu dieser Innovation genutzt, obwohl er weder
Elektriker noch Techniker war. Damit meine ich, man kann auch solche
schwierigen Zeiten nutzen. Man kann auch eine Zusatzausbildung machen,
die vielleicht ein bis zwei Jahre dauert, sich aber immer lohnt.
Ein anderes Beispiel wäre: es kennt sich jemand mit Kräutern aus, ist
vielleicht aus einer ganz anderen Branche, interessiert sich aber für
die Historie von Kräutern. Wenn er sich entsprechend Wissen aneignet und
fleißig ist, kann sich auch hier eine neue und ultimative Chance
ergeben, dieses Wissen in vielleicht drei bis vierJahren in ein
erfolgreiches Geschäftsmodell umzuwandeln. Denn ultimative Chancen
ergeben sich mehrmals im Leben, wenn man mit offenen Augen und Interesse
an Neuem in sich hineinhorcht und sich immer wieder fragt: Was würde
mir Spaß machen? Was ist meine Vision? Welches Ziel habe ich?
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